Die Rebellen von Irland
tun, wenn seine Zeit gekommen ist. Wir sind Söldner, und das gilt für viele Berufssoldaten, die jetzt in Irland sind. König Billie hat niederländische und englische Soldaten, aber auch dänische und deutsche. Wir haben selbstverständlich irische Rekruten, aber auch Franzosen, Wallonen und sogar Deutsche, von denen die meisten obendrein Protestanten sind. Gott steh uns bei! Es ist ein Söldnerkrieg.«
»Maurice betrachtet es als einen katholischen Kreuzzug«, sagte Donatus Walsh. »Und ich eigentlich auch.«
O’Byrne nahm noch einen Schluck Wein, streckte seine Beine aus und blickte mit halb geschlossenen Augen aus dem Fenster.
»Für Irland stimmt das, da gebe ich Ihnen Recht. Und für England auch, wenn Sie so wollen. Dieser kleine Krieg wird darüber entscheiden, ob Irland protestantisch oder katholisch wird, so viel ist gewiss. Aber ein Kreuzzug?« Er machte eine Pause. »Sehen Sie doch die Hauptkontrahenten an, Donatus. Ludwig XIV. von Frankreich strebt nach der Vorherrschaft in Europa. Ihm gegenüber steht ein großes Bündnis von Ländern: König Wilhelm mit seinen englischen und niederländischen Protestanten, dazu Österreich und Spanien, die beide streng katholisch sind. Und nicht zu vergessen, sogar der Papst. Der Papst steht in diesem Konflikt keineswegs auf der Seite König Jakobs. Er unterstützt den protestantischen König Billie. Die Sache hier in Irland ist nur ein Geplänkel in einem viel umfassenderen Krieg. Überall in Europa wird man in katholischen Kirchen das Te Deum singen, wenn König Billie siegt. So etwas kann ich nicht als Kreuzzug bezeichnen. Sie?«
»Nun ja, aber zumindest kämpfen wir und König Jakob für Irland«, erwiderte Donatus.
»Das wäre ein tröstlicher Gedanke.«
»Wollen Sie nicht einmal das gelten lassen?«
»Ach, die Iren kämpfen für Irland.« O’Byrne schmunzelte. »Altengländer wie Sie eingeschlossen, versteht sich. Vielleicht kämpfe auch ich für Irland, Donatus. Ich nehme es jedenfalls an. Aber König Jakob denkt anders. Er ist Katholik, gewiss. Aber warum hat er, seit er hier ist, so großen Wert darauf gelegt, den Protestanten uneingeschränkte Religionsfreiheit zu gewähren? Er buhlt um die Gunst der Engländer. Während wir hier reden, trägt sich Jakob mit dem Gedanken, mit einem Teil der Armee nach England zu gehen, sobald Billie hier landet. Tyrconnell soll Billie hier in Irland in Schach halten, während er fort ist. Das weiß ich von Tyrconnell persönlich. Der Franzose hält ihn für verrückt, und ich bin mir sicher, dass sie ihn davon abhalten werden. Aber König Jakob will England, nicht Irland. Er kann es nicht erwarten.«
»Dann liegt keinem etwas an Irland?«
»Keinem. König Ludwig nicht, König Billie nicht, und auch König Jakob nicht.« Er nickte nachdenklich. »Irlands Schicksal liegt in der Hand von Männern, die sich einen Teufel um das Land scheren. Das ist seine Tragödie.«
Donatus schied eine Stunde später mit freundschaftlichen Gefühlen von O’Byrne. Aber er kehrte traurig und voller Zweifel nach Fingal zurück. Er konnte nur hoffen, dass der zynische Soldat sich irrte.
***
Maurice Smith klopfte am Ende der ersten Juniwoche an seine Tür. Er war vollständig von seiner Krankheit genesen und brannte darauf, nach Ulster zu gehen. Stolz zeigte er Donatus das Dokument mit der eidlichen Aussage, das er in einer selbst genähten, verborgenen Innentasche seines Mantels aufbewahrte. Das Schwert an seinem Gürtel verlieh ihm fast ein martialisches Aussehen. Seine Augen funkelten vor Begeisterung und Erregung. Donatus versuchte ihn zu überreden, sich einen Tag in seinem Haus auszuruhen, aber davon wollte Maurice nichts hören.
»Dann reite ich mit dir«, sagte Donatus. Am frühen Nachmittag brachen sie auf.
Wie glücklich Maurice aussah, als sie nebeneinander dahinritten. Sein Gesicht strahlte vor Entschlossenheit. Er glaubt wirklich, dass er den Stab finden wird, dachte Donatus im Stillen. Er empfand tiefes Mitgefühl mit ihm. Es war Wahnsinn, kein Zweifel. Nun, da sich die Armeen formierten, schien es ausgeschlossen, dass Maurice unbeschadet durchkam. Hatte sein Vorhaben überhaupt einen Sinn? Er dachte an sein Gespräch mit O’Byrne. Sollte er Maurice davon erzählen? Aber würde sein Cousin ihm überhaupt zuhören? Wahrscheinlich nicht.
Aber was war, wenn Maurice – und diese Möglichkeit durfte man nicht außer Acht lassen – wie durch ein Wunder und mit Gottes Hilfe den Stab fand und sicher zum Heer Jakobs II.
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