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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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hatte er untertauchen müssen und war dann verhaftet worden, nachdem er ein paar vertriebenen mittellosen Nonnen verbotenerweise geholfen hatte. Erst zwei Jahre zuvor, als in Cork ein Katholik zu Unrecht zum Tode verurteilt worden war, hatte er offene Kritik an den Behörden geübt, indem er seine ganze Kapelle in schwarze Trauertücher hüllte. Der Mut dieses Mannes stand außer Frage. Nur war er zu der Einsicht gelangt, dass er mehr für den Glauben tun konnte, wenn er sich Freunde statt Feinde machte.
    »Eigentlich«, sagte Fortunatus etwas unsicher, »hatte ich die Absicht, ein Auge auf ihn zu werfen, solange Terence fort ist.«
    »Sie?« Nary fand das offenbar amüsant. »Ein Protestant? Sehr mutig von Ihnen.«
    »Man könnte fast den Eindruck bekommen, er sei ein Ungeheuer«, wagte Fortunatus zu sagen, »und doch will mir scheinen, dass Sie ihn mögen.«
    Der Priester nickte.
    »Sie haben Recht. Ich habe sogar mit dem Bischof über ihn gesprochen.« Katholische Bischöfe mochten in Irland offiziell nicht zugelassen sein, aber natürlich gab es sie, und die Obrigkeit schaute gewöhnlich weg. »Doch keiner von uns beiden wusste so recht, wie wir ihm helfen können. Der Bischof fragte sich, ob er nicht Priester werden könnte. Am Verstand würde es ihm nicht fehlen, wohl aber an der inneren Berufung.« Nary sah Fortunatus nachdenklich an. »Man könnte sagen, dass er das Beste und das Schlimmste junger Männer in sich vereinigt. Er hat einen sehr scharfen Verstand. Geben Sie ihm eine Aufgabe, und er wird sich wie ein Falke darauf stürzen und sich ihrer mit einer Gründlichkeit entledigen, über die man nur staunen kann. Ich lieh ihm Bücher. Er hat ausgiebig gelesen. Aber ihm fehlt eine Mitte. Ich bin mir nicht einmal seiner Überzeugungen sicher. Immer wenn Sie glauben, Sie hätten seine Aufmerksamkeit, wendet er sich von Ihnen ab, als werde er von einem Wirbelwind gen Himmel gerissen. Und plötzlich haben Sie ihn verloren.« Er hielt inne. »Er hegt einen schrecklichen, finsteren Groll«, fügte er bedauernd hinzu.
    »Ich habe Morgan MacGowan gefragt, ob es etwas Besonderes gebe, das ich wissen sollte«, sagte Fortunatus. »Er erwiderte, ich solle Sie fragen. Ich frage mich, was er gemeint haben könnte.«
    »Ach so.« Der Priester seufzte. »Wahrscheinlich das Mädchen.«
    »Er hat kein Mädchen erwähnt.«
    »Typisch für ihn. Das würde er nie, weil sie in seinen Augen zu mir gehört.« Doktor Nary hob den Blick zu dem Bücherregal, in dem sich drei unverkaufte Exemplare seiner Übersetzung des Neuen Testaments gegenseitig Gesellschaft leisteten. »Kitty Brennan. Ein Dienstmädchen hier im Haus. Ihre Familie lebt unten in Wicklow. Arme Bauern. Ich fühle mich für sie verantwortlich. Deshalb bin ich so erbost darüber, dass der junge Smith das Mädchen zu seinem Schatz gemacht hat.«
    »Hat er sie verführt?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Nach allem, was ich weiß, war es eher umgekehrt. Aber ich wollte ihm das Versprechen abnehmen, sie nie wiederzusehen.«
    »Hat er es nicht gegeben?«
    »Nein. Deshalb werde ich sie zu ihrer Familie zurückschicken müssen. Wir können nur hoffen, dass unliebsame Folgen ausbleiben.«
    »Terence hat mir nichts davon erzählt.«
    »Er weiß es nicht. Das alles ist erst in der letzten Woche geschehen.«
    »Dann sollte das Mädchen auf der Stelle gehen, das wäre das Beste für alle.«
    »Ich fürchte ja. Sie ist kein verdorbenes Ding, und ich schicke sie nur schweren Herzens in ihr ärmliches Zuhause zurück. Aber …« Der Priester schüttelte den Kopf, dann platzte er plötzlich heraus: »Dieser junge Narr. Er könnte es weit bringen. Zumindest so weit, wie es ein armer katholischer Junge heutzutage in Dublin nur bringen kann.«
    Fortunatus musterte ihn nachdenklich. Es war offensichtlich, dass Nary von seinem schwierigen Schützling enttäuscht war.
    »Sie sagten, er habe viel gelesen.«
    »Er hat meine halbe Bibliothek verschlungen.«
    »Einmal im Monat isst er mit Terence und seiner Familie, wie Sie wahrscheinlich wissen. Vielleicht könnte ich es ebenso halten. Nur muss ich für einige Tage in die Grafschaft Cavan, und so habe ich mir überlegt, ob ich ihn vielleicht mitnehmen sollte. Dann könnte er nichts anstellen.«
    »Ich könnte das Mädchen wegschicken, solange er fort ist«, überlegte Nary. »Das wäre vielleicht ratsamer. Aber es ist ein Wagnis, ihn mitzunehmen. Was haben Sie denn da oben zu tun?« Nary stammte aus der fruchtbaren Grafschaft Kildare, und

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