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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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Generalstaatsanwalt ist weg?«
»Der Chef ist weg«, bestätigte Kolthoff gelassen. »Sei froh, dass du nicht hier bist. Hier ist die Hölle los. Alle stehen rum und reden und keiner weiß was. Wenn was ganz Wichtiges passiert, ruf ich dich an. Wie gefällt dir Ziemann?«
»Gut, sehr gut. Es wird etwas dauern, sagt er. Ein paar Tage. Mir ist Kemal wichtig. Er war für heute Mittag bestellt.«
»Schon gesehen. Ich mach es selbst, wenn es dir recht ist. Hat er eine Chance verdient, ich meine, glaubst du an ihn?«
»Das Problem ist, dass er keinen ordentlichen Job hat und zu viel Fantasie besitzt. Was wäre, wenn wir Sozialarbeit vorschlagen?«
»Und wo?«
»Ich habe an den Jugendkeller in Rixdorf gedacht. Das sind zwar wilde Gruppen, aber nicht kriminell. Und Vorsicht: Es gibt ein Mädchen namens Uschi, ein wilder Feger. Er liebt sie hemmungslos, aber sie will ihn nicht. Es wäre gut, wenn er rauskommt aus seinem Viertel.«
»Und was machen wir mit den achtunddreißig eingeschlagenen Pkws?«
»Noch keine Ahnung«, seufzte Mann.
»Na, vielleicht fällt mir noch was ein«, beruhigte Kolthoff. »Und Daumen hoch für dich. Denk einfach dran, dass du mal in ein anderes Ressort reinriechen kannst. Das ist wichtig.«
Meine Güte, Kolthoff redet wie ein Vater, dachte Mann ein wenig genervt, musste aber grinsen, als er weiterging.
Die Nummer fünfunddreißig in der Kastanienallee war ein altes Bürgerhaus, gut restauriert. Er stieg langsam in den dritten Stock hoch, öffnete die Wohnungstür und blieb stehen.
»Ich bin im Wohnzimmer«, sagte Katharina laut und deutlich.
Sie saß weit vorn auf der Kante des Sofas, sprungbereit wie immer. Ihr blondes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden und sie trug Weiß: eine weiße Hose, ein weißes Hemd, das am Bauch viel Haut zeigte, weiße schmale Slipper.
»Wieso hast du mittags Zeit?«, fragte er und ließ sich in einen Sessel fallen.
»Im Moment ist nicht so viel zu tun«, sagte sie. »Ich habe zwei Stunden. Wie war das da gestern in diesem Restaurant?«
»Schlimm«, antwortete er wahrheitsgemäß.
»Wieso hast du dich nicht rausgehalten? Ich meine, du warst doch nicht dienstlich da.«
»Doch. Ich sollte jemanden treffen – dienstlich. Allerdings kam er vor mir dort an und war tot, als ich eintraf. Warum hätte ich mich raushalten sollen? Ich bin Staatsanwalt.«
»Schon, aber ich dachte immer, so etwas ist was für Spezialisten.«
»Das ist es auch. Aber jemand hat mich um meine Hilfe gebeten, ein Kriminalist. Da habe ich geholfen.«
»Ich habe dich im Fernsehen gesehen. Du hast ausgesehen, als würdest du gleich zusammenbrechen. So verkrampft, so bleich. All diese Leichen. Das ist doch nichts für dich.«
Er wollte wütend fragen: »Was soll das heißen?«, doch stattdessen sagte er: »Was beunruhigt dich eigentlich so?«
»Also so was!«, empörte sie sich. »Da schmeißen Leute Bomben und du bist mittendrin und fragst mich dann, was mich daran beunruhigt! Wie geht es denn jetzt weiter?«
»Ich arbeite an dem Fall mit, solange sie mich brauchen. Dann werde ich wieder meinen normalen Job machen. Keine Sorge, es passiert nichts, wir klären nur auf.«
»Und was ist, wenn sie dich behalten wollen?«
»Dann kann ich immer noch darüber nachdenken, ob ich das machen will oder nicht. Auf jeden Fall liegt die Entscheidung bei mir.« Mann lächelte leicht. Vor vierundzwanzig Stunden war ihm der Gedanke, je etwas anderes als Jugendkriminalität zu machen, noch so fremd gewesen wie ein tibetanischer Yeti.
»Ich glaube, ich bin schwanger.«
»Aber … aber, du verhütest doch.« Er war erschrocken.
»Irgendetwas ist durcheinander bei mir. Das musste ich dir jedenfalls sagen, deshalb mache ich heute Mittagspause.«
»Das glaube ich nicht«, sagte er leise. Katharina war die Ordnung in Person. Sie würde eine Schwangerschaft generalstabsmäßig planen und vorher jedes Für und Wider gründlich abwägen, aber sie würde es nie im Leben einfach passieren lassen. »Was ist wirklich mit dir los?« Er zündete sich eine Zigarette an, holte sich einen Aschenbecher von einem Bücherregal, setzte sich wieder.
»Hör zu«, sagte er sanft, weil sie nicht antwortete. »Irgendetwas hat dir Angst gemacht. Was ist es?«
Sie schwieg sehr lange. Dann räusperte sie sich ausgiebig. »Ich habe im Fernsehen gesehen, wie du über die Trümmer gestiegen bist. Und irgendwelche Leute standen da rum, und da waren viele Leute, die fotografierten, und viele Fernsehkameras. Und du wurdest klein. Also, klein im Bild, du

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