Die Rache. Thriller.
ihr Lächeln, und sie beugte sich im Sessel vor. »Hör zu, Duncan«, zischte sie ihn an. »Hör gut zu. Ich werde ein Konto eröffnen.«
»Was?« Er war verwirrt. »Ein Konto?«
»Richtig, Rechenkünstler. Und das Konto bist du.«
»Ich verstehe nicht.«
»Wirst du schon noch.«
Er sah sie an und wartete. Er konnte sehen, daß sie den Augenblick auskostete.
»Fragst du dich nicht, warum ich heute hierhergekommen bin?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich mußte dich sehen, Duncan. Persönlich. Ich hätte das alles übers Telefon erledigen können, und denk mal, wie viel sicherer das für mich gewesen wäre. Aber ich wollte dich mit eigenen Augen sehen, Duncan. Ich mußte sehen, daß du mein Feind geworden bist. Ich wußte, daß du’s geworden bist. Ich wußte, daß mit dir nichts los ist.
Aber sogar ich hatte Mühe mir vorzustellen, daß du so weit abgefallen bist.«
Sie lehnte sich im Sessel zurück und lachte.
»Siehst du nicht in den Spiegel, Duncan, und schämst du dich dann nicht? Siehst du nicht, daß alles, was in Amerika falsch ist, mit deiner miesen kleinen Geldrafferei zu tun hat? Wachst du nicht mitten in der Nacht auf und denkst zurück an die Zeit, als du was bedeutetest, als du etwas tatest? Damals warst du ein Teil unseres Kampfes. Du hattest dir geschworen, die Welt zu verbessern, und sieh dich jetzt an! Dem Geldverdienen verschworen, der Jagd nach immer mehr. Es ist ekelerregend.«
Sie griff plötzlich über den Schreibtisch und packte seine Hand. Ihr Griff war eisern, und er fühlte ihre gestreckten, harten Muskeln, die an ihm zerrten und ihn kniffen.
»Da, Duncan, das ist Hingabe an die Sache. Ich habe mich nie geändert. Ich habe nie aufgehört, an den Kampf zu glauben. Ich bin so hart wie damals …«
Sie ließ ihn plötzlich los, und er krachte gegen die Rückenlehne des Sessels.
»Ich bin so stark wie damals - stärker. Gefängnis ist wie eine Wiedergeburt, Duncan. Es wird einem alles klar. Wenn du rauskommst, bist du ganz neu und hart.«
Sie sah ihn an, dann blitzte ein leichtes Lächeln in ihren Augen auf.
»All right, Duncan, du bist der Banker. Du kennst dich aus mit Krediten, Werten, Aufwertungen und Abschreibungen. Du weißt, was etwas gerade wert ist, zum derzeitigen Zeitpunkt, im Auf und Ab des Marktgeschehens.«
Er fürchtete das, worauf sie hinauswollte. »Ja«, erwiderte er zögernd.
»Nun, sag mir: Wieviel rechnest du für den Jungen? Wieviel für das alte Faschistenschwein?«
Sie lachte heiser.
»Wieviel werden sie auf dem derzeitigen Markt bringen?«
Panik ergriff ihn. Er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg.
»Wie kann ich -«
»Wieviel, du Bastard? Was ist das Leben wert, Duncan? Du bist der Banker, Armleuchter, du sollst es mir sagen. Wieviel für den alten Mann? Er hat nicht mehr so viele Jahre, zugegeben. Bei ihm mußt du abschreiben … Aber der Junge ist stark, er hat noch eine Menge Zeit, also nehme ich an, daß er einen Spitzenpreis bringt, meinst du nicht, Duncan? Komm, Duncan, meinst du nicht? Aber sollte man nicht etwas abziehen? Er hat schließlich bisher schon ein paar Probleme gehabt, nicht wahr? Ein bißchen unbestimmter, angstfördernder Streß, richtig? Rasieren wir darum etwas herunter. Eine Menge Potential, aber leicht beschädigte Ware. Transportschaden vielleicht, eh? Duncan? Was denkst du, Duncan? Was meinst du?«
»Du Miststück!« flüsterte er.
»Da bleibt kein Stein auf dem anderen«, sagte sie spöttisch.
»Wie kannst du von mir verlangen, daß ich mein Kind bewerte?«
»Hast du bereits getan. Du hast einen Preis auf das Leben aller anderen geheftet. Du hast vor achtzehn Jahren einen Preis auf deine eigene Freiheit gesetzt. Es fiel dir damals nicht so schwer. Also tu’s jetzt auch!«
Sie sah auf ihre Uhr.
»Wir vergeuden Zeit«, sagte sie. »Letzter Anruf.«
Sie nahm das Telefon und wählte.
Als sie Ramons Antwort hörte, sagte sie: »Fast fertig.«
Aber sie ließ Duncan nicht aus den Augen. Sie legte den Hörer wieder auf, bewußt langsam, während sie ihn die ganze Zeit haßerfüllt fixierte. Dann griff sie in ihre Handtasche und zog einen einfachen weißen Umschlag heraus. Sie reichte ihn Duncan.
»In dem Umschlag ist eine Botschaft, Duncan. Sie wird dir erklären, wie ernst es mir ist. Sie wird dir auch genau erklären, was ich tun werde, wenn ich keine Genugtuung bekomme. Wenn du« - sie brachte ihn mit ihrem Lächeln zum Erstarren - »in Verzug gerätst.«
Sie stand auf.
Duncan sah sie aufstehen,
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