Die Rebellen von Irland
dass es vorbei war.
»Was hat er zu dir gesagt?«, fragte George, als sie den Raum verließen.
»Nichts Wichtiges«, wich sie aus.
»Er hat dich sehr lieb gehabt.«
»Ja.«
Und mitten auf der Treppe, die nach unten führte, brach sie unvermittelt in Tränen aus.
***
Einige Tage später wurde Fortunatus’ Testament verlesen. Der Hauptteil seines ansehnlichen, wenn auch nicht riesigen Vermögens ging an George Mountwalsh, zusammen mit einem Brief. Fortunatus schrieb, dass er das Anwesen in Fingal gerne im Besitz der Linie seines Ältesten wissen würde, George den Rest des Vermögens aber gerne an andere Verwandte verteilen dürfe, falls er selbst das Geld nicht brauche. Und dies tat George, mit Georgianas uneingeschränkter Zustimmung, sofort. Auch einige mit Bedacht ausgesuchte persönliche Erinnerungsstücke waren aufgeführt, so zum Beispiel ein Ring für Georgiana und ein paar wertvolle Drucke für Hercules.
Aber es gab noch eine weitere Klausel. Ein Teil von Fortunatus’ Grundbesitz, der ungefähr ein Fünftel des Gesamtvermögens ausmachte, ging ohne Auflagen an seinen Neffen Patrick. Niemand hatte davon etwas geahnt, am wenigsten Patrick selbst. Aber da alle wussten, wie gern Fortunatus den jungen Mann gehabt hatte, dessen eigener Vater ihm kaum etwas hinterlassen konnte, kam es niemand in den Sinn, sich darüber zu beklagen.
Mit Ausnahme von Hercules.
Georgiana hatte ihren Sohn schon oft ärgerlich, kalt, verächtlich und sogar brutal erlebt. Aber so hatte sie ihn noch nie gesehen, und sie war froh darüber, dass er sie alleine im Haus seines Vaters aufsuchte, wo er außer ihr niemandem begegnen würde. Er war außer sich vor Wut.
»Wie kann er es wagen, diesen Besitz Patrick zu hinterlassen?«, schrie er. »Das war mein Erbe.«
»Aber du brauchst dieses Land doch gar nicht, Hercules«, sagte sie besänftigend. »Das Anwesen in Fingal geht an dich über, und du wirst ein riesiges Vermögen erben.«
»Verstehen Sie denn nicht, dass es hier ums Prinzip geht?«, schrie er sie an. »Dieses Land gehört den Walshs. Uns!«
»Die Entscheidung lag bei Fortunatus. Außerdem ist dein Cousin Patrick ebenfalls ein Walsh.«
»Vom verfluchten katholischen Zweig. Sollen sie doch alle in der Hölle verfaulen!«, brüllte er. »Wenn dieser verdammte Papist das Erbe antritt, dann ist er ein gemeiner Dieb!«
Das war zu viel.
»Du bist eifersüchtig, weil dein Großvater Patrick geliebt hat, Hercules. Du solltest dich bemühen, deine Gefühle unter Kontrolle zu halten.«
Die eiskalte Miene, mit der er sich ihr nun zuwandte, traf sie bis ins Mark.
»Sie verstehen gar nichts, Mutter«, sagte er eisig. »Es ist mir völlig egal, was mein Großvater von mir gehalten hat. Das kümmert mich schon seit meiner Kindheit nicht mehr. Patrick verabscheue ich. Aber wer mir meinen Besitz nimmt«, fuhr er in einem mörderischen Tonfall fort, den sie noch nie zuvor gehört hatte, »ist mein Feind. Und ich vernichte meine Feinde. Und Großvaters Namen will ich von nun an nie wieder hören.«
»Er hat dir einige Drucke hinterlassen. Die wirst du wahrscheinlich trotzdem behalten«, stieß sie angeekelt hervor.
Er sah sie mit leeren Augen an.
»Die habe ich heute Morgen verkauft. Für fünfzig Guineas.«
Und damit verließ er den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.
Nach diesem Vorfall fiel es ihr schwer, noch Zuneigung für ihn zu empfinden. Aber sie versuchte es. Schließlich war sie seine Mutter.
***
Georgiana verabscheute das Verhalten ihres Sohnes zutiefst, aber in den folgenden Monaten musste sie sich gelegentlich fragen, ob er mit seinen politischen Ansichten nicht vielleicht doch Recht hatte.
Die Situation in Irland wurde immer gespannter – trotz des Erfolgs, den die Patrioten in der katholischen Frage errungen hatten. Die Handelsbeschränkungen für Irland waren immer noch in Kraft. Grattan führte weiterhin scharfe Verbalattacken im Parlament, während sein Freund Napper Tandy eifrig die Dubliner Kaufleute mobilisierte: Sie folgten dem Beispiel der amerikanischen Rebellen und drohten, keine englischen Waren mehr zu kaufen. Für Hercules waren sie nur aufwieglerischer Pöbel. Aber er hatte auch ernst zu nehmende Bedenken. »Wenn Grattan uns im Parlament angreifen will, darf er das gerne tun«, verkündete er. »Aber er und Tandy sind nicht zimperlich bei der Wahl ihrer anderen Mittel. Ich sage Ihnen, bald haben wir hier Straßenschlachten.«
Genauso besorgniserregend war die Frage nach Irlands
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