Die Rebellen von Irland
Kanonendonner, und die erste Salve des Tages schlug in der Mauer ein.
***
Den ganzen Morgen hoben sie Gräben aus und schütteten Erdwälle auf, während graue Wolken am Himmel aufzogen und die Einschläge der Kanonenkugeln Mauerwerk regnen ließen.
Die Mauern Droghedas stürzten nicht so leicht ein. An manchen Stellen waren sie fast zwei Meter dick. Doch das mittelalterliche Gefüge aus Steinen, Schotter und Mörtel konnte, so widerstandsfähig es auch war, dem stundenlangen Dauerbeschuss mit Hunderten von Kanonenkugeln nicht standhalten. Nach und nach zerbröckelte es zu großen Schutthaufen an der Basis der Mauern. Gegen Mitte des Nachmittags konnten die Männer an den Gräben durch die große, gezackte Lücke das feindliche Lager auf den Hängen gegenüber sehen.
Kurz nach fünf Uhr humpelte Sir Aston auf seinem Holzbein zu den Schanzbauern und forderte sie auf, sich bereit zu machen. »Cromwells Leute werden durch die Lücke zum Sturm ansetzen«, erklärte er, »aber sie werden zu Fuß über den Schutt klettern müssen. Für die Reiterei ist er zu hoch. Ihr werdet sie ziemlich leicht abschießen können. Denkt an meine Worte.«
Hinter den Gräben war Walters Kavallerieschwadron erschienen. Er wischte sich so gut es ging das Gesicht sauber, klopfte sich den Staub aus den Kleidern und gesellte sich zu ihnen. Dabei fiel ihm auf, dass die Geschütze verstummt waren. Eine seltsame Stille erfüllte die Luft. Aston stand jetzt hinter den Gräben und verteilte die Leute.
Er postierte Musketiere hinter den zwei hinteren Schanzen und im Kirchhof. In vorderster Linie standen Pikenträger. Es bedurfte kräftiger Männer, um die fast fünf Meter langen Piken zu handhaben, deren schwerer Schaft mit einer Furcht einflößenden Stahlspitze versehen war. Walter hatte sich einmal probehalber von einem stämmigen Pikenier seine Waffe geben lassen und war von ihrem Gewicht beinahe umgerissen worden. Doch in geübten Händen war es eine schreckliche Waffe. Wenn die feindlichen Soldaten die erste Schanze erklimmen sollten, würden sie entweder aufgespießt oder vom Musketenfeuer aus dem Kirchhof oder von den beiden Schanzen dahinter niedergestreckt werden. Trotz ihrer umständlichen Lunten- und Steinschlösser konnte ein geübter Musketier drei Schuss pro Minute abgeben.
Während sie warteten, fühlte Walter sein Herz klopfen. Die Stille wurde unheimlich. Zu seiner eigenen Überraschung war er fast zu aufgeregt, um Angst zu haben.
Plötzlich ertönte draußen vor der Mauer Gebrüll. Dann sah Walter Smith Metallhelme durch die Bresche und über den Schutthaufen kommen. Die »Rundköpfe«, wie man die Soldaten des englischen Parlament-Heeres nannte, waren da. Einhundert, zweihundert, er war sich nicht sicher. Er hörte, wie Astons Stimme die Luft durchschnitt.
»Wartet, Musketiere. Wartet.« Die erste Welle hatte den Schutthaufen überwunden, die zweite war noch in der Bresche. Er sah ihren Offizier, einen stattlichen Grauhaarigen. »Feuer.«
Der Zeitpunkt war gut gewählt. Die erste Salve saß und streckte fünfzig Mann nieder. Auch der Grauhaarige fiel. Eine Musketenkugel hatte ihm den Kopf zerschmettert.
»Feuer.« Eine zweite Salve von der dritten Schanze, und wieder stürzten zahlreiche Angreifer. Überall gellten Schreie. Er sah, wie ein halbes Dutzend Männer von Piken durchbohrt wurden. Kein Wunder, dass die Vorhut bei Angriffen wie diesem als »verlorener Haufen« bezeichnet wurde. Die Soldaten, die jetzt durch die Bresche drängten und das Blutbad sahen, schienen zu zögern.
»Auf die Bresche. Feuer.« Eine weitere tödliche Salve traf. Und dann, ganz plötzlich, machten die »Rundköpfe« kehrt. Die Männer in der Bresche versuchten, sich kriechend in Sicherheit zu bringen, doch die Musketiere im Kirchhof, die frei feuern konnten, schossen sie einzeln ab. Unter den Royalisten brach Jubel aus. Cromwells Soldaten flohen.
»Neu laden. Sie werden wiederkommen. Kavalleristen, ladet eure Pistolen.« Astons Stimme, klar und präzise.
Wie die meisten Berittenen hatte Walter zwei Pistolen bekommen, die in Taschen auf beiden Seiten des Sattels steckten. Er lud sie und behielt eine in der Hand. Mehrere Minuten verstrichen, bevor die Feinde wieder angriffen. Diesmal kamen sie schneller, und in größerer Zahl. Die erste Welle hatte fast die Reihe der Piken erreicht, ehe Aston rief: »Feuer.« Und wieder traf sie der vernichtende Hagel der Musketenkugeln. »Kavalleristen, Feuer frei. Gezieltes Feuer.«
Walter legte den
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