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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sagte Walsh.
    »Es war schrecklich, was sie getan haben«, fuhr MacGowan fort. »Er treibt sich mit den Metzgern herum, obwohl ich ihm geraten habe, schlechten Umgang zu meiden, und er war dort, als es passierte. Ich behaupte nicht, dass er daran beteiligt war. Aber er war dort. Und als ich ihm sagte, er dürfe nicht mehr hingehen, hat er mir nur geantwortet: ›Sie haben doch nur ein paar französische Protestanten verprügelt. Die haben nichts Besseres verdient.‹ Das waren seine Worte.« Der Krämer starrte Fortunatus weiter mit einem Auge an.
    »Das war sehr ungehörig von ihm«, stimmte Fortunatus zu. »Aber ich nehme an, es ist ihm nur in der Hitze des Gefechts herausgerutscht.«
    »Vielleicht.« MacGowans Blick wanderte langsam durch den Raum, bis sein Auge an einem Punkt draußen vor dem Fenster hängenzubleiben schien. »Er macht mir Sorgen, Sir.«
    Fortunatus nickte.
    »Gibt es noch mehr«, erkundigte er sich freundlich, »was ich Ihres Erachtens wissen müsste?«
    MacGowans Auge starrte ihn noch einmal an, dann blickte es zu Boden.
    »Nein.« Er machte eine Pause. »Aber Sie könnten Doktor Nary, den Priester, fragen«, schlug er vor. »Er weiß vielleicht mehr als ich.«
    * **
    Doktor Cornelius Nary wohnte ganz in der Nähe, und so beschloss For tunatus, gleich bei ihm vorbeizuschauen, als er den Krämer verließ. Vielleicht war er ja zu Hause. Der Gemeindepriester von St. Michan zählte zu den Berühmtheiten Dublins.
    Als Fortunatus vor der Tür des Hauses stand, wurde er von dem angesehenen Geistlichen persönlich begrüßt.
    »Ich bin Fortunatus Walsh, der Bruder von Terence Walsh«, begann er höflich, kam aber nicht weiter. Denn der Priester strahlte.
    »Ich weiß, wer Sie sind«, rief er. »Ich kenne Ihren Bruder gut, und ich weiß alles über Sie. Kommen Sie herein, Fortunatus, und seien Sie mir willkommen.«
    Wie anderen Priestern in jener Zeit sah man Doktor Nary nicht unbedingt an, dass er Priester war. Gewiss, er trug manchmal den wehenden Talar eines Gelehrten und Geistlichen, doch heute war er wie ein gewöhnlicher Gentleman mit einem langen Rock, Halstuch, Kniehosen und Strümpfen bekleidet, und die Perücke hatte er abgenommen. Sein Gesicht war vollkommen oval, mit schönen, mandelförmigen Augen, und nur unter dem Kinn schien das Fleisch ein wenig zu erschlaffen. Obwohl jenseits der sechzig, strotzte er vor Gesundheit und Energie. Nary führte Fortunatus in ein Studierzimmer, das mit Büchern vollgestopft war, und bot ihm einen Stuhl an. Er selbst setzte sich an den Tisch und erkundigte sich mit einem schelmischen Augenzwinkern:
    »Was kann ein katholischer Priester für einen guten Protestanten der Kirche von Irland wie Sie tun?«
    Fortunatus sagte dem Priester, dass er soeben von Morgan MacGowan komme, und setzte ihm den Grund seines Besuchs auseinander. »Sie werden wissen, dass Terence am Schicksal unseres Verwandten, Garret Smith, großen Anteil nimmt.«
    »Das gereicht Ihrem Bruder zur Ehre. Ich habe den Jungen an einer ausgezeichneten kleinen Schule in dieser Gemeinde untergebracht, müssen Sie wissen.« Nach den Gesetzen durfte es eigentlich gar keine katholischen Schulen geben. Doch die englischen Administratoren hatten längst erkannt, dass die Iren keineswegs barbarische Bestien waren, wie sie angenommen hatten. Viele betrachteten Bildung als Geburtsrecht, daher war es schlechterdings unmöglich, sie am Lernen zu hindern. Offiziell gab es keine Schulen, aber hinter verschlossenen Türen wurde überall in der Stadt unterrichtet. »Er hat sich als hochintelligent erwiesen«, fuhr der gelehrte Priester fort. »Ich habe ihn selbst unterrichtet.«
    »Dann kann sich der junge Mann glücklich schätzen«, sagte Fortunatus höflich.
    Nary bedachte ihn mit einem ironischen Blick.
    »Er selbst ist ganz anderer Meinung, das kann ich Ihnen versichern. Er verachtet mich zutiefst. Das hat er mir selbst gesagt.« Als Fortunatus ihn erstaunt ansah, lachte er. »Ich bin ihm nämlich nicht annähernd gut genug.«
    »Wie kann er denn …?«
    »Nun ja, er ist ein sehr zorniger junger Jakobit. Er verachtet mich, weil ich gemeldet bin und mich über das Gesetz, so wenig es mir gefällt, nicht hinwegsetze. Und weil ich mit Geistlichen der Kirche von Irland befreundet bin.« Er zuckte die Achseln. »Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass er mir unrecht tut.«
    Tatsächlich wusste Walsh sehr gut, dass der Priester mehr getan hatte, als nur ein paar furchtlose Pamphlete zu verfassen. Zehn Jahre zuvor

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