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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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immer noch keine Ahnung, um was es geht! Sie reden um den heißen Brei herum!«
Sie nickte, starrte in die Büsche und sagte dann seltsam gläsern: »Es geht um eine Gruppe von Schwulen, die Immobilien kaufen, in Fonds packen und die dann an die verehrte Kundschaft veräußern. Mit Mietgarantien von fünfundzwanzig Jahren. Und das ist, vorsichtig ausgedrückt, eine Schweinerei! Niemand kann eine Miete über fünfundzwanzig Jahre garantieren. Eigentlich. Allerdings ist in diesem Fall der Garantiegeber das Land Berlin, denn die Bankgesellschaft ist letztlich eine Landesbank. Und das heißt, wir Bürger müssen für das aufkommen, was die Nieten an der Spitze der Bank anrichten.«
»Was aber hätte ich dabei raten oder wissen können? Das ist doch längst Gegenstand von Ermittlungen«, sagte er. »Und was soll dieser Hinweis auf die Schwulen?«
»Ich habe nichts gegen Schwule«, erklärte sie. »Viele sind nett und amüsant. Aber wenn die Bank für einhundertfünfundzwanzig Millionen Euro ein Einkaufszentrum kauft, nur weil Sittko in der Nacht zuvor mit irgendeinem fünfundzwanzigjährigen Assistant Manager geschlafen hat, dann ist das ein rechtliches Problem. Oder nicht?«
»Das kann so sein. Was wollte Ihr Mann genau von mir wissen?«
»Was jüngere Menschen über Schwule denken, wie sie Schwule empfinden. Ob …«
»Was soll das, Frau Sirtel? Was hat Homo-oder Heterosexualität mit rechtlichen Problemen zu tun? Stellen Sie sich eine Bankmanagerin vor, die mit einem Azubi aus der Devisenabteilung schläft. Am nächsten Tag darf der zur Belohnung einen Haufen kritischer Aktien kaufen. Was ist dann?« Er starrte sie an, er war fassungslos. Gleichzeitig dachte er, sie will über das kostbare Söhnchen nicht reden, sie sucht sich ein anderes Schlachtfeld.
»Aber Sittko versammelt nur Schwule um sich und …«
Mann unterbrach sie wieder barsch: »Wenn dieser … Sittko schwul ist, dann ist das sein Problem, wenn es überhaupt ein Problem ist. Es kann nicht sein, dass Ihr Mann darüber mit mir sprechen wollte. Frau Sirtel, meine Tante Maria hat angedeutet, dass Ihr Mann Kummer wegen Ihres Sohnes hatte. War es das?«
»Das mit unserem Sohn war nichts. Das hat sich erledigt«, sagte sie schnell und ihre beiden Hände flogen abwehrend hoch.
Mann schien es, als bewegte sie sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs. »Das freut mich.«
»Mein Mann war ganz durcheinander in der letzten Zeit«, fuhr sie mit unsicherer werdender Stimme fort. »Er war wirklich vollkommen durcheinander.« Sie legte langsam die Hände vor ihr Gesicht und weinte.
Verunsichert betrachtete Mann die Frau. »Es tut mir Leid«, sagte er schließlich leise. »Ich kann Ihnen nicht helfen, ich wüsste nicht wie. Machen Sie es gut.«
Er stand auf und verließ das Grundstück. Er setzte sich in sein Auto, starrte auf die Fahrbahn und rauchte eine Zigarette. Dann rief er Ziemann an.
»Es war verrückt und vollkommen wirr«, erzählte er. »Die Frau redete plötzlich von irgendwelchen Schwulen, die Immobilien kaufen. Und ich weiß immer noch nicht, was Sirtel von mir wollte. Was soll das mit den Schwulen? Die tickt doch nicht richtig!«
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe Ziemann antwortete. »Ich habe damit gerechnet, dass das eines Tages hochkocht. Ich glaube, ich kann dir das erklären. Habt ihr über den Sohn gesprochen?«
»Sie hat abgewiegelt. Sie sagte, der Kummer mit dem Sohn habe sich erledigt. Das war das blödeste Gespräch, seit ich Leute ausfrage.«
Ziemann lachte. »Komm zu mir nach Haus. Hoffmanns Promenade achtzehn, tiefstes Kreuzberg. Meine Frau hat Tatar gemacht. Mit Eigelb, Zwiebeln und Tabasco. Das richtet dich wieder auf.«
»Ja, denn«, sagte Mann erleichtert.
VIERTES KAPITEL 
    Sie saßen in der Küche auf der Eckbank. Eine tief hängende Lampe beleuchtete allerlei Deftiges auf dem Tisch: verschiedene Sorten Wurst und Käse, Oliven, Weinblätter und das gerühmte Tatar. Draußen vor dem Fenster rollte sanft und nicht allzu laut der Abendverkehr. Aus dem Stock über ihnen hörten sie streitende Stimmen, die tiefe, raue und atemlose eines Mannes und die hohe, hysterische, angstvolle einer Frau. »Gleich schlägt er sie wieder«, murmelte Erna Ziemann. »Es ist schrecklich und das geht jeden Tag so. Erich hatte ihm einen Job besorgt, aber er hört mit dem Trinken nicht auf. Er fängt sich einfach nicht.« Erna Ziemann war eine dickliche Frau mit kurzem grau gelocktem Haar und einem weichen, runden und hübschen Gesicht. Sie hatte Mann die Hand

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