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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sie wie eine tückische Schlingpflanze, die einen hilflosen Schwimmer einwickelt und auf den Grund zieht.
     
    Einen Monat nach der Parade entschieden Lord North und seine Regierung, dass es klüger wäre, den Iren zu geben, was sie wollten, und alle Handelsbeschränkungen für Irland aufzuheben. Grattan und die Patrioten triumphierten. »Das wird sie und die Volunteers erst mal ruhig stellen«, sagte George zu seiner Frau. Auch die Sanktionen gegen die Presbyterianer wurden in jenem Frühling eingestellt, und sie hoffte, dass sich die Laws aus Ulster darüber freuen würden. Die ersten Monate des Jahres 1780 verliefen ohne Zwischenfall. Das Wetter wurde allmählich schöner, und eigentlich hätte Georgiana sich besser fühlen müssen. Was aber nicht der Fall war. Mitte April schlug George ihr vor:
    »Warum fährst du nicht für eine Weile nach Wexford? Vielleicht tut dir ja die Luftveränderung gut.«
    ***
    Es war wirklich schade, dachte sie, dass sie bis jetzt das riesige, palladianische Herrenhaus nur so selten genutzt hatten. Nur einen oder zwei Monate lang jeden Sommer. Das bescheidenere Familienhaus in Fingal benutzten sie viel öfter. Es war ganz typisch für ihren freundlichen Mann, der alles getan hatte, um den Status der Familie in der Gesellschaft anzuheben, dass er lieber weiter als der gütige Landedelmann lebte, der er im Grunde genommen war, statt in Wexford wie ein großer Lord Hof zu halten und prächtige Empfänge zu geben. Und sie war mit dieser Art zu leben vollkommen glücklich.
    Einige der neu errichteten irischen Herrenhäuser lagen in riesigen, sorgfältig gestalteten Parks, die denen ihrer englischen Vorbilder in nichts nachstanden. Mount Walsh fehlte diese ländliche Großartigkeit. Das Haus war zwar groß und eindrucksvoll, aber vor ihm lag nur eine weite, offene Rasenfläche. Begrenzt war sie durch einen versenkten Zaun, der das vorwitzige Rotwild abhielt. Aber jenseits des Zauns erstreckten sich nach allen Seiten Wälder und Dickichte, die nur schlichten, geraden Linien folgten. Die Landschaft von Wexford war jedoch sehr reizvoll. Ihre weiten Felder und sanften Hügel waren auch den englischen Freisassen, die sich vor langer Zeit hier angesiedelt hatten, gleich heimatlich vertraut gewesen.
    Dann hielt der Sommer seinen Einzug. Und als Georgiana jeden Morgen in der Dämmerung vom jubelnden Gesang der Vögel geweckt wurde, als sie über die Felder spazierte, den Kühen beim Grasen zusah oder in der Molkerei die Milchmädchen beim Buttermachen beobachtete, fühlte sie sich zwar noch nicht wieder glücklich, aber wenigstens von tiefem Frieden erfüllt.
    Sie dankte Gott für ihren Ehemann. Er konnte nicht die ganze Zeit in Wexford bleiben, aber er verbrachte viele Wochen dort mit ihr. George verhielt sich sehr rücksichtsvoll. Wenn sie sich traurig und gereizt fühlte, dann wusste er instinktiv, wann er sie alleine lassen musste. Aber in seiner stillen Art war er immer für sie da und gab ihr Halt.
    Aber wenn er sich in der Stadt aufhielt, fühlte sie sich einsam. Einige Dienstboten im Haus hatten schon in Dublin für sie gearbeitet, aber für die Gutsverwalter und ihre Pächter waren sie und George noch Neuankömmlinge, und obendrein noch seltene Gäste.
    Georgiana gegenüber verhielten sich alle freundlich und höflich – und wachsam, denn sie wussten sehr genau, wessen Geld den Gutshof finanzierte –, aber nur mit wenigen stand sie auf nur annähernd freundschaftlichem Fuß. Also freute sie sich, als sie entdeckte, dass es im Haus jemanden gab, der noch viel einsamer zu sein schien als sie.
    Ihr Name war Brigid. Sie war erst sechzehn, ein dünnes, blasses dunkelhaariges Geschöpf. Wie viele Landmädchen war sie auf einen Bauernhof in der Nähe ihres Elternhauses geschickt worden, um dort als Dienstbotin zu arbeiten. Der Bauernhof war dreißig Meilen von ihrer Heimatgegend entfernt gewesen. Dies war eine gute Möglichkeit für Mädchen aus großen Familien, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und dabei lernten sie noch, einen Haushalt zu führen, bis sie – mit Gottes Hilfe – einen Ehemann fanden. Aber der Bauer hatte sie schlecht behandelt, und sie war erst ein Jahr dort gewesen, als der Gemeindepriester von einer freien Stelle in Wexford hörte. Er hatte mit ihren Eltern gesprochen und arrangiert, dass das Mädchen mit ihrer Mutter die Haushälterin von Mount Walsh aufsuchte. Die stellte sie unter Vorbehalt ein, bis Lady Mountwalsh ihre Zustimmung dazu gab. Es galt als einmalige

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