Die Rebellen von Irland
Verbesserung unserer Lage als Katholiken führen. Zumindest glaubten wir das damals alle. Doch wir hatten die Rechnung ohne die protestantische Oberschicht und die Herren in der Burg gemacht. Denn der harte Kern der protestantischen Siedler im irischen Parlament wollte uns keinerlei Macht zugestehen, und die gemäßigten Protestanten scheuten vor einer Auseinandersetzung zurück. Die Patrioten waren isoliert. Dennoch hatte ich gehofft, unsere stille Diplomatie würde eines Tages Veränderungen bewirken«, fuhr Patrick fort. »Dann brach die französische Revolution aus. Unruhe erfasste die Menschen. Und einige Katholiken, besonders unter den städtischen Kaufleuten von Dublin, riefen nach radikalen Maßnahmen und öffentlichen Aktionen …«
»Uns fiel ein, was die schottischen Covenanter vor langer Zeit getan hatten«, fiel John MacGowan ihm ins Wort. »Warum sollten sich die irischen Katholiken nicht zu einem ähnlichen Bündnis zusammenschließen?« Er grinste. »Patrick fand das schrecklich. Er wollte nichts davon hören.«
»Man muss sagen, dass die Französische Revolution die Protestanten genauso beeinflusste«, fuhr Patrick fort. »Ein Verwandter von mir, ein Doyle, berichtete mir davon. Er hatte sich damals den Volunteers angeschlossen und war ein radikaler Kopf. Als nun eine neue Gruppe entstand, die United Irishmen, wie wir sie nannten, trat er ihr bei. ›Patrick‹, pflegte er zu sagen, ›Irland muss eine unabhängige Republik wie Frankreich werden mit religiöser Freiheit und allgemeinem Wahlrecht.‹ Er diskutierte mit Leidenschaft über solche Themen. Mehr als ein Debattierklub waren die United Irishmen damals offen gesagt auch nicht. Aber über die Volunteers hatte mein Verwandter sich mit einer Familie namens Law angefreundet, Presbyterianern aus Belfast. Sie luden ihn ein, die United Irishmen von Belfast zu besuchen. Er sagte mir, so etwas hätte er noch nicht erlebt. Am Tag des Sturms auf die Bastille veranstalteten sie eine riesige Kundgebung und sie waren straff organisiert. Den Presbyterianern aus Belfast war es wirklich ernst – sie lehnen die Herrschaft der Engländer noch entschiedener ab als wir.«
»Sagst du«, murmelte MacGowan lächelnd.
»Und ein Protestant brachte uns dann richtig auf Trab. Du hast vielleicht schon von Wolfe Tone gehört, Deirdre, einem Mann mit bemerkenswertem Charme. Er hat die Presbyterianer von Belfast dazu überredet, mit den Katholiken gemeinsame Sache zu machen – schon allein, weil wir so viele sind. Er hat auch viele vom Katholischen Komitee auf seine Seite gebracht.«
»Aber dich nicht«, warf John MacGowan ein.
»Vollkommen richtig. Ich hielt die Presbyterianer für gefährlich. Doch dann kam das schreckliche Parlament von ’92, an das du dich sicher erinnerst, und ich änderte meine Meinung.« Patrick seufzte. »Meine Bekehrung verdanke ich meinem Cousin Hercules.«
Alle Iren erinnerten sich an dieses Parlament. In England drängten damals die Whigs auf die Lockerung der alten Strafgesetze. Burke überzeugte sogar Premierminister Pitt und seine Tories davon. In Dublin traten der Herzog von Leinster und seine Freunde dafür ein. Es bestand bereits Einvernehmen darüber, dass Katholiken wieder als Anwälte zugelassen werden sollten. Als die gemäßigten Mitglieder des Katholischen Komitees eine gemäßigte Petition beim irischen Parlament einreichten, hatte Patrick deshalb erwartet, dass diese zumindest auf offene Ohren stoßen würde. Doch die irischen Parlamentarier führten sich auf wie eine blutdürstige Hundemeute. Die Vorschläge wurden mit der erstaunlichen Mehrheit von 205 zu 27 Stimmen abgelehnt und die Katholiken mit Schimpf überhäuft. Es war, als hätte sich seit der Schlacht am Boyne nichts geändert. Am meisten hatte Patrick allerdings die Rede von Hercules geschmerzt.
»Was für billige Tricks und Vorwände die Katholiken auch verwenden, man darf ihnen niemals trauen. Irland ist ein protestantisches Land und daran soll sich auch nichts ändern – nicht in diesem Jahrhundert und nicht im nächsten und nicht in tausend Jahren!«
Die Rede war mit Jubel gefeiert worden. Später, beim Hinausgehen, hatte Patrick seinen Cousin in einem Säulengang stehen sehen. Ein hochgewachsener Mann war soeben zu ihm getreten und schüttelte ihm die Hand: FitzGibbon, der mächtigste Mann jenes Dreigestirns, der Troika, die die Regierungsgeschäfte in der Burg führte.
»Nach dieser Abstimmung und den beleidigenden Worten meines Cousins Hercules
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