Die Raffkes
gerade mein altes Leben verloren. Wie bist du darauf gekommen, Koniew um Hilfe zu bitten?«
»Das ergab sich so«, sagte er leichthin. »Ich werde dir später alles ausführlich erzählen.«
»Ich will jetzt heim, ich brauche neue Klamotten und ich will duschen.«
»Das kannst du dir abschminken. Du kannst jetzt nicht zurück in deine Wohnung.«
»Aber wieso denn nicht? Die Bank schmeißt mich nun raus und das war’s.«
»Ich bin gar nicht mal so sicher, dass sie dich rausschmeißen«, widersprach er. »Die Bank wird auf jeden Fall versuchen wollen, dich vom Reden abzuhalten. Also werden sie erst mal sehr generös und liebenswürdig zu dir sein.«
Sie waren erst wenige Meter die Straße entlang gelaufen, als Peter mit dem schwarzen Golf heranrollte und winkte, dass sie einsteigen sollten.
»Ich muss noch eben telefonieren«, sagte Mann.
»Wir sollten aber verschwinden«, mahnte Peter.
»Zwei Minuten«, sagte Mann und ging außer Hörweite.
Er rief Blum an und berichtete: »Wir haben Marion Westernhage. Ich habe sie mit einem Mitarbeiter von Koniew aus dem Fortbildungszentrum herausgeholt. Der Mann hat mir sehr geholfen, aber er musste einen Schäferhund töten, weil der uns angegriffen hat, und er musste einem Mann in den Oberschenkel schießen, um uns die Flucht zu ermöglichen. Wir befinden uns jetzt auf einer Landstraße bei Kehrigk im Spreewald.«
»Ist die Westernhage aussagewillig?«
»Ich denke schon. Sie haben ihr die Augenbraue aufgeschlagen, sie ist ziemlich durcheinander. Zuerst mal muss ich eine Entscheidung treffen, wo wir uns jetzt verkriechen.«
»Was ist, wenn Koniew ein Gegengeschenk fordert?«, fragte Blum düster.
»Lieber Gott, Blum. Das musste ich riskieren«, antwortete Mann schnell. »Wir werden noch viel mehr riskieren müssen. Ich melde mich wieder.«
»Heute noch«, bat Blum. »Um Gottes willen heute noch. Wir müssen uns sehen, wir haben viel zu besprechen. Ich habe jetzt eine Ahnung, wer der letzte Besucher bei Ziemann war.«
»Du lieber Himmel! Wer?«
»Ein Oberstaatsanwalt«, sagte Blum. »Schluss jetzt. Sucht euch einen sicheren Bunker und melde dich.«
Mann war verwirrt: Wieso ein Oberstaatsanwalt? Was konnte der von Ziemann gewollt haben? Und wieso hatte er ihn nicht zu sich bestellt?
Mann setzte sich neben Peter. »Wir können fahren.«
»Das ist ja schön und gut«, sagte Peter. »Aber wohin?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Mann mutlos.
»Was ist los?«, fragte Marion.
»Später!«, sagte Mann.
»Moment«, sagte Peter. »Ich rede kurz mit meinen Leuten.« Auch er stieg zum Telefonieren aus. Marion und Mann konnten beobachten, wie er ruhig etwas erklärte, dann hörte er lange Zeit zu, nickte und steckte das Handy in die Tasche.
Als er wieder hinter dem Lenkrad saß, sagte er: »Väterchen will, dass wir erst einmal auf Nummer sicher gehen. Er will abwarten, wie die Bankleute reagieren, und mit ein paar Leuten reden. Ich soll euch zu Schürmanns Grab bringen.« Er startete den Wagen.
»Das klingt nicht besonders gut«, meinte Marion.
»Das klingt nicht gut, ist aber sicher«, erklärte Peter. »Im Übrigen – an der ersten Raststätte bestehe ich auf ein Frühstück. Es muss fettig sein, mindestens drei Spiegeleier enthalten und zwei Liter schwarzen Kaffee und andere wilde Sauereien.«
»Das ist eine gute Idee«, sagte Mann. »Aber erzähl doch kurz, was Schürmanns Grab ist, dann halte ich auch den Mund.«
»Das tust du niemals«, antwortete Peter. »Aber, na gut. Es gab mal einen Betrüger in Berlin, der richtig gut abgesahnt hatte. Er hatte sich mit sehr viel Erfolg auf reiche Witwen spezialisiert. Aber dann begann er Fehler zu machen, achtete nicht mehr richtig auf seine Deckung und dann waren die Bullen hinter ihm her. Soweit wir das wissen, hatte er gut zwei Millionen angehäuft. Und die wollte er natürlich behalten und in Ruhe genießen. Also beschloss er eines Tages, sich unsichtbar zu machen. Und er landete in AltGaarz. Da fahren wir jetzt hin. Schürmann bezog ein kleines Häuschen, er war der sechste Einwohner der Ortschaft und nannte sich Meier, Wilhelm Meier. Ob ihr es glaubt oder nicht, Schürmann verbrachte dort etwa elf ruhige Jahre. Dann fiel er auf. Und zwar deshalb, weil er einen Kinderwagen aus dem See zog, mit einem Baby drin. Die lokale Gazette berichtete über den Lebensretter von AltGaarz und ein Kripomann sah das Bild und dachte: Den Herrn kenne ich doch. Da war es dann aus mit Schürmann. Später hat Väterchen das Haus billig gekauft, weil er Schürmanns
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