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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Licht‹, die ›Kraft, die alle Furcht wegbrennt …‹ Dritter Dialog XX : ›Sei meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?‹ Fünfter: ›mein Licht und mein Heil, und aus diesem Grund brauche ich kein Unheil zu fürchten.‹ Ich habe die Stellen überprüft. Und bin auf Psalm 27 gestoßen.«
    Er zog eine Bibel heraus und las:
»Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?«
Dann blickte er triumphierend in die Runde, als wäre das Schweigen, das ihm entgegenbrandete, frenetischer Applaus.
    »Interessant«, bemerkte Pascoe hastig. »Darf ich das mal sehen?«
    Er nahm das Buch und las den Anfang des Psalms.
    »Und?« fragte Dalziel.
    »Nichts und«, sagte Urquhart. »Aber wenn man sich diese Illustration im Ersten Dialog ansieht, könnte das Ding in der Wölbung des P nicht ein Buch sein? Vielleicht sogar die Bibel. Oder ein Meßbuch, in dem diese Psalmen stehen?«
    Pascoe legte die Bibel weg und betrachtete die illuminierte Initiale.
    »Da könnten Sie recht haben«, meinte er. »Sieht aus wie ein Buchrücken. Aber was ist mit dem Muster? Fällt Ihnen dazu was ein?«
    »Vielleicht soll es eine bestimmte Handschrift sein, die das illuminierte
In Principio
enthält, auf dem das basiert?« überlegte Urquhart. »Aber da kann Ihnen nur ein Spezialist weiterhelfen.«
    Dalziel, der in der Bibel blätterte, zitierte mit sonorer Stimme: »›Denn viel Büchermachens ist kein Ende und viel Predigen macht den Leib müde.‹ Bitte keine Spezialisten mehr.«
    »Versteh’ schon, warum du damit Schwierigkeiten hast«, meinte Urquhart.
    Aber gleich darauf kam er mit seiner Textanalyse zum Ende.
    »Sieht so aus, als ob unser Wordman gewisse gedruckte Texte als eine Art kodiertes Evangelium auffaßt. Nach dem Motto
Hier ist die Weisheit. Wer Verstand hat …«
    »Das ist die Offenbarung und kein Evangelium«, stellte Dalziel richtig. »Wer Verstand hat, berechne die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl.«
    »Hab’ ich’s mir doch gedacht, daß der Herr Superintendent das weiß«, erwiderte Urquhart. »Eins noch. Im Fünften Dialog heißt es: ›für den … das Leben allzu langweilig wurde …‹. Das klingt nach einem Zitat von diesem Beddoes, über den der arme Sam Johnson geforscht hat. Stammt wohl aus dem letzten Brief, den er schrieb, bevor er sich das Leben genommen hat. ›Das Leben war allzu langweilig auf einem Bein, noch dazu auf einem schlechten.‹ Anscheinend hatte der arme Kerl zuvor schon mal versucht, sich umzubringen, worauf sie ihm ein Bein amputieren mußten. Und so was ihm, der schließlich Arzt war. Der hätte bei uns im Gesundheitsdienst Karriere machen können!«
    »Ist das alles?« fragte Dalziel. »Nun gut, junger Lochinvar, Ihr könnt wieder gen Westen reiten.«
    Diesmal ließ Urquhart dem Dicken das letzte Wort. Und wie, um sich erkenntlich zu zeigen, wartete Dalziel, bis sich die Tür schloß, bevor er sagte: »Wieder mal komplette Zeitverschwendung!«
    »Das finde ich nicht«, widersprach Pascoe. »Wir bauen ein Täterprofil auf. Und die letzte Bemerkung über das Beddoes-Zitat ist auch recht aufschlußreich.«
    »Ach ja? Wahrscheinlich ist dir jetzt aufgegangen, daß dein Kumpel nicht bloß ein überspannter Künstler war, sondern bei seinem Tod nur noch ein Bein hatte«, spottete Dalziel.
    »Sehr gut, Chef. Aber ich will darauf hinaus, daß der Wordman mit Beddoes’ Schriften recht gut vertraut sein muß. Und ich kenne jemanden, der sich lebhaft dafür interessiert.«
    »Mein Gott, nicht schon wieder Roote!« stöhnte der Dicke. »Den kannst du dir sonstwohin stecken.«
    »In den Knast am besten«, meinte Pascoe ungerührt.
    Dalziel sah ihn traurig an. »Pete, allmählich hörst du dich schon an wie dieser Wordman. Du solltest mehr an die frische Luft gehen. Wie sagen doch die Kinder heutzutage? Mach dir keinen Streß, Alter.«

[home]
    Achtundzwanzig
    A ber sich keinen Streß zu machen, ist nicht so einfach, wenn ringsherum Menschen sterben.
    Als Pascoe am Samstag morgen erwachte, streckte er sich und dachte genüßlich: »Kein Dienst heute.«
    Dann fiel ihm ein, daß er auf eine Beerdigung mußte, die zweite in dieser Woche.
    Für einen Polizisten bringen Wochenenden in der Regel mehr statt weniger Arbeit. Wie ein Sklave, der ewig von der Heimat träumt, hatte Pascoe nie das Grundgefühl eingebüßt, daß Samstage dazu da waren, Fußball zu spielen, Sachen zu reparieren, Feste zu

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