Die Rebellen von Irland
dass der arme Kerl verletzt wurde.«
»Deine katholischen Ausflüchte ändern nichts daran. Du hast mich belogen.«
»Das verbitte ich mir«, erwiderte Patrick.
»Verbitte es dir, so viel du willst, du verdammter Papist!«
Patrick zuckte voller Verachtung mit den Schultern.
»Wenn wir uns bei Familientreffen über den Weg laufen«, fuhr Hercules kalt fort, »dann werde ich höflich zu dir sein. Ich werde Großvater nicht beleidigen. Aber bleib mir bloß vom Leib. Ich will dich nie wieder sehen.«
Und so endete ohne Fortunatus’ Wissen die Freundschaft zwischen den beiden Zweigen der Familie Walsh, die sein Vater eingefädelt und die er selbst achtzig Jahre lang gepflegt hatte.
***
In den Jahren, die Ben Franklins Besuch folgten, hatte Georgiana Mountwalsh alle Hände voll zu tun. Einige Monate, nachdem sie nach Philadelphia geschrieben hatte, erhielt sie einen höflichen Antwortbrief von Richter Edward Law. Der Richter schien sich darüber zu freuen, in England Verwandte mit einem so wohlklingenden Titel zu haben. Er berichtete ihr alle Neuigkeiten über ihre amerikanischen Cousins und legte einen Familienstammbaum bei. Außerdem hatte er Interessantes über die Stimmung in den amerikanischen Kolonien zu erzählen. Seiner Meinung nach deutete alles darauf hin, dass der Konflikt zwischen den Kolonisten und der englischen Regierung nur sehr schwer zu lösen sein würde.
Ein Jahr später erreichte sie ein weiterer Brief des Richters mit der Nachricht, dass die Bostoner Kolonisten eine wertvolle Schiffsladung Tee zerstört hatten.
* **
Hier in Philadelphia konnte der Gouverneur eine derartige Eskalation vermeiden, indem er den Kapitän überredete, seine Ladung Tee wieder nach England mitzunehmen. Aber eine solche Herausforderung an London wird sicherlich rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Und leider kann jede Berufung auf das Gesetz diesen Konflikt nur verschlimmern. Ich habe auch an unsere Cousins in Belfast geschrieben.
Der letzte Satz war wahrscheinlich als diskrete Aufforderung an sie zu verstehen. Wenn Georgiana sich schon die Mühe gemacht hatte, die Beziehungen zu ihrer Familie im weit entfernten Philadelphia wiederzubeleben, dann wäre es doch nur richtig, das Gleiche auch für ihre Verwandten im nahen Belfast zu tun. Und da ihr bekannt war, dass ihr Onkel John einen Sohn namens Daniel hatte, wusste sie auch, an wen sie schreiben musste. Warum hatte sie es also bis jetzt nicht getan? Wenn sie ganz ehrlich war, dann wahrscheinlich aus Angst, ihre Verwandten aus Belfast – die nicht in so sicherer Entfernung lebten wie diejenigen aus Philadelphia – könnten sie irgendwie blamieren. Sie schalt sich für ihren Kleingeist und schrieb, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ihr lieber Ehemann, Lord Mountwalsh, nichts dagegen hatte, einen Brief. Aber sie erhielt keine Antwort.
Im Jahr darauf starb Fortunatus’ Ehefrau. Danach sprach Georgiana mehrmals die Woche bei ihm vor, um dem alten Mann Gesellschaft zu leisten. Oft fand sie auch seinen Bruder Terence dort, und es wurde ihr warm ums Herz, wenn sie die beiden Brüder so einträchtig beisammensitzen sah. Aber auch wenn Doktor Walsh sich nur über sein steifes Bein beklagte, merkte Georgiana, dass es auch ihm nicht wirklich gut ging. Manchmal wirkte er ausgezehrt und erschöpft. Aber es schien ihm Freude zu bereiten, mit seinem Bruder den Nachmittag zu verplaudern. Und wenn Terence nicht da war, dann traf sie stattdessen häufig seinen Sohn Patrick an. »Es ist anständig von dem Jungen, mich zu besuchen«, sagte Fortunatus oft. »Schließlich hat er Wichtigeres zu tun.« Aber sie zweifeite nicht daran, dass Patrick die Gesellschaft des alten Mannes aufrichtig genoss.
Obwohl sein Vater den Wunsch geäußert hatte, Patrick solle wie er die Medizinlaufbahn einschlagen, hatte sich sein Sohn für den Weinhandel entschieden und arbeitete hart an seinem Erfolg. Je besser Georgiana Patrick kennen lernte, desto mehr mochte sie ihn. Er war klug, humorvoll und gutherzig. Und er hatte durchaus Ehrgeiz.
»Ich möchte mein Glück machen«, sagte er ihr offen. Und auf ihre Frage, ob er sich auch noch etwas anderes wünsche, antwortete er: »Ich könnte nie meinem Glauben entsagen. Aber wenn es je möglich wird, dass ein Katholik ins Parlament einzieht, dann möchte ich Abgeordneter werden.«
Obwohl diese Hoffnung immer noch recht vermessen schien, gab es doch einige kleine, aber ermutigende Entwicklungen für die irischen Katholiken. Vor einigen
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