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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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die Entfernung verlieh. Nach Pascoes Debakel hätte Hat es wahrscheinlich nicht mehr gewagt, den Dicken von Angesicht zu Angesicht mit Lyrik zu konfrontieren.
    »Wußte gar nicht, daß du’s mit deutschen Dichtern hast«, meinte Dalziel.
    »Hab’ ich auch nicht, Sir. Es ist nur, weil Rye – Miss Pomona von der Bibliothek –, na ja, Penn läßt manchmal Gedichte rumliegen, damit sie sie sieht. Zufällig absichtlich sozusagen …«
    »Stimmt, das hab’ ich im Bericht des Chief Inspector gelesen. Aber ich dachte, das wär’ so romantisches Zeug, mit dem er sie rumkriegen will. Wie kommt er da auf Tod?«
    »Vielleicht probiert er’s auf die Mitleidstour«, meinte Hat.
    Das gefiel dem Dicken. Er lachte so laut, daß Hat den Hörer vom Ohr nehmen mußte.
    »Ja, mit der Mitleidstour kann man viel erreichen«, meinte Dalziel. »Aber das funktioniert nur bei den Mädels, nicht bei leitenden Kriminalbeamten. Werd bald wieder gesund, mein Junge, sonst komm’ ich mit ’nem Blumenstrauß vorbei.«
    Er legte auf und ging wieder in sein Büro, ohne ein Wort mit Wield zu wechseln. Dort saß er eine Weile in Gedanken versunken. Er mußte zugeben, daß er ins Schwimmen kam. Das war ihm schon früher passiert, und er hatte immer irgendwie das Ufer erreicht. Aber bei dieser Sache spielte das Interesse der Öffentlichkeit eine wesentliche Rolle, und es gab zu viele Idioten, die darauf anstoßen würden, wenn er absoff. Es war an der Zeit, nach ein paar rettenden Strohhalmen zu greifen.
    Er griff nach dem Telefonhörer und wählte.
    »Eden Thackeray, bitte. Nein, Schätzchen, sparen Sie sich den Scheiß mit den wichtigen Besprechungen. Er ist wahrscheinlich gerade ins Büro gekommen, und auch nur deshalb, weil es da ruhiger ist als daheim und er eine Zigarre rauchen kann, ohne daß ihm seine bessere Hälfte die Hölle heiß macht. Sagen Sie ihm, es ist Andy Dalziel.«
    Kurze Zeit später vernahm er die verbindliche Stimme Eden Thackerays, Seniorpartner (wenn auch offiziell halb im Ruhestand) von Thackeray, Amberson, Mellor und Thackeray, der angesehensten Anwaltskanzlei in Mid-Yorkshire.
    »Andy, du hast meine neue Vorzimmerdame verschreckt.«
    »Da muß sie durch. Wie geht’s, alter Junge? Immer noch alle Fäden in der Hand?«
    »Es wird langsam schwieriger. Es ist schon gut, wenn man, wie du es ausdrücken würdest, weiß, in welchen Kellern die Leichen liegen. Aber in meinem Alter läßt einen manchmal das Gedächtnis im Stich.«
    »Der Trick ist, keinen Schwanz merken zu lassen, daß du’s vergessen hast. Aber das nehme ich dir sowieso nicht ab. Machen wir mal einen Test. Du bist doch Lord Partridges Rechtsbeistand, oder?«
    »Das bin ich, Andy. Aber wie du ganz genau weißt, läßt es unser Berufsethos nicht zu …«
    »Papperlapapp«, unterbrach ihn Dalziel. »Keine Angst, du brauchst dich nicht einschließen und den Zerhacker anwerfen. Ich bin nicht hinter Seiner Lordschaft her. Aber da ich dich kenne, möchte ich wetten, daß du alles weißt, was sich über einen wichtigen Klienten wie den alten Budgie zu wissen lohnt, bis hinunter zu seinen Hausangestellten. Hab’ ich recht?«
    »Der alte Budgie? Ich wußte gar nicht, daß du mit Seiner Lordschaft auf so vertrautem Fuß stehst, Andy?«
    »Alter Kumpel von früher«, erklärte Dalziel. »Nun, was mich interessieren würde, ist diese Deutsche, die auf dem Anwesen wohnt. Sie war wohl eine Art Dienstmädchen oder Köchin oder Haushälterin …«
    »Du meinst Frau Penck, die Mutter unseres Literaturlöwen Charley Penn?«
    »Genau die. Nun würde mich interessieren, wie kommt sie deines Wissens mit Charley aus? Kannst du’s verantworten, mir das zu verraten?«
    »Ich meine«, antwortete Thackeray bedächtig, »da ich keinen von beiden vertrete, bin ich in der Lage, zu einer solchen Frage ganz unverbindlich und inoffiziell Stellung zu nehmen. Laß mich überlegen. Eine gespannte Beziehung, würde ich sagen. Sie findet, Charley sollte bei ihr leben und die Stellung des Haushaltsvorstands übernehmen, die vor etwa zwanzig Jahren mit dem Ableben ihres geliebten Gatten frei wurde. Das wäre gute deutsche Familientradition. Sie hat das Gefühl, daß er seine Herkunft vergessen und sich mit den Eingeborenen verbrüdert hat. Nicht einmal sein Erfolg als Schriftsteller beeindruckt sie sonderlich. Seine Bücher sind nicht das, was in Deutschland als ›ernste Literatur‹ gilt. Noch dazu sind sie auf englisch.«
    »Sie spricht aber Englisch?«
    »Ja, fließend, aber mit starkem

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