Die Rache. Thriller.
weiße Decke lag über den Feldern, auf den Blatträndern und den Zweigen.
Sie konnten, als sie sich zwischen den Bäumen hindurchbewegten, ihren Atem sehen, er sah wie Rauch in einer grau-in-grauen Welt aus. Sie trugen die Tarnanzüge, die Megan am Vortag gekauft hatte, so daß sie mit den Schatten und den dunklen Farben verschmolzen, die das frühe Licht noch nicht berührte. Die Zwillinge mühten sich beide mit einer Schrotflinte ab; Duncan hielt das halbautomatische Gewehr gepackt, und Megan hatte sich die 45-Kaliber-Pistole und das Jagdmesser in den Gürtel gesteckt. Sie bewegten sich im Gänsemarsch vorwärts, Megan führte, dann kamen die Zwillinge, und Duncan bildete die Nachhut.
Sie bewegten sich leise und vorsichtig vorwärts, blieben immer wieder stehen und lauschten in die Leere, die sie umgab, gingen dann wieder weiter, hoben die Füße zögernd vom Boden und setzten sie ebenso achtsam wieder auf. Als sie durch den Wald gingen, schien es ihnen, als ließen sie alles zurück, das sie einmal gekannt und geliebt hatten, und als träten sie in eine andere Welt ein - in eine Welt der Kälte und eines beunruhigenden Schweigens.
Megan schob ein paar Dornenzweige beiseite und hielt sie für Lauren, die hinter ihr kam, fest. Diese gab sie an Karen weiter, die auf Duncan wartete. Megan schlich sich noch einen halben Meter weiter vorwärts und hockte sich dann hin, bis die anderen sie einholten. Als alle beisam-men waren, deutete sie durch das bleiche Licht zwischen den Bäumen hindurch, und sie konnten alle das weiße Farmhaus knapp hundert Meter entfernt vor sich sehen.
Wortlos wies Megan auf die Mauer am Rand des Waldes.
Dann zeigte sie nach rechts und nach links - so weit reichte die Mauer auf beiden Seiten. Die Zwillinge nickten.
Duncan flüsterte: »Nimm du sie und bring sie zu ihrem Standort. Ich werde weiter vorn auf euch aufpassen, von wo aus auch die Vorderfront zu sehen ist. Ich halte mich genau an die Mauer, okay?«
Megan streckte die Hand aus und ergriff die seine.
»Sei leise«, sagte sie. »Ich brauche nur ein paar Minuten.«
Duncan wandte sich den Zwillingen zu. »Bitte!« war alles, was er sagen konnte. Er konnte seine Lippen zittern fühlen, und er hoffte, das käme von der Morgenkälte.
»Mach dir keine Sorgen, Dad«, flüsterte Karen zurück.
»Sei du mal selbst vorsichtig«, sagte Lauren. Sie lächelte und gab ihm einen schnellen Kuß auf die Wange.
Tausend Ängste und Gedanken brachen in Duncan durch. Er wollte etwas sagen, aber er unterdrückte es. Als er den Zwillingen in die Augen sah, sah er sie wieder als Babys vor sich, erinnerte sich an die wehrlosen kleinen Kinder, die in die Arme geschlossen und beschützt werden mußten.
»Sagt Tommy, er soll uns ja nicht wieder soviel Sorgen machen«, sagte Karen und lächelte.
Duncan nickte und wandte den Kopf zu Megan. Ihre Augen begegneten sich, und einen Augenblick spürten sie beide eine große, elende Hilflosigkeit. Dann gelang ihm ein dünnes Lächeln, das fast verloren war in dem fahlen Licht und der dünnen Luft. Er drehte sich um und sah zum Haus hin. »So«, sagte er leise, aber entschlossen. »Laßt es uns jetzt hinter uns bringen.«
Duncan ging gebückt, halb kriechend, zwischen den Bäumen durch. Megan wartete, bis er nicht mehr zu sehen und zu hören war, dann zeigte sie den Mädchen mit einem Kopfnicken, daß sie ihr folgen sollten. Sie legte einen Finger auf die Lippen, damit sie stillschwiegen, und hörte Karen hauchen: »Wir wissen, daß wir still sein sollen. Laß uns gehen!« drängte sie.
Innerhalb von wenigen Minuten hatten sie sich bis ans Ende des Feldes vorgearbeitet und krochen nun parallel zur Rückseite des Hauses weiter. Die Mauer war nur unvollständig erhalten, große Teile waren herausgefallen, und dort mußten sie sich jedesmal ein Stückchen weiter in den Wald zurückziehen, um in Deckung zu bleiben. Sie krochen fast immer auf Händen und Knien, den Kopf gesenkt, von einer Baumgruppe zum nächsten Busch, zum nächsten Baum, immer anhaltend und dann wieder ein Stückchen weiter. Megan sah ständig nach rechts über das Feld hinweg zum Haus. Sie fluchte innerlich, suchte verzweifelt nach irgendeiner natürlichen Barrikade oder einer Senke, die ihnen Schutz und Deckung bieten könnte.
Plötzlich fühlte sie einen Arm auf der Schulter und drehte sich jäh herum.
Es war Karen, sie deutete rückwärts in den Wald. Lauren blickte auch in jene Richtung.
»Was ist denn?« fragte Megan, fast erstarrt von
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