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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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beiden noch ein bißchen schlimmer waren, nicht wahr? Ich ging in den Knast, und Bill ging in den Untergrund, und Emily kam um, und die Zeit verging. Sie aber wollten anonym bleiben, also wurden sie glücklich und fett und reich und Durchschnitt, Richter, sie wurden typischer Otto Normalverbraucher.«
    Sie spuckte aus: »Sie waren Verräter!«
    Er sah sie stehenbleiben und die Pistole so fest umklammern, daß ihre Knöchel weiß wurden.
    »Aber ich nie. Ich bin nie fett und glücklich und bürgerlich geworden. Ich bin nur magerer geworden und härter, und achtzehn Jahre lang habe ich nur auf diesen Augenblick gewartet, in dem ich es ihnen zurückzahle, daß sie mich damals im Stich gelassen haben. Ich habe achtzehn Jahre abgesessen, keine angenehmen Jahre, für mich gab es keine Vergünstigungen. Und dann ließen sie mich auf Bewährung raus. So funktioniert das System, Sie wissen das, nicht wahr? Sie gaben mir ein Papier mit dem Namen meines Bewährungshelfers, neue Kleidung und hundert Dollar. Und so kam ich raus und dann hierher, weil ich wußte, die beiden würden hier sein, Richter. Sie sind vielleicht für andere unsichtbar gewesen, aber nicht für mich!«
    Sie sah Richter Pearson an.
    »Sie schulden mir achtzehn Jahre. Und es gibt nichts, was die beiden - oder Sie - dagegen tun können. Sie waren genauso schuldig wie ich, es war dasselbe Verbrechen.«
    Sie setzte sich jäh neben ihn auf das Feldbett und kam ihm mit ihrem Gesicht sehr nah.
    »Glauben Sie, daß die beiden bereit sind, für achtzehn Jahre ins Gefängnis zu gehen?«
    Er schüttelte den Kopf. »So geht das nicht.«
    »Nein?«
    »Sie haben sich verändert. Alles hat sich verändert. Man würde sie nicht einmal anklagen -«
    Olivia wich zurück.
    »Nein? Sie meinen nicht? Sagen Sie mir nur eins, Richter. Wie sieht es bei gemeinem Mord mit Verjährung aus?«
    Er schluckte schwer. O nein, dachte er. Nein, nicht möglich. Sie können doch nicht »Es gibt keine«, sagte er.
    Sie warf das Haar zurück, lehnte sich rückwärts und brüllte:
    »Was für ein Gesetzesbewußtsein Sie doch haben, Richter!«
    Dann beugte sie sich zu ihm vor, und ihre Stimme wurde so leise wie ein Verschwörerflüstern:
    »So, nun wissen Sie etwas von Ihren lieben Kindern, was Sie noch nicht wußten. Vielleicht haben Sie irgend etwas vermutet, aber die Wirklichkeit ist viel schlimmer als jede Vorstellung, nicht? Und du, hübscher kleiner Junge, weißt jetzt was Neues über deine liebe Mommy und über Daddy, nicht wahr?«
    Olivia stand abrupt auf und schritt rasch durch die Kammer zur Tür. Sie machte eine Pause, bevor sie sprach.
    »Sie sind Killer. Genau wie wir.«
    Sie schlug die Tür hinter sich zu, krachend fiel sie ins Schloß.
     
    Duncan hob das Foto von Tommy auf, bei dem das zerschlagene Glas noch immer im Rahmen steckte. Ohne zu überlegen, berührte er die Kante, wo ein Riß quer durch das Gesicht des Sohnes lief, und schlitzte sich den Finger auf. Er stieß nicht sofort einen Fluch aus, wie er das bei fast jeder Gelegenheit getan hätte, sondern ließ diesen neuen Schmerz statt dessen mit all den anderen Schmerzen zusammenlaufen, die ihn beherrschten.
    Er steckte den Finger in den Mund und schmeckte das süße, salzige Blut.
    »Oh, Duncan, brauchst du ein Pflaster?« fragte Megan.
    Er schüttelte den Kopf. Ich brauche viel mehr als das, dachte er. Er sah zu Karen und Lauren hinüber, die still in der Ecke saßen.
    »Wenn euch beiden etwas passierte -«, fing er an, aber sie unterbrachen ihn.
    »Wir kommen schon klar!« sagte Karen.
    »Wir lassen uns von keinen fremden Leuten bedrohen«, redete Lauren weiter.
    »Ihr Mädchen versteht das nicht«, sagte Megan. »Ihr seid zu jung, um zu verstehen, wie verletzlich wir alle sind.«
    Sie hatten seit Duncans Heimkehr darüber geredet.
    Megan erzählte ihm und den Zwillingen von Bill Lewis’
    Besuch. Die Zwillinge reagierten trotzig und relativ unbeeindruckt darauf - auf eine Weise, die sie, so fand Megan, von ihrem Vater übernommen hatten. Wie wütend sie auch auf die beiden war, weil sie nie dieselbe Angst und Panik wie sie selbst verspürten, so war sie deswegen doch auch unendlich stolz auf ihre Töchter. In ihrem Alter hält man sich noch nicht für verletzbar und sterblich, dachte sie. Sie erinnerte sich noch, wie Duncan und sie damals, kaum älter als die beiden, dasselbe gemeint hatten: Sie begriffen nicht, daß die Waffen, mit denen sie da oben in den Bergen übten, tatsächlich treffen und jemanden töten

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