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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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Wettbewerbsbedingungen in der EPO -Ära.
Er sagte, das eigentliche Problem sei: »Auf einmal denken alle, sie seien
Champions.«
    Damit hat er absolut recht, und Lance ist der beste Beweis dafür.
Aufgrund seines Charakters und vor allem wegen seines Comebacks nach der
Krebserkrankung war Lance zutiefst davon überzeugt, dass er, wenn er hart
trainierte, das Recht hatte, jedes einzelne Rennen zu gewinnen. Lance ist ein
verdammt guter Radsportler, Edgar hin oder her. Aber hier lag er falsch, weil
Sport so einfach nicht funktioniert. Ich habe aus demselben Grund mit dem Sport
angefangen, aus dem ihn so viele lieben: Er ist unberechenbar, voller
Überraschungen und menschlich. Für mich lag darin Lance’ größtes Problem: Er
konnte sich nicht von der Vorstellung lösen, dass er zum Sieger geboren war,
und er konnte sich nicht von der Macht trennen, seine eigenen Leistungen bis
ins Detail hinein zu kontrollieren. Es ist ein uraltes Paradox: Lance ertrug
fast alles, außer der Möglichkeit, er könne verlieren. Und das ist meiner
Meinung nach nicht normal. [4]
    Aber wenn Lance das beste Beispiel war, dann war ich das zweitbeste.
Ich sah meine Werte, und ich sah den Ausdruck in Ferraris Augen. Ich erinnerte
mich, was Pedro mir Jahre zuvor gesagt hatte. Im Grunde stand ich nicht besser
da als die anderen, aber ganz langsam begann ich zu glauben, dass vielleicht
auch ich zu einem Champion ausersehen war.
    Die Tour de Suisse ließen wir wegen ihres Termins meistens
aus. Sie fand normalerweise zwei Wochen vor dem Start der Tour de France statt,
was insofern ein Problem darstellte, als es unseren Edgar-Einsatz vor der Tour
einschränkte. Bei der Ausgabe von 2001 gab es allerdings eine interessante
Besonderheit: ein Bergzeitfahren, das einer Schlüsseletappe der anstehenden
Tour stark ähnelte. Daher beschlossen Lance und Johan, dass wir bei der
Rundfahrt starten würden. Und schon zu Anfang der Saison hatte Johan mir
angekündigt, dass ich dabei die Rolle des Kapitäns übernehmen sollte.
    Ich bereitete mich auf die übliche Weise vor, trainierte hart und
nahm Edgar, um meine Werte zu optimieren. Ein paar Tage vor dem Rennen setzte
ich Edgar dann komplett ab. Ferrari hatte uns zwar beruhigt, aber ich wollte
kein Risiko eingehen. Ich wollte nicht riskieren, mit EPO ins Rennen zu gehen, schon gar nicht, seit die Behörden den neuen EPO -Test einsetzten.
    Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Lance die Tour
de Suisse in absoluter Topform bestreiten wollte. Wie sich herausstellte,
hatten er und Ferrari einen eigenen Plan ausgearbeitet: Ferrari hatte Lance
geraten, in einem Höhenzelt und mit einer Mikrodosis Edgar (800 Einheiten pro
Nacht) in den Venen zu schlafen. Dadurch würde sein Hämatokritwert hoch bleiben
und zugleich der EPO -Test ausgehebelt, bei dem das
Verhältnis von natürlichem und künstlichem EPO verglichen wurde. Durch das Höhenzelt würde mehr natürliches EPO produziert, was alle eventuellen Überschüsse an
künstlichem EPO ausgliche. Es war eine klassische
Ferrari-Strategie – einfach, elegant –, und sie wurde im ganzen Team nur
Lance angeboten.
    Während des Prologs lagen Lance und ich ziemlich dicht beieinander – er schlug mich um fünf Sekunden. Doch im weiteren Verlauf des Rennens blieb
Lance stark, und ich ließ nach. Vor dem Bergzeitfahren auf der achten Etappe
lag Lance auf einem aussichtsreichen dritten Platz. Ich war Zweiundzwanzigster,
lag sechs Minuten zurück und war nicht in der Lage, die Mannschaft länger zu
führen. Lance gewann das Zeitfahren haushoch, ich wurde Dritter mit 1   :   25
Minuten Rückstand. Ich war enttäuscht. Für Lance war es allerdings ein großartiges
Ergebnis. Sein Plan mit Ferrari hatte perfekt funktioniert.
    Zumindest, bis Lance positiv getestet wurde.
    Ja, Lance Armstrong wurde bei der Tour de Suisse positiv auf EPO getestet. Ich weiß es, weil er es mir erzählte. Wir
standen am nächsten Morgen, dem Morgen der neunten Etappe, am Bus. Lance hatte
ein eigenartiges Lächeln auf den Lippen. Er kicherte fast, als hätte ihm jemand
einen guten Witz erzählt.
    »Den Scheiß glaubst du mir nie«, sagte er. »Sie haben mich mit EPO erwischt.«
    Ich brauchte einen Moment, bis ich verstand. Das Herz rutschte mir
in die Hose. Wenn das stimmte, dann war es für Lance vorbei. Mit dem Team war
es vorbei. Für mich war es vorbei. Er lachte noch einmal trocken.
    »Keine Sorge, Mann. Wir werden uns mit denen zusammensetzen. Es ist
schon alles geregelt.«
    Es

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