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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ihm niemand verdenken, sagte sich Henry. Denn unter der englischen Herrschaft musste die Familie Law in Irland demütigende Benachteiligungen hinnehmen. Nicht weil sie Katholiken gewesen wären, sondern, im Gegenteil, weil sie Protestanten waren.
    Wenn die Ascendancy, die protestantische Führungsschicht, aus der Vergangenheit etwas gelernt zu haben glaubte, dann dass religiöser Streit zu Blutvergießen führte. Daher musste der Streit ein Ende haben. Die offizielle Kirche mit ihrer kompromissreichen Liturgie und ihren Bischöfen mochte nicht ideal sein, aber sie stand für Ordnung. Daher sollte sie ein für allemal verankert werden, bei gleichzeitiger Entmachtung aller anderen Gruppen, seien es Papisten, Dissenters, Sektierer oder was auch immer. Nicht einmal die strenggläubigen Auserwählten Gottes sollten verschont bleiben. »Wir haben genug von diesen verfluchten Presbyterianern, speziell den schottischen«, erklärten die Gentlemen in den Parlamenten. Daher zielten ihre Gesetze nicht nur gegen die Katholiken, sondern auch gegen alle protestantischen Abweichler. »Tretet der Staatskirche bei«, forderte man sie auf, »oder ihr werdet Untertanen zweiter Klasse.« Und so wurden die schottischen Presbyterianer, die den rührigsten Teil der protestantischen Gemeinschaft in Ulster bildeten, vom bürgerlichen und öffentlichen Leben ausgeschlossen und erniedrigt.
    Drei Generationen zuvor war die Familie Law nach Ulster gekommen. Arbeitsame, ehrbare Schotten aus dem Tiefland, deren Urgroßvater sich stolz dem Covenant angeschlossen hatte. Ein jüngerer Sohn war nach Ulster gezogen, um hier sein Glück zu suchen. Er hatte es im Wollhandel, der über den immer größer werdenden Belfaster Hafen abgewickelt wurde, zu Wohlstand gebracht und seine Kinder im presbyterianischen Glauben erzogen. Die Familie war entsetzt, als der katholische König Jakob II. den Thron bestieg, und erleichtert, als König Wilhelm III. ihn auf dem Schlachtfeld besiegte. Und nach der Schlacht am Boyne hatten sie geglaubt, dass die neue protestantische Regierung für sie das Ende allen Ungemachs und nicht dessen Anfang bedeuten würde.
    Als die Engländer den protestantischen Glaubensbrüdern in Irland ihre Verbundenheit zeigten, indem sie ihren Wollhandel zugrunde richteten, erlitten die Laws finanziell einen schweren Rückschlag. Aber es gehörte mehr dazu, ihren zähen schottischen Unternehmungsgeist zu brechen.
    Keiner der drei Brüder würde jemals den Tag vergessen, an dem sie, damals noch Kinder, von ihrem Vater auf den gepflasterten Hof gerufen wurden, wo er ihnen ein kleines Fass zeigte.
    »Das ist gerade aus Amerika eingetroffen«, sagte er zu ihnen. »Und es wird uns retten. Wisst ihr, was darin ist? Flachssamen.«
    Aus Flachs wurde Leinen gemacht.
    Leinen gab es in Irland seit undenklichen Zeiten. Aber die Erschließung der Neuen Welt eröffnete nun die Möglichkeit, billigen Flachssamen in gewaltigen Mengen zu bekommen. Als der Wollhandel zurückging, sahen geschäftstüchtige Männer wie Law eine Chance. Sie begannen, Leinen statt Wollstoff herzustellen, und da die Engländer selbst in diesem Handelszweig kaum tätig waren, sahen sie keinen Grund, die neue Lebensgrundlage ihrer irischen Freunde zu zerstören.
    Niemand tat mehr für den Leinenhandel als die Familie Law. Und sie beschränkte sich nicht nur auf den Handel mit fertigem Leinen. Bald hatte sich Mr Law mit einem Dutzend Bauern zusammengetan, die er mit Samen, Spinnrädern und allem anderen belieferte, was sie zum Garnspinnen benötigten. Sowie der Nachschub sichergestellt war, widmete er sich der Herstellung des Leinens und dann dem Verkauf. Zu dem Zeitpunkt, als König Georg den Thron bestieg, besaß er ein eigenes Lagerhaus am Belfaster Kai und Anteile an einem halben Dutzend Schiffen. Außerdem hatte er drei Söhne, die das Geschäft von der Pike auf gelernt hatten.
    Die Laws waren typisch für ihresgleichen. Ihr Glaube wurzelte zwar im Calvinismus des vorigen Jahrhunderts, war aber von einer milderen Form. Erbauung und Zerstreuung fanden sie im Kreis der liebenden Familie, im Beten oder, noch besser, im gemeinsamen Singen der geliebten Psalmen. Und sie hatten durchaus Humor.
    Natürlich waren die Brüder Law nicht blind gegen die Gründe, die für eine Auswanderung sprachen. Schließlich waren sie Geschäftsleute. »Land ist in Amerika billig zu haben«, hatte Samuel betont. »Die Chancen für den Handel werden mit Sicherheit wachsen.« Sie hatten auch darüber

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