Die Rebellen von Irland
Zelte aufschlugen, schätzten die Beobachter, dass Cromwell mit rund zwölftausend Mann angerückt war. Am nächsten Morgen wurde klar, dass seine Artillerie noch nicht eingetroffen war.
»Wahrscheinlich hat er sie auf dem Seeweg geschickt«, vermutete der einbeinige Kommandant. Bei dem anhaltenden Wind seien die Küstengewässer tückisch. »Wenn wir Glück haben, sind seine Transportschiffe untergegangen.« Ohne Artillerie könnte Cromwell gegen die hohen Mauern von Drogheda nichts ausrichten.
In den folgenden Tagen blieb es merkwürdig ruhig. Die Kameraden versuchten, Walter einige Grundbegriffe im Fechten und in militärischer Taktik beizubringen, allerdings mit mäßigem Erfolg. In der übrigen Zeit streifte er durch Drogheda.
Die beiden Teile der Stadt, die jeweils auf einer Flussseite lagen, waren vollständig autark und ummauert. Der Fluss zwischen ihnen war tief und nur über eine mächtige Zugbrücke auf der Nordseite zu überqueren, die sich rasch hochziehen ließ. Im Südteil, der etwas kleiner war, gab es einen Hügel mit einem kleinen Fort darauf und eine Kirche mit einem hohen Turm, der eine weite Aussicht bot. Der Nordteil war mit seinen mittelalterlichen Gassen und geschmackvoll eingefriedeten Gärten sehr ansprechend. Manchmal setzte sich Walter die kleine Mary auf die Schultern und nahm sie auf seine Spaziergänge mit.
In diesen ersten Tagen entsandte Aston immer wieder Stoßtrupps, die den Feind angriffen. Einmal erhielt Walter den Befehl, für den Kommandanten einen Botengang zu erledigen, und hinterher stellte er fest, dass seine Kompanie in seiner Abwesenheit einen Überfall durchgeführt hatte. Es wurde kein Wort darüber verloren, aber er begriff, dass man ihn hatte schonen wollen, und fühlte sich gedemütigt, zumal mehrere seiner Kameraden nicht zurückgekehrt waren. Ein anderes Mal rückte ein größerer Trupp aus, geriet aber in einen Hinterhalt von Cromwells Leuten und wurde aufgerieben. Danach wurden die Ausfälle seltener. Sir Arthur Aston blieb dennoch zuversichtlich. Eines Nachmittags begegneten ihm Walter und ein paar Kameraden zufällig auf der Mauer. Der Kommandant ließ seinen Blick über die Zelte gegenüber schweifen, dann sagte er: »Sie können keine Bresche in die Mauern schlagen, und der Winter steht vor der Tür. Danach, meine Herren, habe ich zwei Verbündete, die ihn mit Sicherheit in die Knie zwingen werden.« Er grinste. »Oberst Hunger und Major Krankheit. Ich kann Ihnen versichern, dass sie Cromwell für mich attackieren werden, während er da draußen im Regen hockt. Bei einer Belagerung in Irland geschieht das immer früher oder später.«
Cromwell lagerte auf dem Südufer des Flusses, und in seiner Nähe gab es keine Stelle, wo er leicht übersetzen konnte. Viele der Bewohner verließen nun die Stadt, was bedeutete, dass die Nahrungsvorräte, die nach wie vor ungehindert durch die Tore auf der Nordseite hereinströmten, umso länger reichen würden. Aston hatte mehrere katholische Priester mitgebracht, die in der großen Kirche für die katholischen Soldaten die Messe lasen. Es war schön, dachte Walter, dass die alte mittelalterliche Kirche wieder für den wahren Glauben genutzt wurde.
Am siebten Tag kamen die Transportschiffe mit Cromwells Geschützen den Boyne herauf. Walter beobachtete, wie die schweren Geräte in ihre Stellungen geschleppt wurden, ein Teil auf die Hänge, welche die Stadt überragten, ein anderer zu dem tiefer liegenden Gelände vor der Südmauer. Am nächsten Morgen überbrachte ein Reiter aus Cromwells Lager eine Botschaft.
Sie war kurz und bündig. Um ein »Blutvergießen« zu vermeiden, wie sich der puritanische General ausdrückte, forderte er die Garnison zur Übergabe auf. Falls sie sich weigere, dürfe sie ihm »keinen Vorwurf machen«.
Der Inhalt der Botschaft war unmissverständlich. Das Kriegsrecht war alt und grausam. Wenn eine belagerte Stadt von der Möglichkeit der Übergabe Gebrauch machte, konnten die Angehörigen der Garnison ihr Leben retten. Wenn sie ablehnten und die Stadt fiel, brauchte kein Pardon gegeben zu werden. Der angreifende General hatte das Recht, alle Kämpfer zu töten. Gewöhnlich einigten sich die beiden Seiten irgendwann auf einen Kompromiss. Gleichwohl wussten die Verteidiger, dass sie mit ihrem Leben spielten, wenn sie das erste Angebot ausschlugen.
Doch Sir Arthur Aston war nach wie vor zuversichtlich. Die Mauern Droghedas waren noch nie durchbrochen worden. Bald machte die Nachricht die
Weitere Kostenlose Bücher