Die Rebellen von Irland
sollte, dann sicher in Gesellschaft der Männer von den United Irishmen. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, in was für einer Gefahr er womöglich schwebte.
Noch mehr Angst machte Georgiana ein Vorfall in ihrem Haus. Sie hatte Williams Brief weggeschlossen und eine Woche später wieder aus der Schublade des Pults herausgenommen, und zu ihrer Überraschung festgestellt, dass er verkehrt herum in der Schublade lag. Sie war sich ganz sicher, dass sie ihn mit der beschriebenen Seite nach oben hineingelegt hatte. Jetzt lag er umgekehrt drin. Und sie hatte die Schublade ganz bestimmt abgeschlossen. Jemand musste das Schloss geöffnet, den Brief gelesen und ihn wieder zurückgelegt haben. Doch wer? Was bedeutete das? Schwebte ihr Enkel in Gefahr?
Es war ein seltsames Gefühl, unsichtbar zu sein. Anfangs hatte William es aufregend gefunden, jetzt fühlte er sich nur noch einsam.
Robert Emmet wohnte unter falschem Namen in Rathfarnham, einige Meilen im Süden. Er hatte vorgeschlagen, William solle in sein Elternhaus einziehen. »Es steht leer«, hatte er erklärt, »und ich habe dort einige Geheimfächer und Falltüren eingebaut. Wenn jemand kommt, kannst du dich verstecken.« Genau das hatte William getan, als eines Tages ein fremder Mann in dem Haus herumgeschnüffelt hatte. Der Mann hatte ihn nicht entdeckt, aber umgekehrt hatte William leider auch das Gesicht des Eindringlings nicht sehen können.
Inzwischen hatte er sich einen Schnurrbart wachsen lassen und buschige Koteletten, auf die er besonders stolz war. Auf Roberts Rat hin nannte er sich William Casey. »Da dich niemand außerhalb unserer Gruppe in Paris kennt«, hatte Robert gesagt, »kannst du uns sehr nützlich sein.« Die Anführer der United Irishmen, darunter Hamilton, Russell, McCabe und Swiney, stammten aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Einige waren Grundbesitzer und Intellektuelle, andere Handwerker, doch sie alle einte ihr Idealismus. William war der jüngste der Männer, die sich gewöhnlich in Rathfarnham trafen. »Aber das Alter ist nicht entscheidend«, hatte Emmet lächelnd gesagt. Anne Devlin, das Mädchen, das ihm als Haushälterin diente, war erst sechzehn, doch die anderen schienen ihr seelenruhig ihr Leben anzuvertrauen. Sie erhielten Besuch aus ganz Irland. »Nehmt Dublin ein, und wir erheben uns«, versprachen die Männer aus Wicklow und Ulster. »Wir helfen euch, Dublin einzunehmen«, sagten die Männer aus Kildare.
Am meisten beeindruckten William allerdings die Besprechungen mit den lokalen Anführern. Hier war Emmet ganz in seinem Element. Er malte in glühenden Farben das Bild eines künftigen freien Irland, und seine Worte hatten eine außerordentliche Überzeugungskraft. »Napoleon will wissen, ob wir Iren bereit sind zu kämpfen«, sagte er etwa zu einem einfachen Handwerker. »Wir müssen uns seiner Hilfe als würdig erweisen. Bist du also bereit?« Er hatte damit unweigerlich Erfolg.
Im Mai 1803 wurde bekannt, dass Napoleon wieder offiziell gegen England Krieg führte. Dies setzte die Vorbereitungen unter Druck. Im Juni konnte nach Paris berichtet werden, man sei fast bereit für Bonaparte.
Eines Abends traf Emmet sich mit einigen Gesinnungsgenossen in Dublin und sprach mitreißend. Einer der Anwesenden, der sich besonders interessiert gezeigt hatte, betrachtete William aufmerksam und fragte ihn, ob er etwa auch aus Paris komme? William hatte genickt, und daraufhin hatte der Fremde gesagt: »Ich sehe, dass Sie ein Mann von Bildung und vornehmer Abstammung sind, Sir. Ich bin Finn O’Byrne und stehe zu Ihren Diensten.«
»Ich bin William Casey.«
Finn nickte. »Und darf ich fragen, ob Sie in der Stadt wohnen, Sir?«
»Außerhalb.«
»Ich bin der Hausmeister eines Hauses in der Stadt, Sir, und ich habe Zugang zu weiteren Häusern. Wenn Sie je eine Wohnung bräuchten oder einen Ort, um etwas zu lagern, kann ich das bewerkstelligen, ohne dass jemand davon erfährt. Würden Sie das Mr Emmet bitte ebenfalls ausrichten?«
William nickte und Finn O’Byrne gab ihm die Adresse, unter der er zu erreichen war. »Wie könnte ich Sie finden, Sir?«, fragte er.
»Über Mr Emmet«, erwiderte William unbekümmert, »und Mr Emmet erreichen Sie über die üblichen Kanäle.«
»Sie wissen jedenfalls, wo Sie mich finden, Sir, wenn ich je etwas für Sie tun kann«, wiederholte Finn.
Ein anständiger Bursche, dachte William.
Mit Emmet als Quartiermeister schritten die Vorbereitungen zügig voran. Es gab drei geheime
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