Die Rache. Thriller.
einer Welle der Angst.
»Guck!« flüsterte Lauren.
»Da steht ein Auto«, sagte Karen. »Da hinten, hinter den Bäumen dort.«
Megans Augen wurden schmal, und sie sah etwas Metallisches im ersten Morgenlicht aufleuchten.
»Ihr habt recht«, sagte sie. »Kommt, laßt uns gehen.«
Sie wollte weiter, aber Karens Hand hielt sie an, drängte sie stehenzubleiben.
»Was?« fragte sie.
»Siehst du nicht?« fragte ihre Tochter sie.
Megan sah wieder hin, und dann erkannte sie das Auto.
»Es ist Großvaters Wagen«, sagte Lauren.
Megan kehrte schweigend um und führte die Zwillinge durch den Wald auf den Wagen zu. Er parkte am Rande eines lange nicht mehr benutzten Waldwegs. Der Weg war zugewachsen, Gras wuchs darauf; nur die Andeutung einer schmalen Schneise verriet, daß hier früher ein Fahrweg gewesen war.
Lauren strich mit der Hand über die Seite des Wagens und betastete die Kratzer im Lack. »Armer Großvater«, sagte sie. »Er war so stolz auf das alberne Ding. Warum haben sie den Wagen wohl hierhergestellt?«
»Um ihn zu verstecken, Dummerchen«, flüsterte ihr Karen zu. »Sie durften ihn doch nicht da draußen stehen-lassen, wo ihn jeder sehen und erkennen könnte.«
»Oh«, erwiderte ihre Schwester.
Megan sah sich um und entdeckte Fahrspuren, wo jemand den Wagen mit Mühe gewendet hatte. Sie sah, daß er auf die Landstraße wies, dorthin, wo der Waldweg die Landstraße erreichte. Sie warf einen Blick durchs Fenster und entdeckte, daß die Schlüssel im Zündschloß steckten.
Auf dem Boden vor dem Beifahrersitz lag eine Tasche.
Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie die Autotür öffnen und das Innere des Wagens untersuchen sollte, aber dann stellte sie fest, daß sie sie unmöglich ohne ein entsprechendes Geräusch aufbekommen würde, das die Entführer alarmieren könnte.
»Ich glaube«, sagte sie leise, »ihr Mädchen solltet das hier ein bißchen mit im Auge behalten.«
»Hierbleiben?« fragte Karen.
»Hier können wir nichts sehen.«
Megan drehte sich in Richtung Farmhaus um.
»Also gut«, seufzte sie. »Da drüben bei dem letzten großen Steinhaufen, dem Rest der Mauer dort. Paßt auf die Rückseite des Hauses, vor allem auf die Hintertür, auf, okay? Und behaltet auch das Auto ein bißchen im Auge.«
Die Zwillinge nickten beide zustimmend. Megan dachte daran, wie lächerlich ihre Anordnungen doch waren. Im Auge behalten. Sie hätte am liebsten laut losgelacht. Als ob irgendeiner von uns auch nur eine Ahnung davon hätte, was wir hier tun, dachte sie. Dann schlug sie sich diesen Gedanken aus dem Kopf und führte die beiden Mädchen zu der Stelle zurück, von der aus sie beide die Rückseite des Farmhauses beobachten konnten, das sich vor ihnen erhob. Sie sah die beiden an und zeigte ihnen, wo sie sich hinhocken sollten, damit sie hinter den Steinen verschwanden. »Bleibt da unten!« flüsterte sie besorgt. Dann blickte sie auf das weiße Haus mit der Holzverschalung.
Das silbrige, von Rauhreif bedeckte Feld kam ihr wie eine Welle vor, die gegen seine Mauern schlug und von dem Ort, an dem sie warteten, wegstrebte.
»Also«, sagte sie, »ihr wartet hier. Und haltet euch zurück. Kapiert?«
»Komm schon, Mom. Geh los. Die Sonne geht schon auf, und Dad wartet.«
»Keinerlei Risiko eingehen!«
»Komm, Mom.«
Sie wollte ihnen mitteilen, wie sehr sie sie liebte, aber sie dachte, das wäre ihnen sicher nur peinlich. Darum sagte sie sich innerlich: Ich liebe euch beide. Bitte, versteckt euch gut.
Dann schluckte sie heftig. Plötzlich war sie wie gelähmt, und sie mußte ihren Muskeln befehlen, sich in Bewegung zu setzen. Sie schloß die Augen fest, nur eine Sekunde lang, drehte sich dann abrupt um und kroch wie ein Krebs zwischen den Büschen und Bäumen hindurch. Sie sah sich nicht ein einziges Mal um, denn sie wußte: Für wie tapfer sie die beiden auch hielt, wenn sie sich umblickte, würde sie nicht mehr fähig sein, ihre Töchter allein da draußen im Wald zu lassen - so nahe an soviel gnadenloser Bösartigkeit.
Duncan preßte sich mit der Brust an die Mauer und wartete darauf, daß Megan im Morgennebel hinter ihm auftauchte, während er das Farmhaus genau im Auge behielt. Er versuchte, an gar nichts zu denken; er wollte nicht über das nachgrübeln, was sie taten oder was sie vorhatten. Er versuchte, sich ganz auf den Moment zu konzentrieren, auf die Sekunden, die er brauchte, um die eisige Luft ein- und dann wieder auszuatmen. Als er im Wald Geräusche hörte, wirbelte er
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