Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
wandte er sich dem Bild zu und meinte: »Das ist also eines von deinen Meisterwerken, Dick? Hmmm.«
    Dieses
hmmm
war das erste, was Hat an dem Mann sympathisch fand. Es beinhaltete ein ganzes Bündel von Vorbehalten.
    Die beiden Männer traten näher an das Bild heran, während Hat Ryes Arm faßte und sie mit den Worten wegzog: »Wollen wir uns nicht ansehen, was die Kupferstecherin macht?«
    »Weil dich das an den Werkunterricht erinnert? Ich wette, in der Schule warst du ganz versessen auf den Werkunterricht.«
    »Du liegst richtig. Da war ich eins a. Wenn wir gerade bei A sind, Ambrose, dieses Arschloch, der ist schon ein bißchen durchgeknallt, oder?«
    »Bird? Der ist harmlos. Das ist bloß Schauspielerei.«
    »Er spielt den großen Schauspieler, willst du sagen?«
    »So etwas kommt öfter vor. Klar, wenn man auf der Bühne nichts bringt, fällt man schnell auf. Aber Bird gibt den altmodischen Schauspieler-Direktor, das ist eine viel lohnendere Rolle. Der Gerechtigkeit halber muß man sagen, er macht keine schlechte Arbeit. Hast du mal eine Produktion von ihm gesehen?«
    »Bis jetzt nicht«, sagte Bowler, der sich fragte, ob er auch noch seinen Shakespeare auffrischen mußte, um an dieses Mädchen ranzukommen. Daß sie aus einer Schauspielerfamilie kam, hatte ihn sehr neugierig gemacht, aber dank seines eingehenden Studiums der psychologischen Aspekte des Verhörs wußte er, wie wichtig Rhythmus und Zeitpunkt waren, wenn man ein Ergebnis haben wollte. Also andere Zeit, anderer Ort …
    »Mimt er auch den Schwulen?« fragte er.
    »Meinst du, er hat dich angemacht? Da brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen«, antwortete sie.
    »Wie er mir die Hand geschüttelt hat! Entweder will er was von mir, oder er ist Mitglied einer Loge, die ich nicht kenne.«
    »Also ist es doch wahr. Man muß ein schwulenfeindlicher Freimaurer sein, um bei den Bullen Karriere zu machen«, stichelte sie.
    Aber dabei bedachte sie ihn mit einem zärtlichen Lächeln, das er erwiderte. »Das ist doch allgemein bekannt. Warum schauen wir uns nicht ein paar Stiche an, wenn’s hier schon keine Briefmarken gibt?«

[home]
    Fünfzehn
    A uch die schönsten Dinge können nicht ewig währen. Vernissagen in der Provinz dauern ein wenig länger, aber auch sie gehen irgendwann zu Ende. Die Gäste waren aus den unterschiedlichsten Gründen gekommen – einige, um etwas zu sehen, andere, um gesehen zu werden; einige, weil sie sich verpflichtet fühlten, andere, weil sie verliebt waren; einige aus Interesse, andere aus Langeweile. Als sie aber schließlich gingen, gab es dafür nur zwei Gründe: Entweder hatten sie gefunden, was sie suchten, oder nicht.
     
    Die Waffe fiel mir so mühelos in die Hand, daß ich selbst kaum bemerkt habe, wie ich nach ihr griff, und gewiß ist auch sonst niemandem etwas aufgefallen. Dann wartete ich, bis meine Zeit gekommen war – im wörtlichen Sinne. Schließlich zerstreuten sich die Leute wieder, und als das von mir ins Auge gefaßte Strandgut ebenfalls weggespült wurde, blieb ich ihm dicht auf den Fersen, doch nicht so dicht, daß es Aufmerksamkeit erregt hätte. Meine Aura war nun stark, so stark, daß ich mich auf ihrer Helligkeit hinweggetragen fühlte wie ein Trümmerstück im Sturm, den die Explosion einer Atombombe entfacht. Hauche mich an, Atem Gottes, sang ich innerlich, denn so mußte sich sein Atem anfühlen. Ich erglühte in seiner Gloriole, doch immer noch umfloß mich unverwandt die Zeit. Dann beobachtete ich, wie er sich aus dem allgemeinen Treiben löste, und im selben Augenblick spürte ich, wie die Zeit abzuebben begann.
     
    »Wird Zeit, daß wir uns auf den Heimweg machen«, meinte Andy Dalziel.
»Arsch longa …
wenn ich hier noch länger rumhänge, dann glaubt mein Bauch, man hätte mir die Kehle durchgeschnitten.« Cap Marvell ließ ihren Blick über besagte stämmige Kehle wandern und meinte: »Dein Bauch hat ja viel Phantasie.«
    Aber der Bürgermeister, der der Ansicht war, er habe seine Pflicht mehr als erfüllt, schlug sich auf Dalziels Seite.
    »Sie haben recht, Andy«, sagte er. »Lassen Sie uns den Anfang machen, dann kommen all die guten Leute hier endlich zum Essen.«
    Er war von dem rührenden Glauben erfüllt, man verehre ihn wie ein Mitglied des Königshauses, und niemand würde etwas essen, bevor er aß, oder gehen, bevor er ging. Dem widersprach allerdings der unablässige Strom von Gästen, die nun, da es auf eins ging, dem Ausgang zustrebten. Allerdings war seine Frau

Weitere Kostenlose Bücher