Die Rebellen von Irland
gehaltenen Garnisonen in Ulster zurückzuerobern und Owen Roe O’Neill vernichtend zu schlagen, war das Rückgrat des Aufstands gebrochen. Gleichwohl barg eine solche Strategie Risiken. Die Garnisonen waren stark, und ehe er in Ulster einfiel, musste er die größte befestigte Hafenstadt von allen nehmen.
Drogheda. Oder Tredagh, wie die Engländer sie nannten, um der irischen Aussprache des Namens möglichst nahezukommen. Bald nach dem Eintreffen der Nachricht hatte Ormond die Garnison mit einem Teil seiner besten Soldaten verstärkt, die Sir Arthur Aston, ein altgedienter Offizier, befehligte. Als Freiwilliger ohne Ausbildung im Kriegshandwerk war Walter nicht ausgewählt worden. Und so hatte er sich gestern heimlich aus Ormonds Lager davongeschlichen. Wenn er erst einmal dort war, so sagte er sich, würden sie einen zusätzlichen Mann kaum abweisen.
Er hatte nur noch ein paar Meilen am Nordufer des Boyne entlangzureiten, bevor die alte Stadt in Sicht kam: Drogheda lag auf zwei Hügeln zu beiden Seiten des Flusses und wurde von mächtigen mittelalterlichen Mauern umschlossen, die als uneinnehmbar galten. Als zweitgrößte Hafenstadt in dieser Region nach Dublin war sie von großer Bedeutung, bildete sie doch das Tor nach Ulster. Drogheda wurde von Katholiken und Protestanten bewohnt, hatte sich jedoch geweigert, Sir Phelim und seinen katholischen Rebellen die Tore zu öffnen, und war daraufhin monatelang erfolglos belagert worden. Als regierungstreue Bastion war sie unlängst von Ormonds royalistischen Kräften mit einer Garnison belegt worden. Heute, unter einem trüben, windgepeitschten Himmel, schienen seine grimmigen Verteidigungsanlagen und grauen Kirchtürme zu sagen: »Wir haben uns Sir Phelim und seinen Katholiken nicht ergeben, und wir werden uns auch Cromwell nicht ergeben.«
Als Walter sich näherte, kam ihm ein kleiner Zug von Bewohnern entgegen, die teils zu Fuß, teils mit Karren die Stadt verließen. Offensichtlich wurde Cromwell in Bälde erwartet. Walter ritt durch ein Tor in der Nordwestmauer in die Stadt.
Wenig später meldete er sich bei einem Offizier und wurde in die Kommandantur geschickt, wo er zu seiner Überraschung vom Kommandanten persönlich empfangen wurde. Er wusste ein wenig über Sir Arthur Aston. Er war ein kleiner, energischer Mann, der als einer der wenigen katholischen Offiziere in König Karls Armee gedient und im Krieg ein Bein verloren hatte. Die Soldaten achteten ihn. Zudem war er wohlhabend. »Wie es heißt, soll sein Holzbein mit Gold gefüllt sein«, hatte man Walter erzählt. Aston hatte gehört, dass Walter aus Ormonds Lager kam, deshalb brannte er darauf, mit ihm zu sprechen.
»Ich hatte gehofft, Sie bringen Munition«, sagte er zu dem Kaufmann. »Lord Ormond hat mir versprochen, Pulver und Kugeln zu schicken.« Er schüttelte den Kopf. »Und Owen Roe O’Neill hat mir Soldaten versprochen. Keines von beiden ist eingetroffen.« Er warf Walter einen Blick zu. »Keine Sorge. Die Mauern hier schützen uns, selbst wenn wir keinen einzigen Schuss abfeuern.«
Auf Anordnung Astons wurde Walter einer kleinen berittenen Kompanie zugeteilt, die in einem Gasthaus im Nordteil der Stadt einquartiert war. Ormonds Koalition bestand zwar aus Katholiken und Protestanten, doch Astons Leute waren in der Mehrzahl Katholiken, und die kleine Kompanie, zu der Walter stieß, war rein katholisch. Der Wirt des Gasthauses war ein englischer Protestant, der ihnen freundlich zu verstehen gab, dass er weder für sie noch für Cromwells Leute besonders viel übrig habe. »Aber ich bleibe lieber hier und lasse mir mein Bier bezahlen, als dass ihr Gentlemen es in meiner Abwesenheit umsonst trinkt.« Er war seit einem Jahr Witwer und hatte eine blond gelockte dreijährige Tochter, mit der die Soldaten spielten, um sich die Zeit zu vertreiben. Belustigt darüber, einen Kameraden zu bekommen, der so viel älter war, nannten die Soldaten Walter sofort »Opa«. Als das kleine Mädchen nach dem Grund fragte, antworteten sie ihr: »Hast du denn nicht gewusst, dass das dein Opa ist, Mary? Er ist jedermanns Opa.« Sie wandte sich an ihren Vater, und der Wirt antwortete leutselig: »Die meisten Kinder haben nur zwei Großväter, Mary, aber du hast großes Glück, du hast drei.« Danach verlangte das Kind, den ganzen Abend auf Walters Schoß zu sitzen.
Tags darauf tauchten Cromwells Truppen aus dem Süden auf. Walter beobachtete ihre Bewegungen von der Mauer aus. Als sie auf den Hängen gegenüber ihre
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