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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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herum und sah seine Frau auf sich zukriechen.
    »Ist alles okay?« fragte er.
    »Wir haben den Wagen des Richters entdeckt. Er steht an einem Zufahrtsweg hinter der Stelle, wo ich die Mädchen zurückgelassen habe.«
    »Sind sie - ich weiß nicht …«
    »Ich denke, ja. Klar.«
    Megan sah Duncan an und fühlte ihren Willen einen Augenblick wanken. Auch er geriet plötzlich in den Sog des Zweifels. Beide wollten sie etwas sagen, zwangen sich dann aber zum Schweigen. Megan glitt auf dem feuchten Boden vorwärts, kroch ihrem Mann in die Arme und verbarg den Kopf an seiner Brust. Einen Augenblick lang horchte sie auf seinen Herzschlag; er zählte das Heben und Sinken ihrer Brust.
    Der Augenblick verging, und sie fanden neue Kraft.
    »Es ist Zeit«, sagte Duncan. »Wenn wir warten, steht vielleicht einer von ihnen früh auf und -« Er machte sich nicht die Mühe, seinen Satz zu beenden.
    Megan rollte herum und sah zum Himmel auf. Sie konnte in der Ferne großartige purpurrote Strahlen sehen, die auf den Rändern von Wolkenmassen lagen. »Morgenrot«, sagte sie.
    »Seemannsnot.« Duncan folgte Megans Blick und nickte. »Wahrscheinlich bekommen wir einen Sturm. Vielleicht auch Schnee.«
    Megan drehte sich um und drückte seine Hand.
    »Hast du an Tommy gedacht?«
    »Ein bißchen.«
    »Ich auch. Komm, wir holen ihn.«
    Duncan zwang sich trotz der Angst zu einem Lächeln.
    »Ich bin bereit. Wann immer du willst.«
    Megan sah über den Rand der Mauer hinweg. Sie holte tief Luft.
    »Ich laufe erst zu dem Wagen. Dann bis zum Rand der Veranda. Dann zur Tür. Wenn ich drin bin, zählst du bis fünf, und dann rennst du wie der Teufel los bis zum Wagen. Dann zur Tür. Okay?«
    Duncan klickte die Sicherungsflügel des Gewehrs los. Er packte den Ladehebel an der Seite des Magazins und zog ihn zurück, bis er mit einem scharfen Klicken faßte und den ersten Schuß in die Kammer drückte.
    »Tu das gleiche«, befahl er ihr mit einem selbstbewußten Flüstern.
    Megan nahm die Pistole in die Hand, entsicherte und lud.
    »Fertig?«
    »Fertig.«
    »Ich liebe dich so. Jetzt, los!«
    Duncan richtete sich auf und legte das Gewehr auf den Mauerrand, während Megan hinübersprang. Einen Augenblick war ihr, als tauche sie in einen tiefen, schwarzen, unbekannten Teich. Alles, was ich je gewesen bin oder geglaubt oder gewollt habe, kommt in diesem Moment zusammen, dachte sie. Dann merkte sie, daß sie rannte - vornübergebeugt, die Luft strich um ihre geröteten Wangen, und ihre Füße berührten kaum die Oberfläche des Vorhofs. Die Entfernung bis zum Haus kam ihr mit einemmal ungeheuer groß vor, viel größer, als sie es sich je vorgestellt hatte, es war eine unermeßliche, weite, hell erleuchtete, gefährliche Welt. Sie biß die Zähne zusammen und rannte.
    Ramon Gutierrez lag auf dem Bett, sah das Licht langsam die Wand erhellen und dachte an Mord.
    Er versuchte sich einzureden: Es ist keine so schwere Sache. Auf seine Art unterscheidet es sich nicht von anderen Verbrechen.
    Als er jung war, gab es da immer diese Einweihungen bei den Gangs. Ein Raubüberfall, eine Vergewaltigung, ein Mord; bei jeder Organisation stellte man dem Novizen eine andere Art von Aufgabe. Da, wo er lebte, hatte es keine großen Aktionen gegeben; da alle mit der Kriminalität eng vertraut waren, gehörten die Taten zum normalen Leben und stellten keine Ausnahmeerscheinungen dar. Er hatte keine Angst, Verbrechen zu begehen, wohl aber, geschnappt zu werden. Der Gedanke daran erzeugte in ihm einen Haß, der sich auf die beiden Gefangenen in der Dachkammer konzentrierte. Sie sind gefährlich, sagte er sich. Sie sind sehr gefährlich, und sie können dich viel leichter umbringen, als du denkst. Ihre Augen sind auf dein Herz gerichtete Schießgewehre. Ihre Erinnerungen sind wie Messer, die dir die Kehle aufschlitzen können.
    Ihre Stimmen sind wie der elektrische Strom im Stuhl. Sie können dich für immer einlochen. Sie können dich umlegen, so gut wie jeder Polizist.
    Ramon konnte den Schweiß auf seiner Stirn fühlen.
    Etwas in ihm wünschte ihn zurück in den Schlaf, etwas anderes wollte ihn ganz aufwecken. Er bedauerte, nur die paar Stunden geschlafen zu haben. Ich muß auf Draht sein, sagte er sich. Er sammelte seine Kraft und merkte, daß seine Augen geöffnet waren und zusahen, wie die Welt um ihn herum im Morgenlicht Gestalt annahm.
    Er erinnerte sich an das Gefängnis und wie er sich der Bewegung angeschlossen hatte. Wie in den Jugendbanden hatte die Führung

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