Die Rebellen von Irland
empörender Akt der Auflehnung gegen den Vater. Vielleicht konnte sein Sohn das jetzt unwissentlich nachholen.
***
Doch es sollte ein Jahr dauern, bis er aus dieser Quelle etwas wirklich Nützliches erfuhr.
Liebe Großmutter,
der von Lord Cornwallis ausgehandelte Friede hält noch immer, und wir empfangen hier in Paris mehr Besucher aus England und Irland denn je. Ich hoffe weiterhin, dass Sie mich eines Tages besuchen werden.
Robert Emmet ist nach Amsterdam zu seinem Bruder Tom und dessen Familie gereist. Sie überlegen, ob sie nach Amerika fahren. Robert, der brave Mann, war in Paris nie glücklich, obwohl er mit seiner großen Begabung für die Chemie und die Mathematik die Bekanntschaft einiger Leuchten der französischen Wissenschaft geschlossen hat. Immer gehen unsere besten Leute in die Neue Welt, da die Alte ihrer nicht würdig ist. Wird der Friede halten? Einige Iren hier wären froh, wenn er bald enden würde. Solange wir Krieg miteinander führten, unterstützte die französische Regierung die United Irishmen in Frankreich finanziell. Da jetzt Friede herrscht, wurden diese Zahlungen eingestellt. Einige der Besten von uns, die keine Einnahmen aus einem Gewerbe haben, haben kaum genug zu essen. Noch schlimmer ist, dass Bonaparte die Iren, darunter Robert, offenbar im Gegenzug für einige französische Flüchtlinge an die Engländer ausliefern will.
Mit jedem Monat wird deutlicher, dass Napoleon kein Held, sondern ein Tyrann ist. Selbst die Iren, die immer noch darauf hoffen, Irland befreien zu können – ich rechne auch meinen Freund Robert zu ihnen –, hätten als Herrn lieber König Georg III. als Bonaparte.
Ich verbleibe wie stets Ihr liebender Enkel,
William
Ich erfahre soeben, noch bevor ich den Brief versiegelte, dass Robert Emmet nach England aufgebrochen ist. Von dort gedenkt er nach Irland überzusetzen, doch kenne ich seine Pläne nicht. Reden Sie mit niemandem darüber.
***
Hercules ließ den Brief sinken und lächelte. Finn O’Byrnes monatliche Berichte hatten bisher kaum etwas ergeben, doch vielleicht konnte der Spitzel sich jetzt nützlich machen.
Zwei Tage später traf Finn O’Byrne bei ihm ein. Hercules hatte einen einfachen Auftrag für ihn.
»Spüren Sie Robert Emmet auf!«
* 1803 *
Im April bekam Finn es mit der Angst zu tun. Sein letztes Gespräch mit dem Earl war dramatisch verlaufen. »Wenn Sie mir nichts Besseres zu berichten haben«, hatte Hercules kalt gesagt, »schließe ich daraus, dass Sie zu den Verschwörern übergelaufen sind.« Finn war der Schweiß aus allen Poren gebrochen.
»Falls Emmet sich hier aufhält, dann hat er sich unsichtbar gemacht, Euer Lordschaft«, hatte er protestiert. »Er ist spurlos verschwunden.«
»Finden Sie ihn, oder tragen Sie die Folgen«, hatte Hercules Mountwalsh düster erwidert.
Das Vertrackte war, dass Mountwalsh Recht hatte: Emmet schien sich tatsächlich in Dublin aufzuhalten, verschiedene Leute hatten es hinter vorgehaltener Hand gesagt, nur wusste niemand, wo genau. Und Finn hatte noch andere Probleme. Seitdem er vor achtzehn Monaten angefangen hatte, die United Irishmen zu bespitzeln, hatte er mit unerwarteten Schwierigkeiten zu kämpfen. Als Ersten hatte er John MacGowan aufgesucht, der ihn seinerzeit zusammen mit Patrick Rathconan besucht hatte. Wenn ihn jemand wieder bei den United Irishmen einführen konnte, dann der Dubliner Kaufmann. Doch hatte er bei ihm nichts erreicht.
»Ich weiß nur, dass sich da nicht viel tut, solange keine Aussicht auf Erfolg besteht. Ulster, Wicklow und die anderen Gebiete wollen sich erst erheben, wenn Dublin mitmacht, und die Leute in Dublin wollen nichts ohne die Franzosen tun. Wer könnte es ihnen verdenken? Außerdem wurde die Befehlskette innerhalb der Organisation geändert. Mehr weiß ich allerdings nicht, da ich selbst nicht mehr dabei bin.«
Auch anderswo hatte Finn O’Byrne nicht mehr erfahren. Auf seinen Reisen in Wicklow und Kildare hörte er in Gesprächen manchmal einige kleine Neuigkeiten, doch meist konnte er dem unzufriedenen Earl nur berichten, dass die United Irishmen abwarteten. Sie hatten offenbar gelernt, wie wichtig Geheimhaltung war.
Deshalb war er zunächst geradezu dankbar gewesen, nach Emmet suchen zu können. Wenigstens hatte er jetzt eine konkrete Aufgabe.
Der alte Emmet war im Dezember gestorben. Ein Freund der Familie regelte den Nachlass, und das Haus im Süden der Stadt sollte verkauft werden. Der Rest der Familie kam vorübergehend in anderen
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