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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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in dem Bericht nicht erwähnt. Und das hieß, er war mit dem knappen Kommentar
Keine Zeugen verfügbar oder feststellbar
abgehandelt worden.
    »Und was haben Sie ihm gesagt?«
    »Nichts. Weil es nicht mehr zu sagen gibt. Wir gehen hier früh ins Bett und schlafen fest.«
    »Das gilt für dich«, rief eine Männerstimme aus dem Inneren des Hauses.
    »Wenigstens fehlt deinen Ohren nichts«, rief sie zurück.
    »Meinen Augen auch nicht. Ich hab’ dir gesagt, was ich gesehen habe.«
    Bowler sah die Frau fragend an, und sie meinte seufzend: »Wenn Sie Ihre Zeit vertun wollen …« Damit drehte sie sich um und verschwand im Haus.
    Er folgte ihr in ein großes Wohnzimmer, das, abgesehen von dem Fernseher, in dem gerade
Mad Max
lief, nicht so aussah, als habe sich hier seit dem 17. Jahrhundert viel getan. Ein Mann erhob sich von einem Stuhl. Er war ein wahrer Hüne, an die zwei Meter groß, und zwischen seinem Kopf und den hölzernen Deckenbalken war nicht viel Raum. Er schüttelte Bowler so kräftig die Hand, daß dieser zusammenzuckte, und sagte: »Sie kommen wegen den Scheinwerfern. Hab’ ich’s dir nicht gesagt, Betty?«
    »Höchstens fünfzigmal, du dummer alter Zausel«, erwiderte sie und schaltete den Fernseher aus. »Dann erzähl es ihm. Vorher gibst du ja doch keine Ruhe.«
    Ihr Tonfall war gereizt, aber in dem Blick, den sie ihm zuwarf, lag tiefe Zuneigung.
    »Das mache ich auch«, sagte er. »Ich bin aufgestanden, um zu pinkeln – ein Altherrenleiden, das werden Sie auch noch kennenlernen, wenn Sie so alt werden wie ich. Auf dem Treppenabsatz hab’ ich aus dem Fenster geschaut, und da war dieser Scheinwerfer, der sich da auf der Straße bergab bewegte, nur einer. Motorrad, dachte ich. Und schnell ist der Kerl! Dann hab’ ich diese anderen Scheinwerfer gesehen, das waren zwei, also ein Auto, aus der Gegenrichtung. Aus dem Nichts sind die aufgetaucht. Erst ist es dunkel, und im nächsten Moment sind sie da. Dann ist der einzelne Scheinwerfer von der Straße abgekommen. Und plötzlich war er aus. Dann sind Flammen hochgeschossen.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Keine Ahnung. Wenn ich noch länger stehengeblieben wäre, hätte ich auf die Treppe gepinkelt, und dann wär’s mir übel ergangen.«
    Er lachte lauthals, und die Frau sagte: »Da liegst du richtig, mein Junge.«
    »Und haben Sie diese Geschichte dem anderen Polizisten erzählt, der hier war?« fragte Bowler.
    »Nein.«
    »Warum nicht?« erkundigte sich Hat.
    »Ist mir erst später eingefallen«, erklärte der Mann.
    »Später?«
    »Ja«, bestätigte die Frau. »Später. Die Sachen fallen ihm oft später ein, wenn sie ihm überhaupt einfallen.«
    Hier lief etwas ab, was er noch nicht ganz begriff. Er beschloß, sich an die Frau zu halten.
    »Sie fanden es nicht der Mühe wert, uns anzurufen, als Ihnen Mr. …?«
    »Locksley«, sagte sie.
    »Ihr Mann?« fragte er, um wenigstens das zu klären.
    »Jedenfalls leben wir nicht in wilder Ehe!« meinte sie, was sie beide ungeheuer zu amüsieren schien.
    »Sie sind nicht auf die Idee gekommen, uns zu benachrichtigen?« beharrte Bowler.
    »Wozu? Sam, in welcher Nacht hast du die Scheinwerfer gesehen?«
    »Nö, Mädel, das ist nicht fair. Aber es war dieses Jahr, da bin ich mir sicher.«
    »Und welchen Film hast du am Tag davor angeschaut, wann immer das war?«
    Er überlegte eine Weile und erwiderte dann: »Wahrscheinlich
Mad Max,
das ist mein Lieblingsfilm. Gefällt er Ihnen, Mister? Der war auch Polizist.«
    »Es gibt solche und solche«, meinte Bowler. »Ja, ich hab’ ihn im Kino gesehen. Für meinen Geschmack ein bißchen viel Gewalt.«
    Allmählich dämmerte ihm, was hier los war. Im Interesse der Diplomatie hätte er gern die Frau allein befragt, aber er hatte das Gefühl, daß sie seinen Vorschlag, etwas hinter dem Rücken ihres Mannes zu besprechen, nicht gut aufnehmen würde.
    »Sie glauben also, daß Mr. Locksley das, was Ihnen der andere Polizist über den Unfall erzählt hat, mit Bildern aus Filmen durcheinanderbringt?«
    Er hatte leise gesprochen, aber dem Mann, der ja scharfe Ohren hatte, war kein Wort entgangen.
    »Da könnten Sie recht haben, junger Mann«, sagte er vergnügt. »Ich bringe schon mal was durcheinander, und wenn’s darum geht, was wann passiert ist, bin ich ein hoffnungsloser Fall. Meistens macht mir das nichts aus, aber an ein paar Sachen aus der Vergangenheit würde ich doch gern zurückdenken, jetzt, wo ich alt werde. Zum Beispiel kann ich mich nicht an meinen

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