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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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gegangen war. Als ihm sein Vater also sagte, der junge Mann werde an einem Samstagnachmittag allein zu ihnen nach Hause kommen, dort übernachten und am folgenden Morgen mit ihnen die Messe besuchen, freute sich Orlando aus ganzem Herzen für seine Schwester und war gleichzeitig ungeheuer aufgeregt.
    »Ich glaube, du wirst Gefallen an ihm finden«, sagte sein Vater freundlich.
    »Oh, da bin ich mir ganz sicher«, erwiderte Orlando.
    Er hatte sich mit großer Sorgfalt auf die Begegnung vorbereitet, hatte sich immer an das Versprechen erinnert, das er seiner Schwester gegeben hatte. Niemand durfte von den heimlichen Treffen der Liebenden erfahren. Mit keinem Wort, mit keiner Geste würde er sich verraten. Mehrere Male ging er im Geiste alles durch. Er stellte sich jeden dummen Ausrutscher vor, der ihm passieren konnte, und bereitete sich auf alle Eventualitäten vor. Der große Tag rückte näher, und obwohl Orlando ihm nervös und aufgeregt entgegensah, war er sich sicher, dass er es schaffen würde. Sie konnten sich auf ihn verlassen.
    Den Vormittag verbrachte er mit einem der Knechte. Er lud gerade eine Wagenladung Torf ab, der aus einem Moor im Norden stammte, als er in der Ferne eine Gestalt erblickte, die auf das Haus zuritt. Einen Augenblick lang überlegte Orlando, ob er zu dem jungen Smith rennen und ihm sagen sollte, dass sein Geheimnis bei ihm sicher sei und er nichts verraten werde. Aber nach kurzem Zögern entschied er sich dagegen. Vielleicht würde er dadurch nur Misstrauen wecken. Nein, es war besser, wenn er seinem ursprünglichen Plan folgte. Also drehte er sich stattdessen um, suchte seinen Vater und sagte ihm, dass ein Fremder sich dem Haus nähere.
    Sein Vater begrüßte den jungen Mann vor der Haustür und rief nach dem Stallburschen für sein Pferd. Orlando heuchelte Schüchternheit und wartete im verschatteten Hausflur auf die beiden.
    Orlando fühlte sich, als blicke er einen Tunnel entlang zu dem grellen Sonnenlicht, das durch die offene Tür hereinfiel. Er hörte die Stimmen draußen und sah, wie sich Schatten vorbei bewegten. Dann kam sein Vater durch die Tür, gefolgt von einer weiteren Gestalt, die das Sonnenlicht aussperrte. Jetzt waren sie im Haus und bewegten sich auf ihn zu. Sein großer Moment war gekommen.
    »Ah, da ist er ja«, hörte er seinen Vater sagen.
    Und dann blinzelte Orlando in dem Sonnenlicht, das durch die wieder freie Tür in den Raum flutete und starrte den jungen Smith mit einer Mischung aus Entsetzen und fassungslosem Erstaunen an.
    Dies war überhaupt nicht der junge Smith. Diesen Mann hatte er noch nie zuvor gesehen.
    *** Doyle hatte den Stein ins Rollen gebracht. Als Martin Walsh ihn besucht und wegen des Briefs von Peter Smith um Rat gefragt hatte, antwortete er ohne Zögern:
    »Die Smiths sind von ehrbarem Ruf, Cousin Martin. Der Vater ist ein achtbarer, wohlhabender Mann. Und außerdem ein guter Katholik, das wolltest du sicher wissen. Obwohl dir in dieser Hinsicht sicher andere besser Auskunft geben können als ich. Er hat allerdings zwei Söhne. Für welchen Sohn hält er um deine Tochter an?«
    »Er heißt Patrick.«
    »Ah.« Doyle schüttelte den Kopf. »Darauf solltest du dich nicht einlassen. Der Richtige wäre Walter, der ältere Sohn. Er ist nicht durch ein Verlöbnis gebunden, soviel ich weiß.«
    »Was spricht gegen Patrick?«
    Doyle atmete tief ein und ließ die Luft langsam zwischen den Zähnen entweichen.
    »Er hat nichts verbrochen, Cousin, und er ist kein schlechter Kerl. Er ist natürlich der jüngere Sohn. Was seinen Charakter angeht …« Er machte eine Pause. »Weißt du, er wurde in ein Priesterseminar geschickt. Aber er brachte seine Studien nicht zum Abschluss. Er bringt nie etwas zu Ende. Es mangelt ihm an Durchhaltevermögen. Und diese Schwäche verbirgt er meiner Ansicht nach hinter seinen galanten Manieren.«
    »Galante Manieren?«
    »Oh ja.« Der Kaufmann grinste und trug seine nächsten Worte in einer Parodie des höfischen Stils vor: »Der Jüngling ist ein wahres Muster aller edlen Tugenden. Er reitet, schießt mit Pfeil und Bogen und vermag zu laufen wie ein junger Hirsch. Er drechselt gewandte Verse, singt mit glockenreiner Stimme und tanzt noch geschmeidig dazu. Man sagt, dass alle Frauen bei seinem Anblick dahinschmelzen.«
    »So ist das also«, sagte Martin grimmig.
    »Patrick ist nur Smiths erstes Angebot, Cousin. Aber Walter ist der Richtige. Er ist gut ausgebildet, fleißig und von angenehmem Charakter. Smith wird bestimmt

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