Die Rebellen von Irland
durch ein Fenster einsteigen. Der Lärm würde niemanden stören. Die Männer kannten jeden Winkel des Hauses und wussten, wo dessen Bewohner schliefen.
Langgezogene Wolken schoben sich vor die Sterne und verdunkelten die Mondsichel. Die Anführer blieben vor dem Haus stehen. Stille umfing sie.
Plötzlich tauchten hinter ihnen Fackeln und Laternen auf. Gestalten stürzten aus der Nacht auf sie zu. Tür und Fenster vor ihnen flogen krachend auf und im Schein der Laternen sahen sie Musketenläufe auf sich gerichtet.
»Keine Bewegung. Wer sich rührt, wird erschossen.« Jonah Budges Stimme klang hart und bestimmt.
Aus der Tür ertönte die Stimme seines Bruders Arthur. »Ihr seid verhaftet. Conall, treten Sie vor.«
***
Sie wurden bis zum Morgengrauen im Haus festgehalten. Als es hell wurde, führte man sie in Handschellen und Ketten zu Fuß den langen Weg nach Wicklow hinunter.
Am Ende des Dorfes sah Finn O’Byrne Deirdre am Wegrand stehen. Sie hatte Conall unglücklich nachgesehen, doch jetzt war ihr Blick auf Finn gerichtet. Unverwandt starrte sie ihn an.
Sie wusste es, er sah es ihren Augen an. Ein furchtbarer Blick. Er wandte sich ab. Er hatte keine Ahnung, woher sie es wusste. Gesehen haben konnte sie ihn nicht. Offenbar Intuition.
So aufgekratzt Patrick von seinen Erfolgen war, am Tag nach seiner Rückkehr wirkte er sehr müde. Brigid hatte kein Mitleid mit ihm.
»Du kannst jetzt sowieso nichts mehr tun«, sagte sie. »Du hast getan, was du konntest.«
Den jungen William zu beschäftigen erwies sich als vergleichsweise einfach. Einmal schickte Brigid ihn zum Nachbargut zu Kelly hinüber. Ein anderes Mal schickte sie ihn auch nach Wexford, von wo er die neuesten Nachrichten mitbringen konnte. Während seiner Abwesenheit hatte sie Patrick für sich. Einige Tage lang genossen die beiden das große Haus und den Park wie ein frisch verliebtes Paar.
Am Ende der ersten Juniwoche kehrte William mit schlechten Nachrichten aus Wexford zurück.
Nach ihren mühelosen Anfangserfolgen waren die Rebellen leichtsinnig geworden. Bei New Ross, das von einer kleinen, aber gut ausgebildeten Garnison von Regierungstruppen gehalten wurde, hatten sie eine vernichtende Niederlage erlitten und zweitausend Mann verloren. Auf dem Rückzug übte eine Rebellenkompanie Selbstjustiz und trieb in einem Dorf namens Scullabogue zweihundert angeblich regierungstreue Protestanten in der Kirche zusammen und verbrannte sie bei lebendigem Leibe.
»Katholiken, die Protestanten verbrennen!«, hatte Patrick gequält gerufen. »Wie zu Cromwells Zeiten! Genau das wollten wir doch verhindern.«
Aus dem Norden trafen weitere Schreckensmeldungen ein. Lord Edward war im Gefängnis von Dublin gestorben. Als er dann auch noch hörte, dass der Aufstand in Rathconan verraten worden war und Conall des Hochverrats angeklagt werden sollte, vergrub er das Gesicht in den Händen.
»Ich bin daran schuld«, stöhnte er und sah Brigid unglücklich an. »Ich habe deinen Vater auf dem Gewissen.« Auch Brigid litt unter dieser Vorstellung, doch versuchte sie Patrick zu trösten. Conall habe aus eigener Überzeugung gehandelt.
Am folgenden Tag bekam Patrick Fieber. Brigid wunderte es nicht.
Verursacht wurde das Fieber in ihren Augen nicht zuletzt dadurch, dass er nichts unternehmen konnte. Sie wusste, dass Patrick sofort mit ihr nach Rathconan geritten wäre, doch kam das angesichts der Freisassen, die dort die Gegend unsicher machten, nicht in Frage. Auch die Katastrophe im Süden hatte er nicht verhindern können. Seine Hilflosigkeit und Enttäuschung deswegen mochten seinen Zustand noch verschlimmern. Am dritten Tag stieg das Fieber so hoch, dass Brigid sich schwere Sorgen machte. Der junge William half ihr nach Kräften. Einige Tage später erholte Patrick sich schließlich wieder etwas, wenngleich er noch geschwächt war. Brigid schickte William erneut nach Nachrichten aus und erfuhr, dass eine andere Abteilung der Rebellentruppen an der Küste nach Norden vorzustoßen versuchte. Ihr Anführer war Father Murphy, ein Priester, der trotz der Missbilligung der Kirche am Aufstand teilnahm.
Das Wetter blieb trocken. Ein Teil des Grases war, ungewöhnlich für die Jahreszeit, bereits verdorrt.
Brigid hielt Patrick dazu an, einige Zeit in der Sonne zu verbringen. Er erholte sich jetzt zusehends, und nach einer weiteren Woche war er fast wiederhergestellt. Doch trafen weiter schlechte Nachrichten ein. Father Murphy war gefallen, die Rebellenarmee an der
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