Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
eines sonnigen Strandhauses verliehen. In lackierten Treibholzrahmen, die antik und modern zugleich wirkten, hingen Fotos der inzwischen achtzehn Jahre alten Zwillinge Caroline und Cassidy, beide hübsch, beide auf eigene Weise feindselig in die Welt hinausblickend. In der Mitte des fast von Wand zu Wand reichenden, blendend weißen Teppichs prangte wie wild hingepinselt ein türkisfarbener Streifen. Andy bestaunte gerade den Gobelin, der wie ein übergroßes Gemälde die hintere Wand schmückte, als sich eine Innentür öffnete und wie eine Erscheinung plötzlich Miranda selbst im Raum stand. Ohne Andy, Emily oder ihre Assistentinnen auch nur eines Blickes zu würdigen, marschierte sie zu ihrem Schreibtisch und fing an, die nur allzu bekannten Anordnungen von sich zu geben.
»Charla? Hören Sie mich? Hallo? Sind Sie da?«
Die junge Frau, die Charla sein musste und gerade im Begriff war, Andy und Emily zu begrüßen, bedeutete ihnen mit ausgestrecktem Zeigefinger zu warten, bewaffnete sich mit einem Klemmbrett und schoss in Mirandas Büro hinüber.
»Ja, Miranda, hier bin ich. Was kann ich …«
»Rufen Sie Cassidy an und sagen Sie ihr, sie soll ihre Tennislehrerin bitten, uns über das Wochenende nach Connecticut zu begleiten. Danach rufen Sie die Trainerin selbst an. Lassen Sie sich nicht mit einem Nein abspeisen. Geben Sie meinem Mann Bescheid, dass wir morgen um Punkt siebzehn Uhr losfahren. Informieren Sie die Garage. Setzen Sie das Personal in Connecticut über unsere Ankunftszeit in Kenntnis. Lassen Sie mir das neue Buch, das am letzten Sonntag in der New York Times besprochen wurde, vor der Abfahrt per Boten in die Wohnung liefern, und machen Sie mir für Montagfrüh einen Telefontermin für ein Gespräch mit dem Autor. Reservieren Sie mir für heute um eins einen Tisch für einen Businesslunch. Finden Sie heraus, wo die Leute von Bulgari wohnen, und schicken Sie ihnen Blumen ins Hotel. Nicht zu knapp. Sagen Sie Nigel, dass ich heute um drei Zeit für die Anprobe habe, keine Minute später, und sorgen Sie dafür, dass Kleid und Accessoires bereitliegen. Ich weiß, dass die Schuhe sicher noch nicht fertig sind – sie werden in Mailand maßgefertigt –, aber beschaffen Sie mir für die Showprobe ein möglichst identisches Paar.« Sie holte zum ersten Mal Luft und sah an die Decke, um sich ihre letzte Anweisung in Erinnerung zu rufen. »Ach ja, und kontaktieren Sie Planned Parenthood wegen eines Termins, um die letzten Einzelheiten für die Benefizgala im Frühjahr zu besprechen. Ist mein Elf-Uhr-Besuch da?«
Andy war so vertieft in Mirandas Redeschwall, dass sie den letzten Satz fast überhört hätte. Erst als Emily ihr den Ellenbogen in die Rippen rammte, kam sie mit einem Ruck wieder zu sich.
»Mach dich bereit«, zischelte Emily, während sie ihre Jacke ablegte und lässig neben einem Assistentinnentisch deponierte.
Andy folgte ihrem Beispiel. »Und wie soll ich das bitte schön anstellen?«, zischelte sie zurück.
»Miranda wäre dann so weit«, verkündete Charla mit todernster Miene, was nichts Gutes verheißen konnte.
Sie begleitete sie nicht mit hinein. Vielleicht dachte sie sich, dass sie über das Hofprotokoll ohnehin nicht Bescheid wüssten. Vielleicht waren sie ihr einfach nicht wichtig genug, oder die Audienzen liefen heutzutage nach anderen Regeln ab als früher. Als die Assistentin ihnen bedeutete, doch bitte durchzugehen, atmeten Andy und Emily im selben Augenblick einmal tief durch und betraten, so selbstbewusst wie ihnen nur irgend möglich, Mirandas Büro.
War es Glück? War es ein Wunder? Jedenfalls musterte sie sie nicht vom Scheitel bis zur Sohle. Sie sah sie überhaupt nicht an. Sie bot ihnen auch keinen Platz an, sie begrüßte sie nicht, sie nahm ihre Anwesenheit überhaupt nicht zur Kenntnis. Andy musste sich beherrschen, ihr nicht wie aus der Pistole geschossen Bericht zu erstatten und ihr zu melden, dass der Tisch für den Lunch reserviert und die Trainerin erfolgreich ins Wochenende abkommandiert worden war. Sie spürte, dass Emily genauso angespannt war wie sie. Da sie keine Ahnung hatten, was sie sagen oder tun sollten, blieben sie einfach stumm vor dem Schreibtisch stehen. Wahrscheinlich waren es die quälendsten fünfundvierzig Schweigesekunden, die jemals ein Mensch erdulden musste, ganz gleich aus welchem Grund. Andy warf Emily einen Blick zu, aber ihre Freundin schien vor Angst und Unsicherheit wie erstarrt. Schweigend standen sie sich die Beine in den
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