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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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nor do I feel
    The pain of mine or other’s lives
    For in me only Death survives!
[4]
    Das hörte sich nicht nach sexueller Belästigung an, es sei denn, dieses Literatenvölkchen benutzte eine erotische Geheimsprache. Vielleicht konnten sich der Schlaukopf Pascoe und seine überspannten Freunde von der Uni einen Reim darauf machen. Und dann war da noch Rootes Euphorie.
    Er blickte auf.
    Rye beobachtete ihn von ihrem Platz im Büro aus.
    Wieder rief er ihren Namen, aber sie ließ nur ein wohlgeformtes Bein sehen, als sie die Tür mit dem Fuß zustieß.

[home]
    Fünfundvierzig
    A m Tag von Percy Follows Beerdigung blieb die Bibliothek geschlossen.
    Die offizielle Begründung lautete, daß man seinen Kollegen ermöglichen wollte, an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen.
    »Falsch«, meinte Charley Penn zu Dick Dee. »Man will seine Kollegen
zwingen,
daran teilzunehmen.«
    »Ich glaube, dein Zynismus ist hier nicht angebracht, Charley«, erwiderte Dee. »Percy hatte viele gute Eigenschaften, als Mensch wie als Bibliothekar. Er wird uns wirklich fehlen.«
    »Ach ja?« sagte Penn. »Wie auch immer, es ist wirklich eine Zumutung. Zu Hause kann ich nicht arbeiten, weil da überall diese haarigen Affen rumturnen, hämmern und schreien und miteinander wetteifern, wer den lautesten Ghetto-Blaster hat. Die Beerdigung ist doch um eins, also verstehe ich wirklich nicht, warum die Bibliothek für den Rest des Tages geschlossen bleiben muß.«
    »Ich hielt das als Zeichen der Pietät für geboten …« Da Dee sah, daß dies keinerlei Eindruck auf den Schriftsteller machte, fügte er hinzu: »Außerdem wird es hinterher im Lichen Hotel einen kleinen Umtrunk geben, eine Gelegenheit, über Percy zu sprechen und sein Leben zu würdigen. Wenn das vorüber ist …«
    »… sind alle sternhagelvoll. Aber du kommst doch bestimmt zurück, nehme ich an. Masochismus ist ja schön und gut, aber mittags schon einen Rausch? Ich könnte doch so um drei vorbeikommen …«
    »Nein«, erklärte Dee bestimmt. »Ich habe noch was zu erledigen.«
    »Was denn?«
    »Wenn du es unbedingt wissen mußt, ich wollte nach Stangdale rausfahren und mein Cottage ausräumen.«
    »Ach? Ärger mit dem neuen Vermieter?«
    »Kaum, der wird immer noch gesucht. Am ehesten kommt irgendein Cousin in Frage, der in den sechziger Jahren nach Amerika gegangen ist. Nein, ich hatte nur keine Lust, hinzufahren, seit … seit das passiert ist. Das vergeht, natürlich, aber in der Zwischenzeit wäre es ziemlich dumm, meinen ganzen Kram dort liegenzulassen, damit ihn sich irgendein Landstreicher unter den Nagel reißt. Ich hätte nichts gegen Gesellschaft. Lust auf eine kleine Ausfahrt?«
    »Mach keine Witze!« sagte Penn. »Du weißt doch, wie beschissen ich das Landleben finde. Das habe ich früher zur Genüge genossen. Nein, dann fahre ich eben in die Unibibliothek. All diese schnatternden Studenten. Wahrscheinlich drehe ich irgendwann durch.«
    Dee seufzte. »Also gut, Charley, du kannst meine Wohnung haben. Aber Finger weg von meiner Espressomaschine, verstanden? Das letzte Mal kamen nur noch braune Bröckchen raus.«
    »Pfadfinderehrenwort«, antwortete Penn.
     
    Percy Follows war stets ein frommes Mitglied der Anglikanischen Kirche in ihrer größten Pracht und Herrlichkeit gewesen (und wenn alles planmäßig verlaufen war, war er es wohl noch immer). Ein Schritt weiter hätte ihn nach Rom geführt. Eine gewöhnliche Andacht genügte ihm nicht. Ohne Weihrauch, Kerzen, Ysop, Besprengung mit Weihwasser, Prozessionen, Kniefälle, erhebenden Chorgesang und goldbestickte Gewänder wäre er nicht glücklich geworden. Der Priester seiner Gemeinde war natürlich vom gleichen Schlag. Er zog alle Register und ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt, eine Meditation über den Tod zu liefern, in welche er eine Lobpreisung des Verblichenen einflocht, mit der, wie er nicht ohne Rührung dachte, auch Dr. Donne in St. Paul’s Ehre eingelegt hätte.
    Pascoe bewunderte seinen Herrn und Meister, mochte aber seinem Beispiel nicht folgen – Dalziels Kopf war vornübergesunken, und von seinen Lippen kam von Zeit zu Zeit ein Murmeln, nicht unähnlich dem Geräusch von Wellen, die an einen Kieselstrand rollen. Also blätterte er verzweifelt nach Zerstreuung suchend im Gebetbuch. Die Psalmen mit ihren reizvollen Wendungen und guten Ratschlägen schienen noch am ehesten Erleichterung zu bieten. Wie schön wäre es doch gewesen, wenn sich der Priester beispielsweise den Wink des ersten der

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