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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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treiben und uns so lange mit einem toten Huhn prügeln, bis einer von ihnen gesteht. Vielleicht wird uns ja das dynamische Duo aus der Gelehrtenrepublik den rechten Weg weisen.«
    »Meinst du?« sagte Wield. »Da würde ich eher auf das tote Huhn setzen.«
     
    Schließlich erschien Urquhart allein, da Pottle dem heimtükkischen Virus zum Opfer gefallen war, der auch Rye Pomona und Hat Bowler niedergestreckt hatte. Er schickte aber eine schriftliche Zusammenfassung seiner Schlußfolgerungen mit. Sie fügte seinen Ausführungen bei der letzten Besprechung nicht viel hinzu. Der Wordman werde immer dreister, weil jeder Mord das Gefühl seiner Unverwundbarkeit bestätige. Offenbar hatte er beabsichtigt, Johnson durch das Medikament außer Gefecht zu setzen, um ihn dann zu ersticken. Als aber der Dozent ohne weiteres Zutun des Mörders verschied, habe der Wordman darin ein weiteres Zeichen für die Richtigkeit seines Tuns gesehen.
    »Der Wordman ist bei der Ausführung skrupellos, nicht aber im Rückblick«, schrieb Pottle. »Mit den Dialogen wendet er sich an drei Personen. Die erste ist ein Wesen der Unterwelt, das gleichzeitig der Schatten eines Verstorbenen und die Kraft ist, die dieser Mordserie Vorschub leistet; die zweite sind Sie, ich, jeder, der die Dialoge liest und der (wie der Wordman hofft) sein Ziel gleichermaßen versteht und billigt und sich von seiner Erfindungsgabe beeindruckt zeigt; die dritte ist er selbst. In der realen Welt, die im Gegensatz zu der zeitlosen Welt seines Rituals steht, sieht er die Opfer als echte Menschen, nicht nur als notwendige Marksteine auf seinem mysteriösen Weg, und er hat das Bedürfnis, sich einzureden, daß entweder sie persönlich oder aber die Lebenden von ihrem Tod profitieren.«
    Vorsichtig vermied es Pottle, sich auf einen bestimmten Personentyp festzulegen. Doch in einem handschriftlichen Brief bat er Pascoe, ihn in der kommenden Woche anzurufen, wenn es ihm voraussichtlich besser gehe.
    Urquhart, so schien es Pascoe, war vor allem gekommen, weil es ihm Spaß machte, Andy Dalziel zu provozieren. Viel Nützliches hatte er nicht beizutragen. Nachdem er ein Leben lang eine antiautoritäre Attitüde vor sich hergetragen hatte, fiel es ihm nun vielleicht einfach schwer, der Polizei direkte Hilfe anzubieten, und so lieferte er sie beiläufig und mit Spott verbrämt.
    Und auch der Dicke, so begriff Pascoe, genoß die Scharmützel. Daß er den Linguisten als überkandidelten, ungewaschenen Schandfleck auf dem Wappen Schottlands verhöhnen würde, war vorhersehbar gewesen. Welchen Nutzen er aus Urquharts Beiträgen zog, war schwer zu sagen, aber die Sticheleien machten ihm Spaß.
    »Und was hast du heute für uns, Rob Roy?« eröffnete er das Gefecht.
    »Halt’s Maul, Hamish, dann kriegst du vielleicht was zu hören«, gab Urquhart zurück.
    Schon zum zweiten Mal hatte der Schotte Dalziel den Namen
Hamish
an den Kopf geworfen wie eine Sahnetorte, und wieder sah Dalziel irgendwie bekleckert aus. Irgendwie komme ich da nicht ganz mit, dachte Pascoe.
    Urquhart hatte tatsächlich nicht viel zu bieten, und die Analyse war mindestens ebenso literarisch wie linguistisch, was Pascoe vermuten ließ, daß seine kleine Anglistin unstatthaften Einblick in die Dialoge erhalten hatte. Nun ja, solange sie dicht hielt und nichts an die Boulevardpresse durchsickerte, konnte das nichts schaden – und man bekam zwei Experten zum Preis von einem.
    »Pozzo sagte etwas über das Verhältnis von dem Kerl zur Religion, nicht wahr? Er ist kein religiöser Fanatiker im engeren Sinne, wahrscheinlich wirkt er nach außen sogar vollkommen gleichgültig in religiösen Dingen. Ist doch immer das gleiche mit diesen Psychoklempnern, was? Sie geben mit der einen Hand und nehmen mit der anderen, und am Ende bleibt einem nichts als ein warmer Händedruck.«
    »Lieber ein warmer Händedruck als eine Handvoll Hundedreck, denn mehr sehe ich im Moment nicht«, grollte Dalziel und hielt, als wolle er das verdeutlichen, seine Pranke in die Höhe.
    »Geht mir ähnlich«, meinte Urquhart und sah ihn fest an. »Wie gesagt, sehr viel religiöse Sprache, sowohl im Ton als auch in direkten Bezügen. Aber das haben Sie wahrscheinlich selbst schon gemerkt, Mr. Pascoe.«
    Netter Seitenhieb. Damit will er andeuten, daß ich hier der einzige literarisch gebildete Bulle bin, dachte Pascoe.
    »Ja, ein paar sind mir aufgefallen«, erwiderte er.
    »Aber eins taucht immer wieder auf: Erster Dialog: die ›Kraft hinter dem

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