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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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mir«, erklärte er grinsend. Und einen Augenblick später stiegen sie die schmale Treppe des Kaufmannshauses hinauf, an der ersten Etage vorbei zur zweiten Etage, wo die Schlafzimmer lagen. Auf dem Treppenabsatz wurden sie von einem wohlhabenden Schneider und dessen Familie herzlich empfangen und in ein einfaches Schlafzimmer geführt, wo bereits ein Tisch mit Erfrischungen auf sie wartete. Georgiana erhielt sofort eine Tasse heiße Schokolade und ließ sich an eines der Fenster führen, vor denen die ganze Familie und ihre Dienerschaft die Geschehnisse draußen beobachteten.
    Das weitläufige College Green war völlig leergefegt. Im Zentrum saß auf einem hohen Steinsockel King Billie auf seinem Pferd wie ein römischer General, der gleich einen Triumphzug anführen wird. Hinter ihm blickte die gelehrte, klassische Fassade des Trinity College gleichmütig auf ihn nieder, als habe sie schon viel zu viel erlebt, um sich hiervon beeindrucken zu lassen. Das Parlamentsgebäude hingegen, dieser prächtige Emporkömmling, hoffte wie das Kolosseum in Rom unverfroren darauf, ein paar spannende Spiele zu erleben. In den Privathäusern war jedes Fenster in einen Logenplatz für Ladies und Gentlemen verwandelt worden, und einige Diener hatten sich sogar auf die Dächer geschlichen.
    Einige Zeit später kündigten Trommelwirbel und Querpfeifen die Ankunft der Volunteers an. Zuerst kam die Kavallerie, mehr als einhundert berittene Soldaten. Mit roten Röcken, gezogenen Schwertern und glänzenden, mit Helmbusch geschmückten Helmen. Auch ihre Pferde waren prächtig. Als sie auf den Paradeplatz trabten, jubelte die Menge. Dann folgte die Infanterie: Dreispitze, blaue oder grüne Röcke mit weißen Beinkleidern. Die einfachen Männer trugen Musketen, die Offiziere, die man an ihren Schärpen erkannte, marschierten mit gezogenem Schwert. Jede Kompanie hatte ihre eigenen Farben und ihr eigenes Emblem. Sie marschierten in perfektem Einklang zu dem scharfen Marschrhythmus ihrer Trommeln um das Green und formten so ein hohles Quadrat um den Platz, an dessen vierter Seite die Statue stand. Noch viel mehr aber beeindruckte Georgiana die Tatsache, dass hinter der Infanterie ein Waffenzug aus einem halben Dutzend Feldkanonen vorbeigeschoben wurde. Sie hatte nicht gewusst, dass die Volunteers Kanonen besaßen. »Drei meiner Söhne marschieren da unten mit«, verkündete Doyle voller Stolz.
    Zum Entzücken der Menge vollführten die Soldaten eine einfache, aber perfekt ausgeführte Exerzierübung. Als nächstes traten die Offiziere und Farbenträger vor, um König Billie zu salutieren und ihm respektvoll ihre Fahnen zu präsentieren. Auf ein Kommando hin feuerten die Soldaten auf allen drei Seiten abwechselnd Ehrensalven in die Luft. Die geschlossenen Reihen verschwanden beinahe im dichten Rauch, und der Lärm hallte von Echo zu Echo im gesamten College Green wider.
    Der Rauch verzog sich. Die Volunteers standen so still, als seien sie ebenfalls Statuen. Und dann passierte etwas Unerhörtes.
    Das erste Banner erhob sich aus der mittleren Kompanie hinter der Statue. Das grüne Tuch spannte sich zwischen zwei langen Stangen. Sorgfältig waren in römischen Lettern die lateinischen Worte PARATI PRO PATRIA MORI darauf geschrieben.
    Bereit, fürs Vaterland zu sterben. Dann entrollte auch die linke Kompanie ein Banner: rote Lettern auf weißem Tuch. Es war ebenso sorgfältig gefertigt wie das erste, aber dieses Mal in englischer Sprache beschrieben.
    FREIER HANDEL
    Die Menge tobte. Georgiana schnappte vor Überraschung nach Luft und warf Doyle einen Blick zu. Er nickte anerkennend. Und nun sah sie zu ihrer Rechten ein drittes Banner. Weiße Lettern auf rotem Tuch. Es war um einiges breiter als die anderen beiden.
    FREIER HANDEL ODER REVOLUTION
    Sie konnte es nicht glauben. Die Menge jubelte sogar noch lauter als zuvor. Revolution? Die biederen Protestanten von Dublin planten eine Revolution? Waren sie denn verrückt geworden? Sie starrte auf die prächtigen Schärpen der Offiziere. Würden sie eine solche Unerhörtheit dulden? Offenbar duldeten sie sie nicht nur, sondern billigten sie von Herzen. Denn sie ordneten eine weitere Ehrensalve an, während die Banner stolz getragen wurden.
    Es gab erneute Kommandos. Die Soldaten machten auf dem Absatz kehrt und marschierten mit schwingenden Fahnen und erhobenen Bannern einmal rund um das Green. Als sie das Parlament passierten, sah Georgiana, dass einige Abgeordnete, darunter auch ihr Sohn, vor das

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