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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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warst rechts unten auf dem Bildschirm und bestimmt hat das niemand sonst gesehen. Dann blieb das Bild so und man sah, dass du dich bücktest, und dann kamst du wieder hoch. Und … und du hattest eine Hand oder so was in der Hand.« Sie schwieg hilflos und wischte sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Es war so furchtbar, Jochen. Du warst nicht mehr du.«
Mann stand auf, setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schulter. Verdammter Mist, dachte er verwirrt, was haben diese Medienheinis denn alles gefilmt? Na klar, die hatten Teleobjektive und natürlich sahen sie es als ihre Pflicht an, sie zu benutzen. Er sagte: »Wenn ich so etwas mache, dann denke ich nicht, dass diese Hand eben noch Bestandteil eines lebenden Menschen war. Die Hand ist ein Ding. Ziemann, das ist der Mann, der für den Tatort zuständig war, musste schnell handeln, verstehst du. Weil diese Sache furchtbar viel Staub aufwirbelt. Und alle möglichen Leute stolperten an diesem Tatort herum und kamen sich bedeutend vor. Dabei drohten sie, wichtige Spuren zu vernichten. Wir mussten die Spuren sichern, ehe sie alles vernichtet hatten. So einfach ist das.«
»Warum bist du nicht nach Hause gekommen?«
»Ich musste noch eine Frau besuchen, eine Zeugin. In der Stralauer Straße.«
»Und dann?«
»Dann bin ich zu Tante Ichen. Ich wollte hier nicht reinbrechen und dich aus dem Schlaf holen. Morgens um fünf.«
»Das ist doch nicht normal«, sagte sie heftig. »Du bist doch hier zu Hause!«
»Du kennst die Vorgeschichte nicht. Ich war mit einem Mann verabredet, der Tante Ichen gebeten hatte, einen Termin mit mir zu arrangieren. Ich musste nochmal mit ihr reden. Der Mann ist tot und ich wusste nicht, was er von mir wollte.« Wieso sitze ich eigentlich hier und rechtfertige mich?, kam es Mann plötzlich in den Sinn. Ich muss doch keine Schuldgefühle haben, ich habe doch nichts Unrechtes getan. »Bist du nun wirklich schwanger?«
»Nein, aber mir kam der Gedanke: Was ist, wenn ich schwanger bin und du stirbst? Das hat mir Angst gemacht …«, erklärte Katharina leise.
»Lass uns heute Abend weiterreden. Ich muss zu einem Verhör nach Schöneberg. Zu der Frau des Mannes, den ich gestern treffen sollte.«
Sie hielt die Hände vor ihr Gesicht. »Ich muss auch gleich wieder los. Heute Abend gehe ich mit Gitta ein Bier trinken. Nimmst du den Wagen?«
»Hatte ich vor. Aber wenn du ihn brauchst, dann rufe ich mir ein Taxi.«
»Nein, nein, nimm ihn nur.«
Sie wirkte so verloren. Ich bin schwanger! Du lieber Himmel, was würde ihr beim nächsten Mal einfallen? Alles, was aus der Reihe fiel, schmiss sie aus der Bahn.
»Es wäre besser, wenn du ganz schnell aus dieser schrecklichen Sache aussteigst. Wir haben doch so ein schönes, ruhiges Leben.«
»Ja«, erwiderte Mann in jähem Ärger. »Ein schönes, ruhiges Leben. Und wenn mir ein jugendlicher Angeklagter vorübergehend abhanden kommt, dann ist das der Gipfel an Stress. Vielleicht will ich kein ruhiges Leben mehr. Und jetzt muss ich mich umziehen.«
»Ich kann Gitta auch absagen«, schlug sie hoffnungsvoll vor.
»Warum solltest du?«, fragte er grob.
Er ging durch den Flur in das Schlafzimmer und fühlte sich ekelhaft. Einerseits wollte er Katharina helfen, andererseits ging sie ihm mit ihren übertriebenen Ängstlichkeiten auf die Nerven.
Als er wenig später in das Wohnzimmer zurückkehrte, war Katharina weg.
Auch er verließ das Haus und machte sich auf den Weg nach Schöneberg. Vor dem Haus der Sirtels blieb er eine Weile im Wagen sitzen, er hatte keine Idee, wie er eine fremde Frau dazu bringen sollte, ihm von ihren Sorgen zu erzählen. Er dachte: Wenn irgendetwas faul war in Walter Sirtels Leben, dann wird sie jetzt ihre Chance sehen, auf ewig zu schweigen.
Das Haus war alt und mächtig, zweieinhalbgeschossig, eingerahmt von noch älteren Rotbuchen, abweisend und arrogant. Auf einem weißen Emailleschild stand Dr. Walter Sirtel, Rechtsanwalt und Notar. Termine nach Absprache.
Mann schellte.
Die Frau, die ihm öffnete, war dunkelhaarig und schmal.
»Jochen Mann«, stellte er sich vor. »Staatsanwaltschaft. Kriminalrat Ziemann schickt mich.«
»Ja, wir haben Sie erwartet. Frau Sirtel ist hinten im Gartenhaus. Kommen Sie bitte mit.« Die Frau führte ihn durch einen langen Flur und auf der anderen Seite des Hauses wieder hinaus in einen überraschend heiteren Garten. Am Ende stand ein weißes niedriges Gebäude.
»Dort ist das Wohnhaus«, sagte die Frau. »Frau Sirtel sitzt rechts auf der

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