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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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betrachtete den nächsten Stein. Sie fragte sich, wie weit sie sich von ihm entfernen sollte, um das Experiment unter sicheren Rahmenbedingungen zu wiederholen.
    Weitere Versuche mit drei Steinen, die sich im Gewicht unterschieden und die sie unterschiedlich weit versetzte, bewiesen, dass das Bewegen den Steinen an sich nicht schadete. Allerdings hatte sie die Five Lucky Winds unter unkontrollierten Umständen mehrere Hundert Seemeilen versetzt, ohne dass das Unterseeboot oder die Besatzung Schaden genommen hatte. Sie und Ming waren ebenso unversehrt hier in den Dschungel gelangt, als sie sie beide aus der Festung auf der Bergspitze am Mauerfuß fortgebracht hatte.
    Das Ausmaß des Schadens am Ausgangspunkt, von dem aus sie die Objekte fortbewegte, unterschied sich nicht sehr. Sie schickte keinen von ihnen weit genug, um die Konsequenzen bemessen zu können, die der Ausgangsort erlitt, wenn sie Objekte über größere Entfernungen transportierte. Paolina wusste ganz genau, welche Konsequenzen die Verschiebung der Five Lucky Winds gehabt hatte.
    Sie fragte sich, was am Ausgangspunkt diese gewaltsame Reaktion hervorrief. War es so etwas wie der Donner, der als natürliche Folge eines Blitzes auftrat, und damit genauso unkontrollierbar? Oder gab es einen Bezug, den es relativ zu Bewegung und Position zu beachten galt, von dem sie aber noch nicht wusste, wie sie ihn ausgleichen konnte?
    »Es ist möglich.«
    Erschrocken sah Paolina auf. Hethor stand am oberen Rand des Amphitheaters. Er hatte Holzpflöcke unter seine verkürzten Beine geschnallt und Krücken unter den Armen. Arellya stützte den jungen Propheten mit einer Hand an seinem Ellbogen.
    »Ich –«, fing sie an, hielt dann aber inne. Hethor war kein fidalgo , der ihr alle Wünsche verwehrte, nur weil er nichts von dem verstand, was sie tat. Er war auch kein englischer Handlanger, der nur seine eigenen Verschwörungen im Kopf hatte. Er war der einzige Mensch auf der Welt, der sowohl ihre Absichten als auch ihre Methoden verstehen konnte. »Ich versuche, sie besser unter Kontrolle zu bekommen«, sagte sie. Die Lüge, die sie eben noch hatte vorbringen wollen, machte sich deutlich in ihrer Stimme bemerkbar.
    »Es gibt vieles, das ich Ihnen nicht sagen kann.« Er kam die Stufen herab. Jedes Mal, wenn seine Krücken pochend auf den Boden schlugen, keuchte Hethor schwer. »Aber vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    Paolina wartete, bis er ihre Stufe erreicht und Platz auf einer Bank genommen hatte, die ihre Experimente noch nicht beschädigt hatten. Hethor legte eine der Krücken zur Seite, stützte sich aber noch auf die andere. Hinter ihm schüttelte Arellya entschieden den Kopf.
    Was soll ich nicht tun? , dachte das Mädchen. Nicht mit ihm reden. Ihn nicht ermüden. Ihn nicht ignorieren. Sie würde sich schon bald wieder auf den Weg machen und in dieses Dorf am Dschungelfluss, das friedlich im Schatten der Mauer existierte, vermutlich niemals zurückkehren. Sie würde ihn ausreden lassen und sagen, was gesagt werden musste.
    »Ich danke Ihnen für das freundliche Angebot, auf dem Fluss zu reisen«, sagte sie zu ihm. »Aber ich glaube nicht, dass dies mein Weg ist. Ich will meinem Herzen zurück in die Nördliche Hemisphäre folgen.«
    Ein Lächeln huschte über Hethors Gesicht. »Sie glauben nicht mehr, dass Ihre Rettung in der Flucht liegt?«
    »Nein.« Paolina sah auf ihre Taschenuhr hinab. »Sie hatten recht mit dem, was Sie gestern gesagt haben. Das hier ist vollbracht. Pandoras Büchse wurde geöffnet, und alles Übel ist über die Welt hereingebrochen. Ich kann mich den unzähligen Katastrophen und Schwierigkeiten hinterherschleppen, oder ich kann versuchen, die Energien, die ich entfesselt habe, zu lenken.«
    »Sie haben die Wahl .« Seine Stimme klang besonders eindringlich, und sie spürte, dass diese Eindringlichkeit einem brennenden Verlangen entsprang, das er nicht formulieren konnte oder wollte. Hethor sprach weiter: »Wenn Sie in das Gefüge der Welt eingreifen, um diesen Stein zu bewegen, verändern Sie das Schicksal. Sie fügen in das vorherbestimmte System der Welt eine freie Entscheidung ein.«
    »Aber das ist doch nichts anderes, als wenn ich den Stein in die Hand nehme und ihn in den Fluss werfen.« Paolina überlegte. »Nein, das ist eine Lüge. Wenn ich den Stein mit der Hand bewege, bin ich ein Teil der Welt, der Einfluss auf einen anderen Teil der Welt nimmt. Wenn ich die Taschenuhr dazu benutze, diesen Fels zu bewegen, dann verändere ich

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