Die Ranch
Pferde anzurühren. Während das große Vehikel davonfuhr, winkte er ihr mit seinem Cowboyhut. Zoe fragte sich, ob sie die Ranch je wieder sehen würde, und Mary Stuart hoffte, Hartley in New York zu treffen, wenn sie aus London zurückkehrte. In den beiden letzten Wochen hatten sich so viele Fragen erhoben, und nicht alle waren beantwortet worden.
Vorsichtig steuerte Tom das Wohnmobil die schmale Bergstraße hinab, und die drei Frauen setzten sich, jede in ihre eigenen Gedanken versunken – Erinnerungen an die Träume, die sie auf der Ranch zurückgelassen hatten. Es dauerte lange, bis sie das Schweigen brachen.
21
Als das Wohnmobil in San Francisco vor Zoes Haus hielt, schliefen alle. Stundenlang hatten sie über die Männer in ihrem Leben geredet, und nach dem Abendessen, das sie mit Tom geteilt hatten, waren sie eingeschlummert. Tanya musste Mary Stuart und Zoe wecken, die lächelnd ihre Augen öffnete. Dann bat sie die Freundinnen, für eine Minute mit hineinzukommen und ihr Kind zu bewundern, obwohl es um diese Zeit schon schlafen würde.
Sie stiegen die Eingangsstufen hinauf und warteten, bis Zoe in ihrer Handtasche den Schlüssel fand. So leise wie möglich drehte sie ihn im Schloss herum, und auf Zehenspitzen schlichen sie durch den Wohnraum und nach oben, in Jades Zimmer. Überall lagen Spielsachen, ein benutzter Teller stand am Boden. Sam schlief auf der Couch, das kleine Mädchen im Arm, sie hatten auf Zoe gewartet. Inge war längst ins Bett gegangen, aber Sam hatte mit Jade aufbleiben wollen, damit sie ihre Mommy wieder sehen konnte.
Gerührt betrachteten die drei Frauen das idyllische Bild. Zoe neigte sich hinab, um das schlummernde Kind zu küssen. Da öffnete Sam die Augen. Grinsend erwiderte er ihren Blick. Auch er wurde geküsst – erst auf die Wange, dann auf die Lippen. »Ich habe dich vermisst«, flüsterte er, stand auf und begrüßte die anderen. Dabei drückte er Jade immer noch an sich. Sie schlief tief und fest und rührte sich nicht. »Sie wollte unbedingt auf dich warten«, erklärte er und legte seinen freien Arm um Zoes Schultern. »Und ich auch. Bist du okay?«, fragte er besorgt, und sie nickte.
Bald danach verabschiedeten sich Mary Stuart und Tanya. Tom hatte beschlossen, starken schwarzen Kaffee zu trinken und sofort weiterzufahren, damit sie am Morgen, sechs Stunden später, in L.A. eintreffen würden. Obwohl die beiden Frauen gern etwas länger bei Zoe geblieben wären, stimmten sie zu. Nun musste sie erst einmal mit Sam allein sein. Er stand neben ihr vor der Haustür, und sie winkten dem Wohnmobil nach. Dann führte er sie ins Wohnzimmer, legte das Kind auf die Couch und küsste sie liebevoll.
Um sechs Uhr morgens kam das Wohnmobil in L.A. an; seit der Abreise aus Wyoming waren fast vierundzwanzig Stunden vergangen. In Tanyas Haus fand Mary Stuart ein Fax ihres Mannes, der sich erkundigte, wann ihre Maschine in London landen würde. Sie hatte den Flug bereits gebucht, aber Bill noch nicht darüber informiert. Auf Tanya warteten zahlreiche Nachrichten – von ihrer Sekretärin, von Anwälten und Agenten. Immer noch unter dem Eindruck ihres wundervollen Urlaubs, fand sie das alles nicht mehr so wichtig. Als die Sonne aufging, saß sie mit ihrer Freundin am Küchentisch, und beide vermissten die Ranch, wo sie so viel zurückgelassen hatten, und außer Gordon und Hartley gab es kaum ein Gesprächsthema.
»Wann fliegst du nach London?«, fragte Tanya.
»Am Mittwoch. Es sei denn, du willst mich früher loswerden.«
»Machst du Witze? Ich wünschte, du würdest für immer bei mir wohnen. Und ich hoffe, dass du bald zurückkommst.« Sie hatten Zoe das Versprechen abgenommen, mit ihnen beiden in Verbindung zu bleiben, und nun besprachen sie, dass sie möglichst bald ein Wochenende zu dritt verbringen würden, vielleicht in Tanyas Malibu-Strandhaus. Nie wieder durfte die räumliche Distanz – oder noch schlimmer: eine Tragödie – zu jahrelanger Entfremdung führen.
Tanya verschwand mit Jean im Arbeitszimmer, denn nach ihrer zweiwöchigen Abwesenheit mussten einige Entscheidungen getroffen werden. Am frühen Abend rief Gordon an und erklärte, wie schmerzlich er sie vermisste. Er war zur Parker Ranch gefahren, hatte sie gründlich inspiziert und einen Bauunternehmer beauftragt, die Renovierungsarbeiten zu planen. Allzu lange würde es nicht dauern, bis sie einziehen konnten. Tanya schilderte ihre deprimierende Rückkehr in die reale Welt, und er bat sie, durchzuhalten, bis
Weitere Kostenlose Bücher