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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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seinem Ton war zu entnehmen, dass er die nördliche Grafschaft Cavan mit ihren Mooren und kleinen Seen wenig reizvoll fand.
    »Ich möchte einen alten Freund besuchen, einen Schulmeister. Er ist ein gebildeter Mann, und ein witziger Kopf obendrein. Das könnte den Jungen interessieren.«
    Doktor Nary war hellhörig geworden. Er sah Fortunatus scharf an.
    »Ein Schulmeister, sagen Sie, mit einem Haus in Cavan? Und wie heißt der Ort, wenn ich fragen darf?«
    »Das Haus heißt Quilca.«
    »Quilca?« Nary knallte die Hand auf den Tisch. »Als hätte ich’s geahnt. Quilca.« Er schüttelte den Kopf. »Jetzt sagen Sie mir noch eins: Werden noch mehr Leute aus Dublin dort sein?«
    »Ich denke schon. Noch ein Freund von ihm.« Er grinste. »Ich glaube, Sie ahnen es bereits. Der Dekan von St. Patrick’s.«
    »Ich wusste es«, rief Nary mit nur teilweise gespielter Verärgerung. »Das ist eine unerträgliche Ungerechtigkeit. Mich sollten Sie mitnehmen, Walsh, nicht den jungen Smith.«
    »Ich bin überzeugt, dass auch Sie höchst willkommen wären.«
    »Möglich. Ich hoffe es. Leider habe ich hier Verpflichtungen.« Er seufzte. »Fortunatus, ich fühle mich wie der rechtschaffene Sohn im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Hier bin ich, schufte treu im Dienste des Herrn, und dieser Schlingel darf nach Quilca. Menschenskind«, platzte er heraus, »Sie werden in der besten Gesellschaft von ganz Irland sein!«
    »Dem möchte ich nicht widersprechen.«
    »So nehmen Sie ihn mit nach Quilca«, knurrte Cornelius Nary. »Nehmen Sie ihn mit, zum Wohle seiner Seele. Ich hoffe nur, Sie werden es nicht bereuen.«
    »Ich bin sicher, dass ich mit ihm zurechtkomme«, sagte Fortunatus.
    »Möglich. Aber ich warne Sie«, sagte der Priester. »Sie gehen ein beträchtliches Risiko ein.«
    ***
    Es war einige Stunden später, als sich die drei Brüder im Haus der Familie in Belfast trafen. Es war ein trauriger Anlass, der sie zusammenführte.
    Während Dublin noch in der Abendsonne badete, schob hier oben, achtzig Meilen weiter nördlich, ein feuchter Westwind dichte graue Wolken über die Berge von Mourne, und trüber Regen fiel auf die große Hafenstadt Belfast dahinter.
    Ein Monat war verstrichen, seit ihr Vater gestorben war, dieser wackere, gottesfürchtige Ulster-Altschotte. Zehn Jahre zuvor hatten sie ihre Mutter begraben. Jetzt waren von der Familie nur noch Henry, John und Samuel Law übrig.
    Henry betrachtete seine Brüder. Wir sind anständige junge Männer, dachte er. Wir lieben einander, so gut wir können, und wenn die Liebe schwerfällt, bleibt immer die Loyalität. Daran halten wir uns fest.
    »Nun, Samuel, du hast doch sicher einen Entschluss gefasst. Was soll werden?«, kam John, der Älteste, gleich zur Sache. Er war groß und dunkelhaarig wie ihr Vater und seit dessen Tod das unbestrittene, hart arbeitende Oberhaupt der Familie.
    Samuel lächelte. Er war der Jüngste und vielleicht gerade deshalb der Unbeschwerteste. Zudem war er deutlich kleiner als seine Brüder, sogar ein wenig dicklich. Er hatte rotblondes Haar – ein Erbe mütterlicherseits, wie Henry vermutete. Aber er wusste, was er wollte. Schon immer. Auf seine einnehmende Art, so fand Henry, war er stur wie ein Bock.
    »Ich gehe«, sagte er. »Nächste Woche sticht ein gutes Schiff in See. Ich gehe nach Amerika.«
    John nickte. Wenn ein Mann nach Amerika ging, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass man ihn nie wiedersah.
    »Wir werden dich vermissen«, sagte er ruhig. Das war viel aus dem Mund eines Mannes, der nie seine Gefühle zeigte. Doch selbst jetzt, so bemerkte Henry, sagte er nicht »ich werde dich vermissen«, sondern »wir«. So klang es wie eine Erklärung, die er pflichtschuldig im Namen der Familie abgab, und nicht wie eine persönliche Gefühlsäußerung. Henry lächelte in sich hinein. John würde sich nie ändern. Genau wie ihr Vater. »Aber ich glaube, du hast Recht, Samuel«, fuhr John ernst fort. »Ich würde wohl selbst gehen, wenn ich nicht …« Er brauchte den Satz nicht zu beenden. John war als Einziger von ihnen bereits verheiratet, und seine Frau hatte aus ihrer Haltung kein Geheimnis gemacht. Sie hatte in Ulster eine große Familie und nicht die Absicht, sich von ihr zu trennen. »Ich bin sicher, dass es Gottes Wille ist und dass du drüben Erfolg haben wirst«, setzte John hinzu.
    »Ich gehe nicht nur meinetwegen«, sagte Samuel. »Denn wenn mir Gott eines Tages eigene Kinder schenkt, möchte ich sie nicht in Irland großziehen.«
    Das konnte

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