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Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nicht. Hatte schon Klos gesehen, die größer waren als
dieses Loch. Toilettentisch, Eisenbett, wackliger Stuhl: mehr paßte nicht rein.
Das Richtige für Leute mit Platzangst.
    Ferrand schloß das Fenster, das
auf die Eisenbahnschienen hinausging. Das donnernde Rollen eines Güterzuges,
der die Nacht für sich allein beanspruchte, wurde etwas leiser. Ein Nachtfalter
flog wie besinnungslos gegen die nackte Glühbirne.
    „Aber das hier wird bald ein
Ende haben“, fuhr Ferrand fort. Er pflanzte sich vor mir auf. Seine Augen
glänzten:
    „Ich bin auf was gestoßen.“
    „Etwas, was Glück bringt?“
fragte ich lächelnd.
    „Hab Ihnen doch von mehreren
Millionen erzählt. Haben Sie’s vergessen?“
    „Ach, weißt du! So was hör ich
so oft... Und ich warte immer noch darauf, daß du mit Einzelheiten rausrückst.“
    „Sofort! Setzen Sie sich.“
    Er als Gastgeber setzte sich
aufs Bett. Vorsichtig zog ich den Stuhl zu mir ran und setzte mich. Er hielt
mehr aus, als ich gedacht hatte.
    „Und?“
    Das Zimmer war klein, und die
Möbel standen so ungünstig, daß unsere Nasen sich beinahe berührten. Wir
bliesen uns unseren Atem ins Gesicht.
    „Haben Sie mal was von den
Ratten von Montsouris gehört?“ fragte mein Gastgeber.
    „Mein Freund Marc Covet hat sie
so getauft, im Crépuscule “, sagte ich, „Einbrecher, die sich
hauptsächlich hier im Viertel betätigen, stimmt’s? Avenue du
Parc-de-Montsouris, Rue de la Tombe-Issoire...“
    „Usw. usw. Ja. Nun...“
    Er stieß sich mit seinem
spitzen Daumen gegen seine eingefallene Brust.
    „Ich bin einer von denen.“
    „Ach, wirklich? Und warum
erzählst du mir das?“
    „Um Ihr Vertrauen zu gewinnen.“
    „Hm... Willst du die Jungs
hochgehen lassen?“
    Er protestierte heftig und
fuchtelte mir mit der knochigen Hand vor dem Gesicht rum.
    „Wofür halten Sie mich?“
zischte er entrüstet. „So einer bin ich nicht. Nicht daß mir die Brüder zuviel
bedeuten... Ganz im Gegenteil. Aber so was ist nicht meine Sache.“
    Er zog die Jacke aus und legte
sie neben sich auf die Bettdecke. Dann wischte er sich mit einem schmierigen
Taschentuch über die Stirn. Seine Nervosität wuchs. Er fing wieder an, sich die
Hände zu reiben. Ich mußte mir ebenfalls den Schweiß von der Stirn wischen.
Kackheiß war es in diesem Karnickelstall.
    „Ja, das ist aus mir geworden“,
seufzte Ferrand. „Ein alberner Einbrecher! Ich arme Sau! Dabei war ich immer
wie aus dem Ei gepellt. Erinnern Sie sich noch, hm? Hatte Geld wie Heu, mit
meinen beiden Weibern. Und jetzt...“
    Er spuckte auf den Boden. Traf
genau die Stelle, die noch frei war.
    „Tja, mein Lieber“, fuhr er
fort, „hab zehn Jahre in Fresnes gesessen. Erst vor kurzem bin ich
rausgekommen. Und da mußte ich feststellen... Sehen Sie, ich bin verarscht
worden. Die beiden Huren hatten sich verpißt. Und dann...“
    Er sah mich an wie ein
geprügelter Hund.
    „Sie haben doch sicher schon
von der Solidarität im Milieu gehört, oder? Wo Sie doch Freunde bei den Journalisten
haben...“
    Ich lächelte, sagte aber
nichts.
    „Sie verstehen schon“, sagte
er. „Die Solidarität, alles Quatsch!“
    Er legte den Kopf in den Nacken
und sah 2ur Decke, um sie als Zeuge anzurufen für die Undankbarkeit unter den
Menschen. Der Nachtfalter schwirrte immer noch wie bekloppt gegen die
Glühbirne.
    „Eine schöne Scheiße“, fluchte
Ferrand. „Das Milieu hat mich ohne weiteres fallengelassen, als ich aus dem
Knast kam. Hatte noch Glück, daß ich auf so einen armen Schlucker gestoßen bin.
Spezialisiert auf Einbruch. Ohne den könnte ich mich einäschern lassen.“
    „Und der Einbrecherkönig...“
    „...ist einer von diesen
berühmten Ratten, wie Ihr Journalist sie genannt hat.“
    „Und seitdem bist du
Einbrecher?“
    „Ja-“
    „Viel bringt das sicher nicht
ein.“
    „Kann man nicht sagen,
verdammt.“
    „Wie viele seid ihr in der
Bande?“
    Wieder fuchtelte er mit dem
Zeigefinger.
    „Nein, mein Lieber! Um die
geht’s nicht.“
    „Ja, worum geht’s denn dann?
Verdammt nochmal! Wenn ich die Frage noch oft wiederhole, komm ich mir vor wie
Marschall Foch. Fehlt mir nur noch der Stab.“
    Ferrand kam noch näher.
    „Ein ganz heißes Ding“,
flüsterte er. „Da will ich die Hornochsen von Montsouris nicht dabeihaben. Die
stören nur. Sie dagegen, Saubert...“
    „Ich dagegen...“
    „Sie sind dafür genau der
Richtige!“
    „Davon bin ich überzeugt“,
sagte ich lachend. „Ich schlage alle Geheimnisse k.o. Und

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