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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Haltung, die derjenigen Pascoes so sehr glich, daß sie jeder, der sie gleichzeitig hätte sehen können, für
Doppelgänger
gehalten hätte.
    Außer ihnen befand sich niemand mehr auf der Etage des CID . Überall sonst im Gebäude herrschte geschäftiges Treiben, dessen Begleitgeräusche hier jedoch so entrückt und entfernt klangen, als stünde man an einem windstillen Tag an einem nebligen Strand oder in einem winterlich verschneiten Wald.
    Pascoe machte sich Gedanken über ihre Strategie bei der Untersuchung der Wordman-Fälle und überlegte, warum sie fehlgeschlagen war. Hat dachte über Rye Pomona nach, vor allem darüber, ob sie auch jetzt mit Dee zusammen war. Aber diese beunruhigenden Gedanken schienen an der unsichtbaren Barriere, die diese Oase der Ruhe und Abgeschiedenheit umgab, an Kraft zu verlieren.
    Es ist, dachte Pascoe (und selbst dieser Gedanke beschleunigte seinen Pulsschlag nicht), es ist wie einer jener Augenblicke, die in den Dialogen beschrieben werden, wenn die Zeit stillsteht … oder als ob sich die Aura des Wordman ausbreitet und ich mich am Rande ihres Wirkungsraumes befinde, in jener passiven Welt, in der er das einzige aktive Element ist.
    Dort
sollte ich nach ihm suchen, nicht draußen in der geschäftigen Welt der Routine, der Auswertung von Untersuchungsergebnissen, der Forensik.
Dort
ist der geheime Ort, an dem er haust.
    Er gestattete seinem Körper, sich vollkommen zu entspannen.
    Psalm 27. Er ist wieder in der Kirche und liest den Psalm 27. Der Herr ist mein Licht. Er versucht, sich loszureißen, mit jenem Teil seines Geistes, der immer noch zum Detective Chief Inspector gehört, will diese seltsame Empfindung nutzen, um den ganzen Fall auf einmal zu erfassen, gewinnt aber keine Kontrolle über die Situation. So muß es auch dem Wordman ergehen, denkt er. Was immer ich auch tue in dieser zeitlosen Zeit, es ist das, was ich tun muß, nicht, was ich tun will.
    Er ist noch in der Kirche und liest den Psalm, aber gleichzeitig sitzt er in seinem Büro und zieht die Wordman-Akte über den Schreibtisch heran. Er möchte sie öffnen und einen Blick auf die Anmerkungen zu den identifizierten Psalmen werfen. Statt dessen schlägt er sie ganz am Anfang auf, bei der seltsamen Zeichnung, dem
In Principio.
Seine Finger finden nicht die Kraft weiterzublättern. Wonach suche ich? fragt er sich selbst. Die Zwillingsochsen. Die beiden
aleph.
Der AA -Mann. Das kenne ich doch schon. Sonst noch was?
    In principio erat verbum.
    Der Beginn des Evangeliums nach Johannes.
    Das College, auf dem Dee war, hieß St. John’s.
    Roote war in der
St. John Ambulance Brigade.
    Der wahre Name von Johnny Oakeshott lautete St. John.
    Der heilige Johannes, der »Sohn des Donners«, der heilige Johannes, symbolisiert durch den Adler, der heilige Johannes, der seinen Anhängern auf die Nerven fiel, weil er zu oft das Gebot »Liebet einander« wiederholte, denn damit »tut ihr genug«; der unter der Verfolgung des Kaisers Domitian in einen Kessel mit siedendem Öl geworfen wurde, ihm jedoch unversehrt entstieg, um hochbetagt in Ephesus eines natürlichen Todes zu sterben, wo er mit dem Oberpriester der Göttin Diana aneinandergeriet, mit deren Kult sich auch Paulus herumärgerte …
    Sehr interessant, aber ohne Bedeutung, jedenfalls nicht im Moment – besser gesagt, nicht in diesem Nicht-Moment, in diesem Ausschnitt von Nicht-Zeit. Etwas anderes, er weiß, da ist noch etwas anderes.
    Und draußen vor Pascoes Tür sitzt Bowler, der sich vielleicht weniger klar ist über seinen Zustand, am Ufer der Zeit und spürt, wie sich der mächtige, wogende Ozean zurückzieht. Rye, Rye, er versucht, an Rye zu denken, aber ständig kommt ihm die Jahreszahl aus dem Dialog dazwischen: 1576. Fünfzehnsechsundsiebzig. Das sagt ihm etwas … Er geht noch einmal alles durch, was er darüber gefunden hat, aber nichts sticht heraus … oder eher, alles drängt sich ihm auf, ruft ihn, so empfindet er es … wie ein kleines Kind in einem großen, leeren Haus, das von Zimmer zu Zimmer stürzt und sie alle leer findet … und das Kind fängt an zu weinen …
    Es bleibt noch eine Tür … hinter dieser letzten Tür liegt die Wahrheit …
    Plötzlich fliegt diese Tür auf …
    »Entschuldigung, hab’ ich Sie geweckt?« fragt Sergeant Wield. »Ist Mr. Pascoe da?«
    Und ohne eine Antwort abzuwarten, platzt er in Pascoes Büro, und mit ihm schwappt die unerbittliche Flut der Zeit herein.
    »Wieldy«, sagte Pascoe und griff nach seinem

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