Die Rebellen von Irland
Und als sich Schweigen über den Saal senkte – so gut das mit vierzig lustigen Gesellen, die bereits reichlich gegessen und getrunken haben, eben möglich ist –, intonierte er salbungsvoll die Worte:
»Dem glorreichen, frommen und unsterblichen Andenken des großen und guten Königs Wilhelm und natürlich Oliver Cromwell, der uns vor Papisterei, Sklaverei, Willkür, Blechgeld und hölzernen Schuhen gerettet hat. Möge uns nie ein Wilhelmit fehlen, der einem Jakobiten in den Arsch tritt! Und gepfiffen auf den Bischof von Cork! Und jeder, der nicht darauf trinkt, sei er nun Priester, Bischof, Dekan, Dudelsackpfeifer, Totengräber oder sonst ein Mitglied der Kirchenbruderschaft, soll vom Nordwind nach Süden und vom Westwind nach Osten geblasen werden! Wir wünschen ihm eine dunkle Nacht, eine Flaute auf See, einen peitschenden Sturm und ein leckes Boot, das ihn über den Styx trägt! Möge der Höllenhund Zerberus sich an seinem Rumpf laben und Pluto aus seinem Schädel eine Schnupftabaksdose machen; und möge der Teufel ihm mit einer glühenden Egge in den Rachen springen, mit jeder Spitze ein Gedärm heraustreiben und sein blankes Gerippe zur Hölle jagen! Amen! «
Die Sprache dieses Trinkspruchs sagte schon alles. Zur Hälfte Shakespeare-Englisch, zur Hälfte Predigt des siebzehnten Jahrhunderts: Er war protestantisch, antipapistisch, halb heidnisch und triumphal. Er war ernst gemeint, aber nicht zu ernst zu nehmen – natürlich nur, solange die freiheitsliebenden Protestanten auch weiterhin bequem auf ihrer Machtposition saßen. Der Spruch verkörperte das Dublin der Ascendancy.
»Amen!«, grölten sie alle. »Neun mal Neun!«
Und nun begann für alle, die es vertragen konnten, das eigentliche Trinkgelage.
Und als dieses in vollem Gange war, beging John MacGowan einen verhängnisvollen Fehler.
Hercules hatte eine ganz eigene Art, mit langen Saufabenden umzugehen. Erstens konnte er dank seiner Konstitution die meisten Männer unter den Tisch trinken. Zweitens war es einfach für ihn, einen kühlen Kopf zu behalten, weil er sich insgeheim langweilte – wie immer, wenn er nicht gerade ein nützliches Geschäft abschloss. Und drittens hatte er einige Übung darin, weniger zu trinken, als es den Anschein hatte. Wenn er mit seinen Freunden einen geselligen Abend verbrachte, war er weit weniger Trinkkumpan und viel mehr kalter Beobachter als ihnen klar war. Während des Festmahls saß er nicht weit von John MacGowan entfernt auf der gegenüberliegenden Tischseite. Dies verschaffte ihm die Gelegenheit, den Lebensmittelhändler von Zeit zu Zeit zu beobachten. Anfangs hatte MacGowan meist schweigend den anderen zugehört, vielleicht weil er sich als Neuankömmling noch ein wenig unsicher fühlte. Hercules fiel auf, dass seine hohe Stirn von Schweißperlen bedeckt war. Er fragte sich, ob die Hitze oder die Nervosität der Grund war. Allmählich schien MacGowan jedoch an Selbstvertrauen zu gewinnen. Er begann zu plaudern, sogar einen oder zwei Witze zu erzählen. Als diese von seinen Nachbarn positiv aufgenommen wurden, entspannte er sich sichtlich. Er trank mehr, sein Gesicht begann zu glühen. Mehrmals blickte er während einer Gesprächspause den Tisch entlang und lachte in sich hinein – ob er einfach betrunken war oder ob ihn die Versammlung insgeheim amüsierte, ließ sich unmöglich feststellen. Als der ältere Mann zu MacGowans Linken schließlich genug getrunken hatte und sich diskret verabschiedete, ging Hercules um den Tisch und nahm neben dem Lebensmittelhändler Platz.
MacGowan begrüßte ihn mit einem Nicken. Hercules zweifelte allerdings daran, dass der Mann sich überhaupt noch an ihn erinnerte. Einen Augenblick später sagte er beiläufig zu dem Lebensmittelhändler:
»Hatten Sie nicht erwähnt, Sie seien im Lebensmittelhandel tätig? Ein Familienunternehmen?«
»Das kann man wohl sagen. Schon seit einigen Generationen.«
»Ich hoffe, Sie verzeihen mir meine Offenheit, aber ist MacGowan nicht ein katholischer Name? Die Familie hat es sicher nicht gern gesehen, dass Sie inzwischen Protestant sind.«
MacGowan warf ihm einen misstrauischen Blick zu, aber Hercules lächelte und sah ihn mit großer Aufrichtigkeit an.
Der Händler nickte langsam. »Tatsächlich muss ich zugeben, dass eine Protestantin einst meine Familie gerettet hat. Die alte Mrs Doyle war eine bemerkenswerte Frau. Ohne sie wäre mein Großvater ruiniert gewesen, aber dank ihrer Hilfe starb er als reicher Mann. Das Geschäft ist
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