Die rätselhaften Worte
bemerkte Pascoe.
»Den Ariel«, sagte sie und knuffte ihn in die Rippen. »Jedenfalls hat Linda diesen Mönch kennengelernt und war anscheinend hin und weg. Seitdem macht sie sich dafür stark, die Bewegung mit einem warmen Geldregen aus der EU -Kanne zu fördern.«
»Aber ist er nicht Belgier?«
»Linda hat nichts gegen Ausländer, solange sie uns nicht sagen, was wir tun sollen, und selbstverständlich die Überlegenheit der Briten anerkennen. Was dieser Typ offensichtlich getan hat, indem er einen englischen Namen für diese Therapie wählte. Wenngleich ich vermute, daß seine Beweggründe eher kommerzieller Natur waren und er sich großen Zulauf zu seiner Website erhoffte.«
»Eine Website für ein Kloster?«
»Peter, wag dich mal aus Dalziels Disneyland hinaus ins wirkliche Leben.«
»Wie kommt es, daß du so viel über Loopy Linda weißt?«
»Wie es im kleinen roten Buch heißt: Erkenne dich selbst, doch noch wichtiger ist es, deine Feinde zu kennen. Aber um auf unser Thema zurückzukommen: Weit entfernt, es sich mit Miss Lupin zu verderben, indem er über Gräber und Grauen schwafelte, hat unser Freund Roote anscheinend voll ins Schwarze getroffen. Ein seltsamer Zufall will es, daß das Symbol von Third Thought ein kleines weißes Kreuz ist. Also gehört Roote wohl auch dazu. Glückskind.«
»Glückskind«, höhnte Pascoe. »Ich bezweifle, daß das was mit Glück zu tun hat. Dieser gerissene kleine Scheißkerl!«
»Eine Stellungnahme, Chief Inspector?« bat Sammy Ruddlesdin, der hinter einem Basaltengel hervorsprang. »Sind Sie zu einer Stellungnahme bereit?«
»Verpiß dich, Sammy«, sagte Peter Pascoe.
[home]
Neunundzwanzig
A n diesem Samstag abend hätte Pascoe bares Geld für das Vergnügen bezahlt, sich in seinem Lieblingssessel auszustrecken und sich durch die Albernheiten des Wochenendfernsehens einlullen zu lassen.
Seine Anwesenheit bei der Preisverleihung des Literaturwettbewerbs schien bei reiflicher Überlegung doch nicht unbedingt erforderlich. Bestimmt passierte nichts, was für die Wordman-Ermittlungen relevant war, und für alle Fälle würde ja Edgar Wield dasein und alles im Auge behalten. Sogar Ellie ermutigte ihn großherzig, zu Hause zu bleiben.
»Als Jurymitglied muß ich dabeisein«, sagte sie. »Aber du brauchst dir das nicht anzutun. Leg die Füße hoch. Ich sage dem Babysitter ab.«
Aber dann fielen ihm all die langweiligen gesellschaftlichen Anlässe seines Berufslebens ein, zu denen sie ihm zuliebe mitgekommen war, und sein Gewissen plagte ihn.
»Nein, ich begleite dich«, erklärte er. »Es ist ja nicht wie bei der Oscar-Verleihung, wo sich die Dankesreden endlos hinziehen. Wie lange geht der Fernsehspot? Eine halbe Stunde?«
»Genau. Außerdem gibt es für die berühmten Gäste und ihre weniger berühmten Ehepartner vorher Drinks. Ein anständiger Whisky und ein bißchen angeregte Unterhaltung sind vielleicht genau das, was du brauchst.«
»Dann nehmen wir wohl lieber ein Taxi«, meinte Pascoe.
Aber zunächst sah es so aus, als hätte Ellie sich gründlich getäuscht. Als die Drinks gereicht wurden, herrschte eine ähnliche Grabesstimmung wie am Morgen in der Universitätskirche. Die meisten der Anwesenden hatten sich zuletzt im Kulturzentrum getroffen, als Stadtrat Steel ermordet worden war. Und nicht wenige von ihnen hatten Sam Johnsons Beerdigung beigewohnt, so daß auch sein Tod ihre Gemüter belastete.
Aber wie bei jedem Leichenschmaus hellte sich die Stimmung nach zwei, drei Gläsern auf, und allmählich belebte sich auch die Unterhaltung. Zwar machte der erste, der laut auflachte, noch ein schuldbewußtes Gesicht, doch schon bald unterschied sich die Gesellschaft in nichts mehr von jeder anderen fröhlichen Kurzparty mit kostenlosen Getränken. Wer eigentlich die Zeche zahlte, wußte Pascoe nicht. Wahrscheinlich die
Gazette
. Da fiel ihm auf, daß der einzige, der diese Frage laut gestellt hätte, Stuffer Steel gewesen wäre, der immer ein Herz für Steuerzahler gehabt hatte. Und Johnson hätte bestimmt auch seine ironischen Kommentare beigesteuert, obwohl beide zweifellos bei allem, was hier angeboten wurde, beherzt zugegriffen hätten.
Die Anwesenden übten sich aber keineswegs in Zurückhaltung. Nichts weckt so sehr die Gier nach dem Leben wie der Tod, dachte Pascoe, als er sich umsah und die Köpfe zählte. Ja, anscheinend waren alle Glanzlichter der Vernissage hier versammelt. Außer den Verstorbenen natürlich. Und dem tanzfreudigen Dalziel. Und
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