Die rätselhaften Worte
kombiniert. Ihr war seine Abneigung gegenüber ihrem Chef nicht entgangen, obwohl er sie sich selbst kaum eingestanden hatte.
»Nein, wußte ich nicht … Entschuldigung. Ich dachte, es ist ein Spiel. Eigentlich gefällt es mir ganz gut … es hat Atmosphäre …«
»Du spielst wohl gerne, was?«
»O ja«, antwortete er. »Alles, außer Solitaire.«
Sie mochte sich drehen und wenden, so leicht schüttelte sie ihn nicht ab.
»Und der Wordman? Was für ein Spiel spielt der?«
»Wieso glaubst du, daß er ein Spiel spielt?«
»Diese Dialoge. Es hat keinen Sinn, so etwas zu schreiben, außer, wenn man jemand anderen mit hineinziehen will.«
»Das könnte auch nur einfach eine Schilderung sein.«
»Wie das Bild hier?«
»Du hast mich überzeugt, daß es mehr ist.«
»Dann sieh dir mal die Dialoge an … die haben auch so was Unterschwelliges … eine gewisse Atmosphäre …«
»Wie der blutige See, meinst du?« fragte Hat und blickte auf das Bild von Stangcreek Cottage.
»›Der blutige See‹? Warum bin ich nicht auf diesen Titel gekommen?« sagte Dick Dee.
Unbemerkt war er hinter ihnen aufgetaucht.
»Hallo, Dick«, sagte Rye mit einem Begrüßungslächeln, das sie Hat nicht gegönnt hatte. »Wir dekonstruieren gerade dein Opus.«
»Ich fühle mich geehrt. Kennen Sie Ambrose Bird?«
»Wer kennt nicht den letzten der Schauspieler-Direktoren?« antwortete Rye mit einem Augenaufschlag, der, wie Hat nicht ohne Erleichterung feststellte, nicht frei von Ironie war.
»Ja, natürlich, wir haben uns einmal in Dicks Büro getroffen. Aber wegen der schrecklichen Geschichte mit Miss Ripleys Tod sind die Formalitäten etwas knapp ausgefallen. So zerstreut ich damals war, hatte ich doch vor, unsere Bekanntschaft einmal zu vertiefen«, sagte Bird, Ryes gespielter Bewunderung mit theatralischer Galanterie begegnend. »Machen wir einen neuen Anfang. Dick, stellen Sie uns einander vor, wenn ich bitten darf.«
»Das ist Rye Pomona, sie arbeitet mit mir in der Bibliothek«, sagte Dee.
Mit mir, nicht
für mich
, stellte Bowler grimmig fest.
»Pomona … Sie sind nicht zufällig mit Freddie Pomona verwandt?«
»Er war mein Vater.«
»Herr im Himmel! So spät noch Vater geworden! Der gute alte Freddie. Er spielte den Titinius, als ich meinen ersten Speer im
Julius Cäsar
trug. Ich weiß noch, wie gut er gestorben ist – zu gut für den Regisseur, der ihn ein wenig bremsen mußte. Es ging ja nicht an, daß er Brutus übertrumpfte.«
»Er war ein Schmierenkomödiant, wollen Sie sagen?«
Bird lachte und sagte: »Er war ein Schauspieler der alten Schule, wie man sie heutzutage nicht mehr findet. Aber gut abgehangen hat auch seinen Reiz. Der alte Freddie wird schmerzlich vermißt. Und auch Ihre Mutter … Melanie hieß sie, oder? Ja, natürlich, so hieß sie. Ich erinnere mich, Sir Ralph sagte einmal bei einem Essen für die Truppe, das ein ungewöhnlich großzügiges Haus veranstaltete: ›Ich glaube, ich fange mit einem Scheibchen Melanie an und nehme dazu einen Bissen Pomona.‹ Er war wirklich ein Spaßvogel, der gute Ralph.«
Dick Dee, der Rye mit besorgtem Blick beobachtete, meinte spitz: »Sie hätten uns seinen Witz auch mit einem besseren Beispiel näherbringen können.«
»Tut mir leid«, sagte Bird und tat bestürzt. »Womöglich war es doch nicht der gute Ralph. Sir John vielleicht? Sir John Gielgud natürlich, nicht Sir John Mills. Überhaupt nicht seine Art.«
»Meine Bemerkung bezog sich auf den Inhalt, nicht auf den Sprecher«, entgegnete Dee und sah bedeutsam zu Rye hinüber. »Wie? Ah, ich verstehe. Es tut mir leid, meine Teure. Das sollte keine Beleidigung sein. Der gute Freddie hat sich vor Lachen kaum halten können.«
»Schon in Ordnung«, meinte Rye mit einem Lächeln.
»Siehst du, Dick. Du bist einfach zu empfindlich. Aber will mich denn gar niemand diesem gutaussehenden jungen Mann vorstellen, dessen Gesicht mir so bekannt vorkommt?«
»Das kommt daher, weil du ihn schon gesehen hast. Detective Constable Bowler, der Mr. Pascoe so kompetent unterstützt hat, am gleichen Tag, an dem du Rye kennengelernt hast«, erklärte Dee.
»Gut, gut. Di Caprio, der Herzensbrecher«, meinte der Schauspieler-Direktor, ergriff Bowlers Hand und schüttelte sie kräftig.
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Bowler und entzog ihm seine Hand.
»Ich hoffe, wir haben auch noch Gelegenheit, unsere Bekanntschaft zu vertiefen«, murmelte Bird. Wie eine Großherzogin, die abrupt eine Audienz beendet,
Weitere Kostenlose Bücher