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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Mosaikfußboden gestoßen war. Die Entscheidung, die Fundstätte als Teil einer Römischen Erlebniswelt in das Zentrum zu integrieren, hatte sich als brillanter Kompromiß zwischen den Archäologen und den Pragmatikern des Stadtrats angeboten, die das Zentrum so schnell wie möglich fertigstellen wollten. Ganz ohne Reibungen war es aber trotzdem nicht abgegangen. Stuffer Steel hatte sich gegen jegliche Mehrausgaben gesperrt, und der zusätzliche Streß, den das für Philomel Carcanet bedeutete, hatte erheblich zu ihrem Zusammenbruch beigetragen.
    »Wie immer legen Sie den Finger auf den wunden Punkt, Superintendent«, erwiderte Dee. »Mein bescheidener Ruf, gut informiert zu sein, führt mich her, um zwischen unseren streitenden Gladiatoren zu vermitteln.«
    »Warum sind die überhaupt hier? Das ist doch gar nicht ihr Revier. Ich meine, ich hätte Phil Carcanet gerade oben in Ihrer Bibliothek gesehen.«
    »Da haben Sie recht. Es ist wirklich eine Schande. Die Römische Erlebniswelt ist das Kind ihres Geistes. Sie hat sich so ins Zeug gelegt, alle zusammenzubringen, von den Archäologen bis zum Stadtrat. Das hat sie ganz allein geschafft – niemand sonst wollte sich mit Steel auseinandersetzen. So etwas liegt ihr gar nicht, und schließlich war sie mit den Nerven am Ende. Sie war krank geschrieben, aber Mr. Steels Ableben hat das letzte Hindernis beseitigt, das dem Projekt im Wege stand, plötzlich war das Geld da. Und weil die Eröffnung unmittelbar bevorsteht, hat sie sich aufgerafft und ist heute gekommen, um leider feststellen zu müssen, daß die beiden anderen Mitglieder des Triumvirats keineswegs bereit sind, das Feld zu räumen. Das ist übrigens eine weitere Folge, die der Tod des Stadtrats nach sich zieht. Jetzt ist der Weg für die Ernennung eines Direktors für das gesamte Zentrum frei. Und um diesen Lorbeerkranz streiten unsere Helden eigentlich. Beim ersten Anzeichen von Uneinigkeit ist die liebe Philomel geflohen. Vor Ihnen liegen die Früchte ihrer Arbeit, die sie aber nicht ernten darf. Oje.«
    Explosionsartig einsetzender Lärm veranlaßte ihn, sich die Ohren zuzuhalten.
    »Stellt es leiser! Leiser!« kreischte Follows.
    Der Lärm ebbte ab und wurde schließlich als Stimmengewirr erkennbar, durchsetzt mit Pferdewiehern, Hahnenkrähen, Hundebellen, Glockengebimmel, Kinderlachen und einigen Fetzen orientalisch anmutender Musik mit fernem Hörnerschall und nahen Lautenklängen.
    »So ist es besser«, meinte der Bibliothekar.
    »Finden Sie? Wo Sie einkaufen, geht es wohl eher leise zu. Ein richtiger Freiluftmarkt hat nichts mit Sainsbury’s gemein, mit dezenter Hintergrundmusik und Tütenrascheln. Da ist richtig was los«, erklärte Bird.
    »Ach, und du bist ja ein ausgewiesener Experte für Massenszenen«, spottete Follows. »Aber deine Erfahrungen auf diesem Gebiet müssen wohl aus einem früheren Leben herrühren, denn mit deinem Theaterpublikum hast du sie wohl kaum sammeln können. Und die Sprache – müßten diese Leute nicht Latein und Angelsächsisch sprechen? Das, was die da reden, habe ich noch nie gehört.«
    »Wie solltest du auch, wenn du bisher nur gehört hast, wie alte Käuze in angestaubten Talaren Cicero oder
Beowulf
deklamieren? So muß sich aber, wie die besten Paläokulturanthropologen bestätigen, die Volkssprache angehört haben.«
    Dalziel glaubte zu bemerken, daß Dees Augen selbstzufrieden aufleuchteten, und sagte: »Der nette Zungenbrecher stammt wohl aus Ihrer Werkstatt?«
    Das war eine gute Revanche für den Regimentsball. Dee war offensichtlich überrascht, was er durch komödiantische Übertreibung verbarg.
    »Oho, Ihrem scharfen Polizistenblick entgeht aber auch gar nichts, Superintendent. Ja, ich habe tatsächlich diesen Neologismus in ein Gespräch mit Mr. Bird einfließen lassen, und es freut mich, zu bemerken, daß er ihn mit dem feinen Ohr des Schauspielers aufgegriffen und in seinen Wortschatz integriert hat. Ich möchte aber hinzufügen, daß dieses Kompositum vollkommen logisch ist, und es würde mich nicht erstaunen, wenn es bereits existierte. Was hat Ihr geschultes Ohr denn noch aus diesem Wortwechsel herausgehört?«
    »Es hat sich nur bestätigt, was ich schon wußte: daß sie nämlich zwei richtige Streithammel sind. Ich vermute mal, als die alte Philomel nicht mehr auf dem Posten war, hat Ambrose die Verantwortung für die Klangeffekte übernommen, und Percy sorgte für die Gerüche. Das scheint mir die richtige Aufteilung.«
    »Wieder ein Treffer«,

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