Die Raffkes
rückwärts durch die Tür, warf sie auf das Bett und hatte den Eindruck, als ob ihr Körper Staubwolken aufwirbeln würde. Als er sich neben sie fallen ließ, stellte er fest, dass es wirklich Staub war. Sie mussten beide husten und gleichzeitig lachen.
Marion sagte: »Halt mich fest, halt mich einfach nur fest.«
»Zieh dir erst diese furchtbaren Klamotten aus«, bat er. »Sieh mich an, ich bin nackt.«
Sie handelte schnell und gierig. Sie zog seinen Kopf zwischen ihre Beine, forderte erstickt: »Geh mit dem Mund auf mir spazieren.« Dann schrie sie sanft, ihr Rücken versteifte sich für eine kleine Ewigkeit, sie griff ihn an den Schultern und drehte ihn um, sie ritt ihn, schien Kraft zu haben ohne Ende, und als er laut stöhnte, murmelte sie: »Das ist gut. Das ist gut.«
Einen Augenblick lag sie keuchend neben ihm. Bewegte ihre Hände auf seinem Kopf, legte sich auf den Rücken, zog ihn auf sich, schlang ihre Beine um ihn. »Ich habe immer an dich gedacht, jede Stunde, jede Minute.« Dann entzog sie sich ihm wieder, biss ihm sanft in den Bauch, saß auf ihm, zeigte ihm all ihre Sehnen, wie er es niemals gesehen hatte. Und er dachte an all die Jahre in seinen harmlos keuschen Betten und stellte voll Glück fest, dass es einen Menschen wie sie gab.
Irgendwann murmelte er: »Das Bett quietscht wie eine alte Kommode.«
»Das ist eine alte Kommode«, gab sie zurück. »Gleich wird es zusammenbrechen. Und ich habe Sand zwischen den Zähnen.«
»Das ist Staub. Schau dir die Decke an. Da sind vier Weberknechte, die uns beobachten.«
»Spanner!«, sagte sie voll Verachtung.
»Sie wollen was lernen«, nuschelte er.
»Was würdest du jetzt essen wollen?«
»Dich«, sagte er. Er küsste ihre Brüste und spürte, wie sie sich aufs Neue erregte, wie sie sich zusammenzog, streckte, nach ihm tastete, ihn ganz fest umfasste.
Ein Schauder überlief ihren Körper und sie klagte: »Ich will dich schon wieder!«
»Ich habe nichts dagegen einzuwenden«, lächelte er. »Das gehört zum Service.« Dann sah er ihr in die Augen und sagte: »Danke!«
Sie strahlte ihn an, wurde aber unvermittelt ernst. »Ich werde uns daran messen, ob wir das Glück ein wenig halten können. Die Chinesen sagen: Glück ist immer ein Augenblick. Wir müssen versuchen viele solcher Augenblicke zu sammeln.« Als Mann aufwachte, war der Platz neben ihm leer. Er hörte Marion unten in der Küche hantieren und die leisen Geräusche stimmten ihn zärtlich. Im nächsten Moment überfiel ihn ein Schrecken, dass er die telefonische Verabredung mit Blum versäumt hatte. Aber die Uhr beruhigte ihn, er hatte noch eine Stunde Zeit. Gleich werde ich ihr die erste Frage stellen müssen, dachte er. Hoffentlich mache ich nichts kaputt.
ZEHNTES KAPITEL
Eine Nachbarin hatte Marion Kartoffeln und paar Eier geschenkt. So waren es Bratkartoffeln mit Spiegeleiern geworden und merkwürdigerweise hatte Marion eine Dose Spargelspitzen geöffnet. Sie saßen in der Küche, waren still, vergnügt, erschöpft. Und wann immer es ging, berührten sie sich. »Ich muss dir ein paar Fragen stellen«, begann Mann schließlich behutsam. »Ich bin verpflichtet, meinen derzeitigen Vorgesetzten darüber zu informieren, was ihr Frauen in Kehrigk eigentlich zu tun hattet.« Sie nickte, dann sagte sie leise: »Es ist nicht fair, mich aus meinem Himmel zu holen.«
»Mit welchem Auftrag seid ihr dort versammelt worden?«
»Wir sind dort hingebracht worden, um die Rechner von insgesamt siebenundzwanzig Vorstandsmitgliedern auf eine Linie zu bringen. Das heißt, dass die Festplatten dieser Computer, auf denen natürlich besondere Leckerbissen versammelt sind, genau durchgesehen und dann alles vernichtet werden musste, was eventuell das Interesse der Strafverfolger erregen könnte.« Sie senkte den Kopf und fragte ironisch: »Habe ich das deutlich genug formuliert?«
»Ja, danke«, antwortete er sachlich. »Ist das eine langwierige Aufgabe?«
»Ja, das ist es. Das dürfte noch die ganze kommende Woche dauern.«
»Gibt es ein Beispiel für so einen ›Leckerbissen‹?«
»Hm … Kennst du den Lausitzring, diese Rennstrecke?«
»Klar«, nickte er.
»Gut. Die Rennstrecke war ein Politikum.
Die Regionalpolitiker von Berlin und Brandenburg wollten der Bevölkerung eine Rennstrecke schenken. Finanziert werden sollte das Ganze mit Geldern von der Europäischen Union. Aber die zweihundertvierzig Millionen – damals noch D-Mark –, die Brüssel bewilligt hatte, reichten nicht. Also schossen wir, die
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