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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Gelegenheit, in einem solch feinen Haushalt zu arbeiten, und nachdem die Mutter sich vergewissert hatte, dass ihre Tochter dort gut behandelt würde, ließ sie das Mädchen dort.
    Dennoch war Brigid unglücklich, weil sie ihre Familie nun nur noch zweimal im Jahr sah. Sie verrichtete zwar ihre Arbeit tadellos, sprach aber kaum ein Wort. »Sie ist so bleich wie ein Geist und spindeldürr«, sagte die Haushälterin zu Georgiana, »und ich bringe sie nicht dazu, beim Essen mehr als ein paar Löffel voll zu schlucken.«
    Also nahm Georgiana das Mädchen unter ihre Fittiche. Sie vertraute ihr gelegentlich die Aufgaben einer Kammerzofe an, brachte ihr bei, ihr das Haar zu kämmen und sie zu frisieren und versuchte, sie dabei zum Sprechen zu bringen. Sie erfuhr, dass Brigids Vater Handwerker war, und dass sie lesen und schreiben konnte. Georgianas Freundlichkeit schien das Mädchen ein wenig aufzuheitern, und sie nahm sogar ein paar Gramm zu. Und Georgianas Sorge um das Wohlergehen des Mädchens hatte noch einen weiteren, unerwarteten Effekt. Dieses kleine Projekt beanspruchte ihre Aufmerksamkeit, und allmählich fühlte Georgiana selbst sich auch weniger einsam und ein bisschen fröhlicher. Anfang Juli ging es ihr schon viel besser. Und nun kamen Hercules und Kitty mit dem kleinen William nach Wexford. Sie freute sich über ihre Gesellschaft, auch wenn Hercules das Anwesen manchmal so ansah, als freue er sich schon auf die Zeiten, in denen das alles ihm gehören würde. Er betonte immer wieder, dass das Herrenhaus für Gesellschaften mit politischen Freunden wie gemacht sei und er es viel besser nutzen würde als seine Eltern das taten. Aber sie wusste, dass er es nicht böse meinte. So war er eben einfach. Und als er sie warnte, dass einige Gentlemen und Bauern aus der Gegend verdammte Patrioten seien und er Beweise dafür habe, ließ sie sich davon nicht verunsichern.
    Die meiste Zeit war er ein angenehmer Gast. Und Kitty blühte richtiggehend auf. Sie war zwar keine Konversationskünstlerin, aber auf dem Land war sie in ihrem Element. Sie wusste genau, wie alles zu ordnen war, und bald behandelten sie alle Angestellten vom Hofknecht bis zum Küchenmädchen freundlich und respektvoll. Wahrscheinlich, dachte Georgiana ohne jede Missgunst, wird sie das Haus viel besser führen als ich. Und wenn sie Kitty Arm in Arm mit Hercules spazieren gehen sah und ihr Glück spürte, dann musste sie zugeben, dass ihr Sohn sich vielleicht doch die richtige Frau ausgesucht hatte.
    Aber ihre größte Freude war der kleine William.
    Er war ein zauberhafter kleiner Bub, und da sie seine Großmutter war, schien niemanden zu stören, wie viel Zeit sie mit ihm verbrachte. Manchmal rief sie Brigid, um ihr dabei zu helfen, und das Mädchen bewies eine sehr gute Hand im Umgang mit ihm.
    Er war ein so fröhlicher Bursche. Und er sah immer noch aus wie Patrick. Aber das behielt sie für sich. Einmal sagte die Köchin, die vor vielen Jahren für Fortunatus gearbeitet hatte, ganz unschuldig zu Hercules: »Sieht der Kleine nicht genauso aus wie Master Patrick in seinem Alter?«
    »Überhaupt nicht«, sagte Hercules kühl.
    »Ah, wahrscheinlich waren Sie noch zu jung, um sich daran zu erinnern«, sagte sie freundlich.
    »Er sieht ihm überhaupt nicht ähnlich«, donnerte Hercules und bedachte die Köchin mit einem so drohenden Blick, dass sie das Thema nie wieder ansprach. Ein Glück, dass Hercules noch nicht der Hausherr ist, dachte Georgiana bei sich. Sonst hätte die arme Frau wahrscheinlich sofort ihre Koffer packen müssen.
    Georgiana fühlte sich fast so, als sei der Junge ihr eigenes Kind. Die Gegenwart des Kleinen und die Aussicht auf all die glücklichen Jahre, in denen sie ihn heranwachsen sehen würde, ließen sie endlich wieder zu ihrer Heiterkeit zurückfinden. Am Ende des Sommers sagte George lächelnd zu ihr: »Du bist beinahe wieder ganz die Alte.«
    Im Herbst kehrte sie für die Sitzungsperiode des Parlaments mit ihm nach Dublin zurück. In den folgenden Monaten blieb alles recht undramatisch. In Irland traf die Nachricht ein, dass die Rotröcke sich gegen die amerikanischen Rebellen im Süden gut behaupteten, und dass der neu eingetroffene General Cornwallis eine südliche Armee unter Gates Kommando vernichtend geschlagen hatte. »Die Sklaven strömen herbei, um sich uns anzuschließen, weil wir ihnen die Freiheit versprochen haben«, berichtete George. Grattan und seine Patrioten ließen sich durch diese militärischen Erfolge jedoch

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