Die Rebellen von Irland
holzte Donatus auf seinem Gut zwei Hecken ab, um seine Leute mit Heizmaterial zu versorgen. Und zu Beginn des neuen Jahres stellte er bei einem Besuch in Dublin fest, dass man die Hälfte der Holzgeländer und Pfosten bereits zu Brennholz verarbeitet hatte.
Er traf sich mehrere Male mit Maurice Smith. Dabei machte ihn sein Cousin auch mit O’Byrne bekannt. In der Landfrage tat sich fürs Erste nichts, und es hatte den Anschein, als seien die beiden Männer fest entschlossen, Freunde zu bleiben, was auch immer bei der Sache herauskommen mochte. Was Donatus anging, so war er von dem weltklugen Söldner fasziniert und genoss die Gespräche mit ihm. Was der Soldat über den verschollenen Walter berichtet hatte, hatte sie alle tief berührt. Der vermeintlich so nüchterne Kaufmann war offensichtlich ein viel leidenschaftlicherer Mensch gewesen, als alle vermutet hatten. Maurice sprach nie darüber, aber Donatus spürte, dass er sich dem Vater, den er verloren hatte, auf ganz neue Weise verbunden fühlte. In seinen Augen lag jetzt ein Ausdruck der Ruhe und Freude, wenn er von ihm sprach. Und Donatus war froh, dass Maurice in seiner zweiten Lebenshälfte einen solch unverhofften Quell innerer Stärke gefunden hatte. Wenn überhaupt, so hatte ihn das Wissen, dass sein Vater sein Leben für die katholische Sache hingegeben hatte, nur in seiner Entschlossenheit bestärkt, die Suche nach dem Bischofsstab fortzusetzen. Er sprach davon, im Frühjahr wieder nach Connacht zu gehen.
Aber die militärische Pattsituation konnte nicht ewig dauern. Im Februar ging das Gerücht, dass Wilhelm keine Hoffnung mehr in General Schomberg setze und die Absicht habe, selbst nach Irland zu kommen. Im März landeten mehrere Tausend vom König von Dänemark gemietete Soldaten in Ulster. »Jetzt schicken sie uns wieder die Wikinger auf den Hals«, klagten die Katholiken in Dublin. Doch die Truppen, die ihnen der französische König zu Hilfe schickte, waren in gewisser Hinsicht beinahe ebenso schlimm. Zum einen ließen sie bei ihrem Einmarsch in Dublin alle Zeichen von Arroganz und Verachtung für die Bewohner der Stadt erkennen. Und kaum waren sie da, stellte sich auch noch heraus, dass mehrere Tausend dieser Söldner Protestanten waren!
Den ganzen April hindurch landeten englische, niederländische und deutsche Truppen im Norden. Einer von Wilhelms Marinebefehlshabern wagte sogar einen dreisten Vorstoß in die Dublin Bay und kaperte eines von Jakobs Schiffen. So oder so, glaubte Donatus, musste sich die Lage im Sommer zuspitzen.
In dieser ganzen Zeit gab es nur eine erfreuliche Neuigkeit. Kurz vor Ostern erfuhr Donatus von seiner Frau, dass sie wieder schwanger war.
* **
Der Priester kam eines Tages Mitte Mai an seine Tür. Er war ein alter Mann. Der Umhang, den er sich um den Leib geschlungen hatte, war schlammbespritzt und an mehreren Stellen zerrissen, aber seine blauen Augen blickten durchdringend.
»Haben Sie Erkundigungen über den Stab eingezogen?« Tatsächlich war Donatus den Winter über nicht untätig gewesen. Er war auf die Idee gekommen, an mehrere irische Kollegen auf dem Kontinent zu schreiben. Er hatte ihnen von dem Fund berichtet, den Maurice unlängst gemacht hatte, und angefragt, ob sie etwas über den Verbleib des Stabes wüssten. Die Antworten, die er bislang erhalten hatte, waren höflich und zeugten von lebhaftem Interesse, hatten aber leider keine neuen Erkenntnisse erbracht. Doch man wusste nie, welche Kreise eine solche Anfrage im weit gespannten Netz der irischen Katholiken in Europa zog. Und offensichtlich hatte sie Kreise gezogen. »Ich erhielt einen Brief von einem guten Freund in Douai«, sagte der Priester. »Und da dachte ich mir, ich schaue auf dem Weg nach Dublin bei Ihnen vorbei, bevor ich außer Landes gehe.«
»Haben Sie den Stab gesehen?«, fragte Donatus begierig.
»Das nicht. Aber ein gewisser Pater Jerome O’Neill, der vor zwei Jahren verstorben ist, erzählte mir, dass er ihn gesehen habe. Vor einiger Zeit, so versicherte er mir, sei er dort aufbewahrt worden, wo man ihn vermuten könne.«
»Wo man ihn vermuten könne?«
»Am Amtssitz des heiligen Patrick. Ich glaube, dort könnte man ihn vermuten.«
»Seinen Amtssitz hat man immer im Norden vermutet. In Armagh.«
»Ganz recht. Dort war es auch.«
»Das ist erstaunlich.«
»Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Leider. Aber ich habe nicht den geringsten Grund zu der Annahme, dass er sich geirrt hat. Er war ein äußerst gewissenhafter und hoch
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