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Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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merkte. War
alles schon erledigt. Die Hosentaschen hingen noch raus. Und die Jacke war vom Bett
verschwunden.
    Am besten, ich machte es
genauso wie die Jacke, bevor ich mir einen Schlag auf den Hinterkopf einfing.
Vorher wischte ich noch meine Fingerabdrücke von Stuhllehne und Lichtschalter,
gleichzeitig löschte ich das Licht.
    Im Hausflur wartete keine böse
Überraschung auf mich. Auf der Straße folgte mir niemand. Keine Menschenseele.
Eigentlich ein harmloses Viertel.
    Durch die Passage Bournisien
und die Rue Vercingétorix gelangte ich ohne weitere Zwischenfälle in die Avenue
du Maine. In der Rue de la Gaieté waren noch zwei oder drei Bistros geöffnet.
Am frühen Abend hatte ich hier meinen Wagen geparkt.
    Ich klemmte mich hinters Steuer
und fuhr nach Hause. Eine gute Idee. Nur hatte ich das Gefühl, den widerlichen
Blutgestank mit mir rumzuschleppen.
    Ich irrte mich nicht. Zu Hause
sah ich, daß meine Jacke blutbeschmiert war. Das gab mir zu denken. In Ferrands
Zimmer konnte das nicht passiert sein. Hatte mich in pietätvoller Entfernung
gehalten, eben weil ich nicht Rot flaggen wollte. Also...
    Also stammte das Blut von dem
Morgenmantel der Rothaarigen. Ein Andenken an unsere zweite Begegnung im
Treppenhaus. Und wenn das Blut von dem Morgenmantel der Rothaarigen stammte...
    Ich kippte eine eiskalte
Erfrischung runter, dann schob ich ein Schlafmittel hinterher und legte mich
ins Bett. Nackt. Wie die Rothaarige unter ihrem Morgenmantel. Bei diesem
Gedanken kam mir noch ein zweiter. Etwas spät! Ich fluchte. Ein richtiger
Treppenwitz.

6.

Schwätzen und Schweigen
     
    Kurz vor elf wachte ich auf.
    Privatflic mit dem Leichentick, kam mir in den Sinn. Ein
schöner Morgengedanke, wie von Arthur Rimbaud.
    Die Sonne knallte auf Paris.
Heute versprach es genauso heiß zu werden wie gestern. Ich stand auf und
versuchte, meinen Kater zu vertreiben. Dann reinigte ich meine Blutjacke, so
gut es ging, hängte sie weg, duschte, rasierte mich, zog mich an. Bevor ich
mich zur Agentur Fiat Lux begab, steckte ich meinen Revolver ein. Man sollte
mich kein zweites Mal ohne erwischen!
    „Da sind Sie ja endlich“, rief
die schöne Hélène, als ich ins Büro trat. „Fünf Minuten später, und ich hätte
Sie angerufen.“
    Ich warf meinen Hut in Richtung
Kleiderständer. Er landete auf dem Boden. Knapp daneben ist auch daneben.
    „Erst mal sagt man bei uns zu Hause ,Guten Tag’!“ wies ich meine Sekretärin zurecht.
    „Guten Tag.“
    „Guten Tag, mein Schatz. Warum
wollten Sie mich denn anrufen? Ein Kunde, der’s besonders eilig hat?“
    „Nein. Wollte nur wissen, wo
Sie steckten.“
    „Besorgt?“
    „Ich wollte nur wissen, wo Sie
steckten, mehr nicht.“
    Und dabei fuhr sich meine
Sekretärin mit der Hand — wie so oft — durch das kastanienbraune Haar.
    „Bin spät zu Bett gegangen“,
gab ich Auskunft. „Und genau daher komme ich gerade. Hab mich erst vor zehn
Minuten rasiert.“
    „So genau wollte ich’s gar nicht
wissen.“
    Ich strich mir über die
glattrasierten Wangen.
    „Aber ich erzähl’s Ihnen ganz
genau.“
    „Ja und?“
    „Dann eben nicht“, seufzte ich
achselzuckend. „Als hätte ich Ihnen nie beigebracht, aus den uninteressantesten
Bemerkungen interessante Schlüsse zu ziehen. Na ja, macht nichts. Mir gefällt
ihr Lippenstift auch nicht. Außerdem färbt er ab.“ Plötzlich zuckte ich
zusammen und verzog das Gesicht. Eine falsche Bewegung hatte mich schlagartig
daran erinnert, daß ich gestern nacht die Treppe
runtergeflogen war. Fluchend rieb ich mir die Nierengegend.
    „Was ist los?“ fragte Hélène.
„Rheuma? Na ja, in Ihrem Alter...“
    „Hab gestern nacht mit ‘ner
Rothaarigen gewagte Turnübungen trainiert.“
    „Mit Madame...“
    „Nein, ‘ne andere.“
    „Tatsächlich? Wieviele brauchen
Sie denn? Gewagte Turnübungen? In Ihrem Alter, wie gesagt... Man kann Sie aber
auch keinen Abend alleinelassen. Ich dachte, Sie hätten sich mit einem gewissen
Ferrand verabredet, Gewohnheitshäftling und Gelegenheitserpresser.“
    Das Fluchen hatte die Schmerzen
verscheucht. Ich setzte mich.
    „Stimmt. Aber da war noch ‘ne
Rothaarige.“
    Hélène zwinkerte mir zu.
    „Und hat ihr Rouge auch
abgefärbt?“
    „Sie wissen gar nicht, wie
recht Sie haben!“ Ich wurde ernst.
    „Aber jetzt mal Schluß mit dem
Quatsch! Sie küssen mich ja sowieso nicht... Jawohl, sie hatte was Rotes an
sich, das abgefärbt hat. Und wie!“
    Ich schwieg ‘ne Weile.
    „Ferrand ist tot“, erklärte

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