Die Rebellen von Irland
Mädchen, dem er dort den Hof machte. Er bat sie, mit ihm nach Amerika zu fliehen, und hätte sie zugestimmt, so wäre er ausgewandert und hätte in Frieden weitergelebt. So kam es anders. Einen Monat nach dem Aufstand wurde er aufgefunden und verhaftet.
Das sechzehnjährige Mädchen, das ihm den Haushalt geführt hatte, kam ebenfalls ins Gefängnis. Da sie nur die Tochter eines Bauern war, wurde sie verhört und leicht gefoltert. Sarah Curran als Tochter eines Gentlemans dagegen wurde mit dem größten Feingefühl behandelt und ausgesucht höflich befragt. Doch ihre Liebe zu Robert Emmet blieb nicht ohne Strafe. Ihr Vater, ein liberaler Anwalt, wollte sich als staatstreuer Bürger erweisen und verstieß sie für immer aus seinem Haus.
Der Aufstand forderte noch ein Opfer. Russell, der auf seine sofortige Durchführung gedrängt hatte und dem es nicht geglückt war, Ulster zu mobilisieren, kehrte nach Dublin zurück, um Emmet aus dem Gefängnis zu befreien. Er scheiterte, wurde erwischt und hingerichtet. Einige seiner Freunde glaubten, er habe den Märtyrertod gesucht.
Für Georgiana war das größte Opfer freilich die Wahrheit. Die Regierung erklärte schon bald in Rückgriff auf ein altes Vorurteil, der Aufstand sei ausschließlich von Katholiken angezettelt worden.
»Ich verstehe nicht, wie sie zu dieser Behauptung kommen«, sagte MacGowan zu Georgiana. »Robert Emmet ist Protestant und dasselbe gilt für sämtliche Anführer.« Sogar der konservativen römisch-katholischen Kirche wurde Beteiligung am Aufstand vorgeworfen, schließlich müssten die Verschwörer ihre Pläne ja den Priestern gebeichtet haben. Der Geist Hercules’ war in der protestantischen Führungsschicht immer noch sehr lebendig.
Hercules selbst dagegen war mausetot.
Erst nach einer Woche wurden die Nachbarn durch den Gestank auf seine Leiche aufmerksam. Sein Verschwinden war inzwischen stadtbekannt. Georgiana fuhr hin, um ihn zu identifizieren. Dass ein Rebell den verhassten Vertreter der protestantischen Oberschicht umgebracht hatte, überraschte niemanden, ein Geheimnis blieb dagegen, wie er auf das verlassene Grundstück gelangt war. Seine Diener wussten nur, dass er das Haus in großer Eile verlassen hatte. Und eine Patrouille, die am Abend des Aufstands das Lagerhaus entdeckte, berichtete, dort habe eine leere Droschke gewartet. Später war die Droschke verschwunden, und der Droschkenkutscher meldete sich nie. Die Zusammenhänge blieben rätselhaft, und Georgiana wollte auch gar keine Nachforschungen anstellen.
»Tatsache ist«, pflegte sie in späteren Jahren oft zu bemerken, »dass letzten Endes der junge Emmet die Oberhand behalten hat.«
Robert Emmet mochte im Leben Pech gehabt haben, doch die Geschichte hatte ihm einen Platz unter den Helden reserviert. Im September fand sein Prozess statt. Er lehnte es ab sich zu verteidigen und wurde schuldig gesprochen, doch behielt er das letzte Wort durch eine Ansprache, die in ganz Irland Gehör fand und sogar von seinen Anklägern bewundert wurde.
»Ich war damals dabei«, pflegte Georgiana andere zu erinnern. »Der Richter wollte ihn zweimal unterbrechen, aber er sprach zu Ende. Wie gut er sprach! Ich habe Grattan und viele andere große Redner gehört, aber er hätte sie alle übertroffen.«
Unter Verwendung des Materials, das er bereits in seinem Manifest verarbeitet hatte, und durchdrungen vom Pathos dieser letzten Stunde fasste er in seiner Ansprache den Aufstand noch einmal zusammen und verklärte ihn zu einer nationalen Legende. Er bitte nur um eines, sagte er: in Schweigen gehen zu dürfen; seine vornehmen Beweggründe bedürften keiner Erklärung.
Lasst meine Gefährten und mich ungenannt und in Frieden ruhen. Keine Inschrift ziere mein Grab, bis andere Zeiten und andere Menschen mir Gerechtigkeit widerfahren lassen. Erst wenn mein Land seinen Platz unter den Nationen der Erde einnimmt, dann erst setzt eine Inschrift auf mein Grab.
Diese Worte sollten in Irland unvergessen bleiben.
***
Im März des folgenden Jahres erhielt der in Philadelphia wohnende William Walsh zu seiner großen Überraschung einen Brief von seiner Großmutter. Sie teilte ihm darin erstens mit, dass bei keiner Untersuchung des Aufstands sein Name aufgetaucht sei und er daher beruhigt nach Hause zurückkehren könne. Zweitens sollte er dies schleunigst tun, da er bereits Earl von Mountwalsh sei.
DIE GROSSE HUNGERSNOT
* 1828 *
Keiner war wie ihr Vater. Wenn er sie mit seinen großen,
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