Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
das kaum nennen und eine Stadt ebenso wenig. Wu beugte sich zu Wang herüber. »Wir sind da«, sagte er eindringlich. »Sie werden an Land gehen und sie von unseren Absichten überzeugen.«
»Welche Absichten?«, warf Wang ein, als er zusehen musste, wie ein Schwarm rot gekleideter Soldaten auf den Kai vor ihnen strömte und sie mit unfreundlichen Blicken bedachte. »Wir erzählen ihnen eine haarsträubende Räuberpistole, die wohl niemanden in die Irre führen wird. Warum legen wir jetzt hier an, wenn die Flotten im Kriegseinsatz sind?«
»Weil das hier der Ort ist«, sagte Wu, dessen Geduld offensichtlich auf eine harte Probe gestellt wurde.
» Sehen Sie ein Unterseeboot hier vor Anker?«
»Es könnte sich in einem Versteck befinden.«
Wang lachte schnaubend und bemühte sich nicht einmal mehr, seine vergnügte Verachtung zu verbergen. »Dann werden es die Briten auch nicht wissen.«
»Unsere Aufgabe ist es, Sie an diesen Ort zu bringen, damit Sie die englische Dämonin in ihre Schranken weisen können. Ihre Aufgabe ist es, herauszufinden, wie das geschehen soll.«
Der Schweigsame Orden ist ein Haufen voller Idioten , dachte der Katalogisierer. Ihn hierher zu schicken, wenn die Spur so schwach war. Je besser er sie kennenlernte, umso weniger schienen sie seiner Loyalität würdig zu sein. Er wollte nach Hause, wo immer das im Augenblick auch sein mochte. »Ich gehe davon aus, dass wir binnen einer Stunde alle tot sind.«
Wu zuckte mit den Achseln. »Dann werden wir heute Abend besser schlafen.«
Wo war dieser verdammte Mönch? Vor seinem geistigen Auge sah er sie leichtfüßig über die Meereswellen springen, um irgendein verdammtes Zauberstückchen direkt unter den Augen der Engländer vorzuführen – und damit das fehlende Unterseeboot und ihre Meuterer aus dem Nichts herbeizuzaubern.
Alles an dieser Mission stank zum Himmel.
Das Schiff glitt an den Kai. Eine Reihe englischer Soldaten starrte Wang an. Ihre Gewehre hatten sie schussbereit in den Händen, aber nicht direkt auf sie gerichtet.
»Seid gegrüßt!«, rief er so fröhlich und ungeniert, wie er nur konnte.
Ein englischer Offizier sah ihn wütend an. »Mein guter Mann, entweder legen Sie mehr Unverfrorenheit als Julius Cäsar an den Tag oder Sie sind der dümmste Kerl auf Erden.«
»Wir sind auf dem Weg zu Prinz Jallah von Sarandib.« Wang versuchte zu lächeln. »Ich bin sein Privatsekretär. Wir haben angelegt, um Informationen über die momentane Lage einzuholen und um einen Bericht abzugeben, dass ein Unterseeboot gesichtet wurde, das sicherlich zur feindlichen Navy gehört.« Diese letzte Bemerkung erfüllte ihn mit besonderem Stolz.
Der Offizier runzelte die Stirn. »Haben Sie einen Engländer an Bord, mit dem ich sprechen könnte?«
»Zu meinem Bedauern, nein. Prinz Jallah vertraut sein Vermögen und seine Dokumente nur seinen chinesischen Dienern an. Die Engländer sind für die Gesetze, die Chinesen für das Geld, so sagen wir im Schatten seines Throns.« Wang genoss dieses Gespräch, was ihn ein wenig überraschte.
»Hm.« Der Offizier sah finster drein und reckte den Hals, um sich die Besatzung der Good Change genauer anzusehen. »Haben Sie irgendwelche Waffen an Bord, Kumpel? Wir sind mit den Chinesen im Krieg, das wissen Sie ja.«
Wang verbeugte sich erneut und ließ einen Teil seiner tatsächlichen Nervosität auch in seiner Stimme erkennen. »Krieg zwischen den Thronen ist nicht Krieg zwischen allen Menschen weißer und gelber Haut. Keine Waffen, guter Mann. Keine Konterbande. Nur Papiere für Handel, auf dem Weg nach Mumbai. Wir legen hier an, um Informationen über den Krieg zu erhalten!«
»Eure Luftschiffe sind ganz schön nervig, das gibt es über den Krieg zu sagen. Und was ist mit diesem Unterseeboot, von dem ihr sprecht?«
»Zwanzig Seemeilen südlich, auf der offenen See«, antwortete Wang sofort. Er hoffte auf eine Bestätigung, dass sich die Five Lucky Winds in diesen Gewässern aufgehalten hatte.
Die Menge aus Fischern und Hafenkulis, die sich in ihrer Nähe gebildet hatte, wich mit einem Murmeln auseinander, als sich eine weitere Gruppe britischer Soldaten zu ihnen hindurchdrängte. Sie wurden von einer Engländerin und einem rothaarigen Riesen angeführt. Nicht einer Engländern, wie Wang feststellen musste. Der Engländerin.
Die Five Lucky Winds musste hier irgendwo in der Nähe sein, denn in diesem Augenblick stand er der dämonischen Maske Childress Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie sah ihn an;
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