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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Dubliner Kaufleute, die ich kenne.« Und in allen Städten Irlands waren die protestantischen Kaufleute und Handwerker derselben Meinung.
    Eines Tages stattete Georgiana ihrem Sohn einen Besuch im Parlament ab und fand ihn zu ihrem Erstaunen in ein ernstes Gespräch mit Patrick vertieft vor. Nachdem Patrick sich verabschiedet hatte, sprach sie Hercules darauf an:
    »Ich dachte, du magst Patrick nicht.«
    »Ich verabscheue ihn«, antwortete er, als sei das die natürlichste Sache der Welt. »Aber wir stehen auf der gleichen Seite. Zumindest im Augenblick.« Und später am selben Tag hatte Patrick ihr einen Besuch abgestattet und ihr die Sachlage erklärt:
    »Ich organisiere eine Loyalitätsbekundung der katholischen Händler von Dublin – wir wollen unsere Unterstützung für die Regierung und unsere Ablehnung der amerikanischen Rebellen deutlich machen.« Er registrierte ihre Überraschung und fuhr fort:
    »Die katholischen Gemeinden aller Städte in Irland schließen sich dem an. Wenn wir unseren Einfluss vergrößern wollen, dann ist jetzt der richtige Moment dafür. Wir müssen der Regierung zeigen, dass sie uns vertrauen kann – jedenfalls den anständigen Kerlen.« Er lächelte. »Hercules und ich harmonieren zwar nicht unbedingt miteinander, aber wir singen gerade die gleiche Melodie!«
    Die Regierung erhielt jetzt zwar Unterstützung von den wohlhabenden Teilen der katholischen Bevölkerung. Aber sie hatte auch einen neuen, ernstzunehmenden Gegner bekommen, mit dem sie niemals gerechnet hatte:
    Fortunatus Walsh. Der alte Fortunatus – weit über achtzig, ohne Frau, ohne Sitz im Parlament, aber immer noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte – hatte sich nach einem Leben voller freundlicher, vorsichtiger Kalkulation offenbar plötzlich dafür entschieden, dass ihm egal war, was andere von ihm hielten. War er so tief von der Rechtmäßigkeit der Sache überzeugt, oder war ihm nur langweilig? Auch Georgiana wusste es nicht genau. Aber was auch immer der Grund sein mochte, sofort nach seinem Ausscheiden aus dem Unterhaus wurde er leidenschaftlicher Patriot. Er sagte sich nicht nur von der Regierung los und verkündete fröhlich, dass die amerikanischen Rebellen im Recht seien, sondern machte aus seinem Haus am St. Stephens Green obendrein noch einen Treffpunkt für alle Patrioten, die sich untereinander austauschen wollten.
    Die meisten Leute waren völlig überrascht. Georgianas Ehemann schüttelte liebevoll den Kopf. Hercules fand das Ganze allerdings gar nicht lustig. »Ich habe allen erzählt, dass mein Großvater altersschwach geworden ist und den Verstand verloren hat«, ließ er verlauten.
    Georgiana besuchte Fortunatus auch weiterhin, und sie genoss ihre Besuche außerordentlich. Im Haus war es lebendiger denn je. Radikale Zeitungen wie The Freeman’s Journal lagen auf den Tischen verstreut. Aus der Kolonie kam sogar ein Exemplar des Common Sense, in dem Tom Paine für die Unabhängigkeit Amerikas plädierte. Die Doyles waren häufige Besucher, und einmal brachten sie einen radikalen Abgeordneten namens Napper Tandy mit, der zu ihr sagte: »Wenn wir die Handelsgilden erst genauso mobilisiert haben wie die Patrioten im Parlament, dann wird die Burg ganz schön überrascht sein, was wir alles erreichen können.« Das klang bedrohlich, aber auch sehr aufregend. Charles Sheridan, der ältere Bruder des Dramatikers, tauchte auch gelegentlich auf. Er war gerade als Patriot dem Parlament beigetreten und Fortunatus hatte ihn aufgesucht und persönlich zu sich eingeladen. Auch Charles überbrachte ihr interessante Neuigkeiten. »Mein Bruder Richard ist fest entschlossen, in England ebenfalls in die Politik zu gehen, falls er mit dem Stückeschreiben genügend Geld verdient. Wenn es ihm gelingt, dann haben wir einen Sheridan im Dubliner Parlament und einen in Westminster.«
    Ein anderes Mal stellte ihr Fortunatus einen entzückenden jungen Advokaten vor, der vor kurzem ins Unterhaus gewählt worden war. Er war ein Gentleman, besaß aber nicht die erforderlichen zweitausend Pfund für einen eigenen Wahlkreis. Also hatte ihm ein patriotischer Oberhäusler einen Sitz verschafft. Sein Name war Henry Grattan, er hatte ein schmales, kluges Gesicht. Georgiana mochte den jungen Mann auf Anhieb. »Sie sehen wirklich aus wie ein Advokat«, sagte sie ihm.
    »Ich weiß«, erwiderte er lächelnd. »Aber ich muss gestehen, dass ich in London, wo ich eigentlich Recht studieren sollte, immer nur in der Galerie des

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