Die Rebellen von Irland
Jahren war der Papst nach zweihundert Jahren heftigstem Widerstand gegen die häretischen Könige Englands endlich zu einem Kompromiss bereit gewesen. Der Vatikan hatte König Georg III. als rechtmäßigen Monarchen von England anerkannt. Das erleichterte vieles. »Und die Probleme in der amerikanischen Kolonie führen dazu, dass die Regierung alle Bevölkerungsteile so glücklich als möglich machen will«, erklärte ihr Ehemann. In Irland waren Katholiken von allen Ämtern ausgeschlossen, weil der Oath of Allegiance, der Treueeid, so protestantisch formuliert war, dass kein Katholik ihn ablegen konnte. »Also versuchen wir, einen Ausweg zu finden.« Der protestantische Bischof von Derry hatte in Zusammenarbeit mit katholischen Priestern einen neuen Schwur ersonnen. Nicht alle katholischen Bischöfe waren davon begeistert, aber die meisten drängten ihre Gemeindemitglieder, ihn abzulegen. Schließlich würde sich so vielleicht eine Tür für die Zukunft öffnen.
»Wirst du den Eid ablegen?«, fragte Georgiana jetzt Patrick.
»Sofort, ohne zu zögern«, erklärte er. Und auch Fortunatus war begeistert.
»Genau dafür stand meine Familie auch in den Tagen meines Vaters und meines Großvaters: Loyalität ihrem Glauben gegenüber und unverbrüchliche Treue zum König«, erinnerte er sie. »Ich bete immer noch darum«, gestand er Georgiana nach einem Besuch von Patrick, »dass du noch erleben wirst, wie beide Zweige der Familie – Hercules und Patrick – nebeneinander im Parlament sitzen.«
Auch Hercules besuchte seinen Großvater natürlich gelegentlich. Fand er dort aber Patrick vor, dann entschuldigte sich bald einer von den beiden höflich und entfernte sich. Georgiana fiel das natürlich auf, und als sie Patrick einmal fragte, ob zwischen ihm und ihrem Sohn etwas vorgefallen sei, wich er ihrer Frage aus und antwortete: »Wir beide lieben Onkel Fortunatus sehr.« Als sie Hercules das Gleiche fragte, antwortete er kurz angebunden: »Er lebt sein Leben und ich das meine.« Und er weigerte sich, noch mehr zu sagen. Also ließ sie die Sache ruhen.
Aber ich mag Patrick, dachte sie. Auch wenn du, Hercules, ihn nicht mögen solltest.
Ihr Projekt, Hercules mit dem Fitzgerald-Mädchen zu verheiraten, war kläglich gescheitert. Eliza hatte ihr gesagt, ihre Tochter finde Hercules zu kalt. Und sein abschließendes Urteil über die junge Fitzgerald fiel ebenfalls hart aus: »Sie hat zu viele eigene Meinungen, um mich zu interessieren.«
Georgiana seufzte. Keine Mutter will schlecht von ihrem Sohn denken. Sie würde es weiter versuchen.
Anfang des Jahres 1775 hatte sie ihren Ehemann für einen Monat nach London begleitet. Es war ein sehr erfolgreicher Besuch gewesen. Sie hatten die Houses of Parliament besucht und Pitt, Fox und Burke, den größten Rednern ihrer Zeit, zugehört. Und sie hatten Premierminister Lord North dabei beobachtet, wie er offenbar halb schlafend im Oberhaus saß. Ein gut informierter Freund klärte sie auf: »Lord North ist viel schlauer als er aussieht, aber er hat seinen Posten nur aus Pflichtgefühl angenommen und mag ihn nicht besonders.« Sie unterhielten sich auch mit vielen Politikern. Georgiana gewann allmählich einen klareren Eindruck von der Einstellung, die die Londoner Regierung gegenüber den irischen Katholiken vertrat. »Es ist nicht zu leugnen, Lady Mountwalsh«, informierte sie ein zynischer Regierungsvertreter mit einem Lächeln, »dass dieser neue Schwur eine verteufelt gute Sache ist. Erstens, weil die katholischen Bischöfe sich nicht darüber einig sind. Das spaltet die Katholiken, was das Risiko verringert, dass sie uns Ärger machen. Zweitens erleichtert er katholischen Rekruten den Eintritt in die Armee. Wissen Sie«, fuhr er fort, »seit Jahren ist etwa jeder zwanzigste Soldat der britischen Truppen Ire. Im Prinzip müssten natürlich alle Soldaten den Oath of Allegiance schwören, aber bei Katholiken ließen wir das unter den Tisch fallen. Aber jetzt empfehlen ihnen sogar ihre eigenen Priester, den neuen Schwur abzulegen. Die Anzahl neuer Rekruten hat sich verdoppelt oder sogar verdreifacht. Wenn die Probleme in den Kolonien sich zu einem bewaffneten Konflikt auswachsen – und wir haben verteufelt wenig Soldaten –, schicken wir einfach die Iren nach Amerika, um dort zu kämpfen.« Er lachte. »Also bin ich im Augenblick ganz entschieden für die Katholiken, Mylady.«
Georgiana pflegte schon seit Jahrzehnten Umgang mit Politikern, und politisches Kalkül war ihr daher
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